29. Synodalschreiben gegen Aëtius
Abschrift von dem Schreiben, das die ganze Synode an Georgius richtete in Betreff seines Diakons Aëtius wegen der verruchten Gotteslästerung desselben.
„Die heilige in Konstantinopel versammelte Synode entbietet dem hochwürdigsten Herrn, dem Bischof Georgius von Alexandrien, ihren Gruß.
Über Aëtius ist wegen seiner glaubensfeindlichen, mit Ärgernissen angefüllten Schriften von der Synode die Verurteilung ausgesprochen worden. Es ist dabei von seiten der Bischöfe gegen denselben nach Maßgabe der kirchlichen Satzungen vorgegangen worden. Er wurde des Diakonates entsetzt und aus der Kirche ausgeschlossen, und es erfolgten unsererseits Ermahungen, es möchten seine glaubensfeindlichen Briefe nicht zur Verlesung kommen, sondern wegen ihres unbrauchbaren und schädlichen Inhalts weggeworfen werden. Dem fügen wir bei, daß er, wenn er bei seiner Meinung verharrt, mitsamt seinen Anhängern in den Bann getan wird. Es wäre nun folgerichtig gewesen, wenn alle auf der Synode versammelten Bischöfe gemeinsam über den S. 160 Urheber der Ärgernisse, Wirren und Spaltungen wie der Unruhe auf der ganzen Erde und der gegenseitigen Befehdung der Kirchen ihren Abscheu ausgesprochen und dem gegen ihn gefällten Urteil zugestimmt hätten. Indessen gegen unseren Wunsch und gegen alle Erwartung haben Serras, Stephanus, Heliodorus, Theophilus und ihre Genossen unserer Meinung sich nicht angeschlossen und auch das über ihn ausgesprochene Urteil nicht mitunterschreiben wollen, obgleich Serras noch über eine andere wahnwitzige Überhebung des genannten Aëtius zu klagen hatte. Er erzählte nämlich, derselbe habe sich in keckem Übermut zu der bestimmten Behauptung verstiegen, das, was Gott von den Zeiten der Apostel an bis jetzt verborgen gehalten habe, sei ihm geoffenbart worden. Selbst nach solchen wahnsinnigen und großsprecherischen Äußerungen, welche Serras von Aëtius bezeugte, wurden die vorhin genannten Bischöfe nicht stutzig und konnten nicht dazu bewogen werden, unserem gemeinsamen Urteil über ihn zuzustimmen.
Gleichwohl haben wir geraume Zeit mit ihnen unterhandelt, bald zürnend, bald mahnend, bald tadelnd, bald auch wieder flehend, sie möchten sich uns anschließen und ein mit der ganzen Synode übereinstimmendes Urteil abgeben. Wir warteten und warteten, ob sie vielleicht hören, ob sie in sich gehen und nachgeben würden. Als wir aber nach längerem Warten sie nicht dazu bewegen konnten, dem Urteil über den genannten Mann (Aëtius) sich anzuschließen, da schätzten wir die kirchliche Satzung höher als menschliche Freundschaft und verhängten über sie die Ausschließung, gewährten ihnen aber eine Frist von vollen sechs Monaten zur Umkehr, Sinnesänderung und zum Verlangen nach Einheit und Eintracht mit der Synode. Wenn sie innerhalb der ihnen gewährten Frist sich bekehren und zum Einverständnis mit ihren Brüdern sich entschließen und den Dekreten gegen Aëtius beipflichten, so sollen sie nach unserem Urteil wieder in die Kirche aufgenommen werden können und auf den Synoden die ihnen zukommenden Rechte und die Freundschaft mit uns zurückerhalten. Wenn sie aber ohne Reue bei ihrer Verwegenheit S. 161 verharren und Menschengunst den Satzungen der Kirche und der Eintracht mit uns andauernd vorziehen, dann betrachten wir sie als der bischöflichen Würde verlustig gegangen. Sollten sie sich diese Absetzung zuziehen, dann wäre es notwendig, an ihre Stellen andere Bischöfe zu setzen, damit die rechtmäßige Kirche die ihr zukommende Ordnung erhalte durch die Übereinstimmung mit sich selbst, indem die Bischöfe aller Orte das Band der Liebe bewahren in demselben Bekenntnisse und in der Einheit der Gedanken und der Gesinnung1. Wir haben diesen Brief an deine Frömmigkeit gerichtet, damit du die Beschlüsse der Synode kennen lernest, und wünschen, daß du durch Beobachtung derselben mit Hilfe der Gnade Christi die dir unterstellten Kirchen friedlich und gesetzmäßig leiten und regieren mögest.“
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Vgl. 1 Kor. 1, 10. ↩