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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Confessiones Bekenntnisse
Zehntes Buch

23. Fortsetzung.

Es ist also doch nicht sicher, daß alle glückselig sein wollen, da die, welche nicht aus dir ihre Freude schöpfen wollen, was doch allein das glückselige Leben ausmacht, überhaupt das selige Leben nicht wollen. Oder wollten etwa doch alle in Gott ihre Freude finden? Aber weil „das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch, so daß sie nicht tun, was sie wollen“1, so verfallen sie auf das, was sie vermögen, und lassen es sich daran genügen, weil sie das, was sie nicht vermögen, nicht mit solcher Stärke wollen, daß sie es vermögen. Denn ich frage alle, ob sie sich lieber der Wahrheit oder des Irrtums erfreuen wollen; alle werden mir unbedenklich antworten, sie zogen die Freude an der Wahrheit vor, ebenso wie sie bestimmt erklären würden, sie wollten glückselig sein. „Glückseliges Leben ist ja Freude an der Wahrheit. Und Freude an der Wahrheit ist die Freude an dir, mein Gott, der du die Wahrheit bist, meine Erleuchtung, du Heil meines Angesichts, mein Gott“2. Dieses glückselige Leben wollen also alle, dieses Leben, welches allein das glückselige ist, wollen alle, alle wollen die Freude an der Wahrheit. Viele habe ich kennen gelernt, die täuschen wollten, keinen, der getäuscht werden wollte. Wo anders also haben S. 242 sie dieses glückselige Leben kennen gelernt als dort, wo sie auch die Wahrheit kennen gelernt haben? Diese nämlich lieben sie, weil sie nicht getäuscht sein wollen. Und da sie das glückselige Leben lieben, was nichts anderes ist als die Freude an der Wahrheit, so lieben sie allerdings auch die Wahrheit; sie würden sie aber nicht lieben, besäßen sie keine Kenntnis von ihr in ihrem Gedächtnisse. Warum also haben sie trotzdem keine Freude an ihr? Warum sind sie nicht glückselig? Weil sie mehr von anderem gefesselt sind, das imstande ist, sie elend zu machen, und nur schwach sich dessen erinnern, was sie glückselig machen könnte. Denn „nur kurze Zeit ist das Licht bei den Menschen“3; sie mögen eilen, sehr eilen, „damit die Finsternis nicht sie überfalle“4.

Warum aber „erzeugt die Wahrheit den Haß“?5 Warum ist dein Sohn, als er ihnen die Wahrheit predigte, ihnen verhaßt geworden, wenn sie doch das glückselige Leben lieben und dieses nichts anderes als Freude an der Wahrheit ist? Warum anders, als weil sie die Wahrheit so lieben, daß sie wünschen, alles andere, was sie lieben, soll auch Wahrheit sein; und weil sie nicht getäuscht werden wollen, wollen sie auch sich nicht überführen lassen, daß sie im Irrtume sind. Dann hassen sie also die Wahrheit um der Sache willen, die sie fälschlich als Wahrheit lieben. Sie lieben ihr Licht, hassen aber ihre Anklagen. Denn weil sie nicht getäuscht werden, wohl aber selbst täuschen wollen, lieben sie die Wahrheit, wenn sie sich selbst offenbart, hassen sie aber, wenn sie sie selbst bloßstellt. Daher wird sie ihnen vergelten, und da sie nicht von ihr enthüllt sein wollen, werden sie wider ihren Willen von ihr enthüllt, selbst aber enthüllt sie sich ihnen nicht. So, ja so will auch der menschliche Geist, der genau so blind und schlaff ist, in seiner Schmach und Unehrbarkeit verborgen bleiben, sträubt sich aber, daß ihm etwas verborgen bleibe. Aber das gerade Gegenteil ist der Fall: er bleibt nicht der Wahrheit, wohl aber diese ihm verborgen. Und S. 243 dennoch will er, so elend er ist, sich lieber an der Wahrheit als am Irrtume freuen. Glückselig wird er also nur dann sein, wenn er ohne Störung und Hindernis sich einzig der Wahrheit erfreuen wird, durch die alle Wahrheit ist.


  1. Gal. 5,17. ↩

  2. Ps. 26,1 und 41,2. ↩

  3. Joh. 12,35. ↩

  4. Joh. 12,35. ↩

  5. Ter. Andr. 68. ↩

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