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Werke Gregor der Grosse (540-604) Regula pastoralis

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Buch der Pastoralregel (BKV)

XXXIX. Kapitel: Schwachen Seelen soll man ja keine erhabenen Dinge predigen

Der Prediger muß aber wissen, daß er an seine Zuhörer keine zu hohen Anforderungen stellen darf, damit nicht sozusagen durch die zu gewaltsame Spannung die Saiten der Seele springen. Die erhabenen Dinge muß man vor vielen Zuhörern übergehen und darf sie kaum vor wenigen erörtern. Darum spricht die Wahrheit selbst S. 262 mit eigenem Mund: „Wer ist wohl der treue und kluge Haushalter, den der Herr über sein Gesinde gesetzt hat, damit er ihnen zur rechten Zeit den angemessenen Unterhalt reiche?“1 Der angemessene Unterhalt bedeutet die Angemessenheit des Wortes; denn wenn man einem engen Herzen etwas Unfaßbares bieten will, wird es daneben verschüttet. Darum sagt Paulus: „Ich konnte nicht zu euch reden als zu Geistigen, sondern als zu Fleischlichen. Als Unmündigen in Christus gab ich euch Milch zu trinken, nicht feste Speise.“2 Darum verhüllt Moses, wenn er von einem geheimen Verkehr mit Gott zurückkehrt, vor dem Volk sein glänzendes Antlitz, weil er die Geheimnisse, die ihm im vertrauten Verkehr mit Gott aufgetan wurden, dem Volke nicht kundgeben will.3 Darum befiehlt er in göttlichem Auftrag, daß, wenn einer eine Zisterne gräbt und sie unbedeckt läßt, und es fällt ein Ochs oder ein Esel hinein, er dessen Wert ersetzen muß.4 Denn wer zu den tiefen Quellen der Wissenschaft gelangt ist und sie vor den unverständigen Gemütern seiner Zuhörer nicht verborgen halten will, der ist der Strafe schuldig, sei es nun daß ein reines oder ein unreines Gemüt an seinen Worten Ärgernis genommen hat. Darum wird zum hl. Job gesagt: „Wer hat dem Hahne Einsicht gegeben?“5 Denn wenn ein heiliger Prediger in dieser finstern Zeit seine Stimme erhebt, so ruft er wie der Hahn in der Nacht und spricht: „Es ist die Stunde, daß wir vom Schlafe erwachen sollen.“6 Und wiederum: „Werdet nüchtern, ihr Gerechten, und sündiget nicht!“7 Der Hahn pflegt in den tiefen Stunden der Nacht seinen lauten Ruf zu erheben; wenn aber der Morgen schon anbricht, so wird sein Ruf abgebrochen und schwach. So ruft der rechte Prediger den noch finstern Herzen leicht verständliche Dinge zu und sagt nichts von verborgenen Geheimnissen, um sie erst dann schwierigere S. 263 Dinge vom Himmelreich hören zu lassen, wenn sie sich bereits dem Lichte der Wahrheit nähern.


  1. Luk. 12, 42. ↩

  2. 1 Kor. 3, 1 f. ↩

  3. Exod. 34, 33. ↩

  4. Ebd. 21, 33 f. ↩

  5. Job 38, 36. ↩

  6. Röm. 13, 11. ↩

  7. 1 Kor. 15, 34. ↩

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Regulae pastoralis liber

Caput XXXIX.

Quod infirmis mentibus omnino non

debent alta praedicari.

Sciendum vero est praedicatori, ut auditoris sui animum ultra vires non trahat, ne, ut ita dicam, dum plus quam valet tenditur, mentis chorda rumpatur. Alta enim quaeque debent multis audientibus contegi, et vix paucis aperiri. Hinc namque per semetipsam Veritas dicit: Quis putas est fidelis dispensator et prudens, quem constituit dominus super familiam suam, ut det illis in tempore tritici mensuram (Matth. XXIV, 45; Luc. XII, 42)? Per mensuram quippe tritici exprimitur modus verbi, ne cum angusto cordi incapabile aliquid tribuitur, extra fundatur. Hinc Paulus ait: Non potui vobis loqui quasi spiritalibus, sed quasi carnalibus. Tanquam parvulis in Christo lac vobis potum dedi, non escam (I Cor. III, 1). Hinc Moyses a secreto Dei exiens, coruscantem coram populo faciem velat (Exod. XXXIV, 33), quia nimirum turbis claritatis intimae arcana non indicat. Hinc per eum divina voce praecipitur (Ibid. XXI, 33), ut is qui cisternam foderit, si operire neglexerit, corruente in ea bove vel asino, pretium reddat; quia ad alta scientiae fluenta perveniens, cum haec apud bruta audientium corda non contegit, poenae reus addicitur, si per verba ejus in scandalum, sive munda sive immunda mens capiatur. Hinc ad beatum Job dicitur? Quis dedit gallo intelligentiam (Job. XXXVIII, 36)? Praedicator etenim sanctus dum caliginoso hoc clamat in tempore, quasi gallus cantat in nocte, cum dicit: Hora est jam nos de somno surgere (Rom. XIII, 11). Et rursum: Evigilate justi, et nolite peccare (I Cor. XV, 34). Gallus autem profundioribus horis noctis altos edere cantus solet; cum vero matutinum jam tempus in proximo est, minutas ac tenues voces format, quia nimirum qui recte praedicat, obscuris adhuc cordibus aperta clamat, nil de occultis mysteriis indicat, ut tunc subtiliora quaeque de coelestibus audiant, cum luci veritatis appropinquant.

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