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Adversus Praxean
CAP. 16.
[1] Nec putes sola opera mundi per filium facta sed et quae a deo exinde gesta sunt. pater enim qui diligit filium et omnia tradidit in sinu eius, utique a primordio diligit et a primordio tradidit. ex quo a primordio sermo erat apud deum et deus erat sermo, cui data est omnis potestas a patre in caelis et in terra, non iudicat pater quemquam sed omne iudicium tradidit filio, a primordio tamen :
[2] omnem enim dicens potestatem, et omne iudicium, et omnia per eum facta, et omnia tradita in manu eius, nullam exceptionem temporis permittit, quia omnia non erunt si non omnis temporis fuerint. filius itaque est qui ab initio iudicavit, turrem superbissimam elidens linguasque disperdens, orbem totum aquarum violentia puniens, pluens super Sodomam et Gomorram ignem et sulphurem dominus a domino.
[3] ipse enim et ad humana semper colloquia descendit, ab Adam usque ad patriarchas et prophetas, in visione in somnio in speculo in aenigmate ordinem suum praestruens ab initio semper quem erat persecuturus in finem. ita semper ediscebat et deus in terris cum hominibus conversari, non alius quam sermo qui caro erat futurus. ediscebat autem ut nobis fidem sterneret, ut facilius crederemus filium dei descendisse in saeculum
[4] propter nos enim sicut scripta sunt ita et gesta sunt in quos aevorum fines decucurrerunt. sic etiam adfectus humanos sciebat iam tunc, suscepturus etiam ipsas substantias hominis carnem et animam, interrogans Adam quasi nesciens, Ubi es, Adam? paenitens quod hominem fecisset quasi non praesciens, temptans Abraham quasi ignorans quid sit in homine, offensus reconciliatus eisdem, et si qua haeretici adprehendunt quasi deo indigna ad destructionem creatoris, ignorantes haec in filium competisse qui etiam passiones humanas et sitim et esuriem et lacrimas et ipsam nativitatem ipsamque mortem erat subiturus, propter hoc minoratus a patre modicum citra angelos.
[5] sed haeretici quidem nec filio dei deputabunt convenire quae tu ipsi patri inducis quasi ipse se deminoraverit propter nos, cum scriptura alium dicat ab alio minoratum, non ipsum a semetipso. quid si et alius qui coronabatur gloriam et honorem, alius qui coronabat, utique filium pater?
[6] ceterum quale est ut deus omnipotens ille invisibilis quem nemo vidit hominum nec videre potest, ille qui inaccessibilem lucem habitat, ille qui non habitat in manu factis, a cuius conspectu terra contremiscit montes liquescunt ut cera, qui totum orbem manu adprehendit velut nidum, cui caelum thronus et terra scabellum, in quo omnis locus, non ipse in loco, qui universitatis extrema linea est, ille altissimus, in paradiso ad vesperam deambulaverit quaerens Adam, et arcam post introitum Noe clauserit, et apud Abraham sub quercu refrigeraverit, et Moysen de rubo ardenti vocarit, et in fornace Babylonii regis quartus apparuerit - quanquam filius hominis est dictus? +et in imagine et speculo et aenigmate+ scilicet et haec nec de filio dei credenda fuissent si scripta non essent, fortasse non credenda de patre licet scripta, quem isti in vulvam Mariae deducunt et in Pilati tribunal imponunt et in monumento Ioseph reconcludunt.
[7] hinc igitur apparet error illorum. ignorantes enim a primordio omnem ordinem divinae dispositionis per filium decucurrisse, ipsum credunt patrem et visum et congressum et operatum, et sitim et esuriem passum, adversus prophetam dicentem, Deus aeternus non sitiet nec esuriet omnino - quanto magis nec morietur nec sepelietur - et ita unum deum semper egisse, id est patrem, quae per filium gesta sunt.
Übersetzung
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Gegen Praxeas. (BKV)
16. Cap. Der Sohn ist es, der schon im alten Testamente alle Heilsratschlüsse Gottes verwirklichte.
Glaube aber nicht, es seien bloss die Dinge der Welt durch den Sohn gemacht worden, nein, auch alles, was von seiten Gottes seitdem geschah. Der Vater nämlich, welcher den Sohn sieht und alles in dessen Hand gegeben hat, hat ihn natürlich von Anfang an geliebt und es ihm von Anfang an verliehen. Daher heisst es: „Von Anfang an war das Wort bei Gott und das Wort war Gott,1 dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden.”2 „Der Vater richtet niemanden, sondern hat alles Gericht dem Sohne übergeben,”3 jedoch von Anfang an. Wenn es heisst, alle Gewalt, alles Gericht, er hat alles gemacht und alles ist in seine Hand gegeben, so lässt das keine Ausnahme in bezug auf die S. 533 Zeit zu, weil es nicht alles wäre, wenn es nicht das aus allen Zeiten sein würde. Der Sohn ist es also, der von Anbeginn an gerichtet hat, der den stolzen Turm zu Boden warf, die Sprachen verwirrte, den ganzen Erdkreis durch die gewaltige Wasserflut strafte, über Sodoma und Gomorrha Feuer und Schwefel regnen liess, der Herr vom Herrn her. Denn er war es immer, der zu den Gesprächen mit den Menschen herabstieg, von Adams Zeit an bis auf die Patriarchen und Propheten, in Erscheinungen, in Träumen, im Spiegel und in Rätseln, indem er von Anbeginn an die Ordnung anbahnte, die er bis zu Ende zu beobachten gesonnen war. So übte sich Gott darin, mit den Menschen auf Erden umzugehen, kein anderer als das Wort, welches Fleisch werden sollte. Er übte sich aber darin, um unserm Glauben vorzuarbeiten, damit wir um so eher glauben möchten, der Sohn Gottes sei in diese Zeitlichkeit herabgestiegen, wenn wir auch in der Vergangenheit schon dem entsprechende Ereignisse wahrnähmen. Um unsertwillen nämlich, die wir bei den letzten Zeiten angelangt sind, geschahen die Aufzeichnungen sowohl als die Ereignisse. So waren ihm auch damals schon menschliche Zustände nicht fremd, da er ja einst sogar die Bestandteile des Menschen, Leib und Seele, annehmen sollte. Er war der, welcher Adam, als wüsste er es nicht, fragte: „Adam, wo bist Du?”4 Er bereute es, den Menschen geschaffen zu haben, als hätte er keine Voraussicht gehabt; er versuchte Abraham, als wüsste er nicht, was im Menschen vorgeht; er wurde beleidigt und verhöhnt, und was die Häretiker sonst noch alles für Dinge aufgreifen zur Beseitigung des Schöpfers, als seien sie Gottes unwürdig, wobei sie nicht bemerken, dass dergleichen Dinge auf den Sohn passen, der sich ja auch dem menschlichen Elende, Hunger, Durst, Thränen, der Geburt und dem Tode selbst hat unterziehen wollen, darum vom Vater ein wenig unter die Engel erniedrigt.
Gewisse Häretiker5 aber werden es noch nicht einmal vom Sohne gelten lassen, was Du hier dem Vater selbst beilegst, nämlich dass er sich um unsertwillen erniedrigt habe, während die Schrift doch sagt, er sei als der eine durch einen andern erniedrigt worden, nicht er durch sich selbst. Wie? wenn auch der, welcher mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt wird, ein anderer ist, als der, welcher krönt, nämlich der Vater den Sohn? Was soll es aber heissen, der allmächtige, unsichtbare Gott, den kein Mensch je gesehen hat, noch sehen kann, der ein unzugängliches Licht bewohnt, der nicht in Wohnungen, von Menschenhänden gemacht, wohnt, vor dessen Anblick die Erde zittert und die Berge schmelzen wie Wachs, der den ganzen Erdkreis mit seiner Hand hält, wie ein Nest, dessen Thron der Himmel und dessen Schemel die Erde ist, an dem alles Raum und der selber nicht im Raume ist, der des Weltall äusserste Linie bildet, — S. 534 dieser, der Allerhöchste, lustwandele abends im Paradiese, suche Adam, schliess die Arche nach dem Eintritt Noas, erquicke Abraham unter der Eiche, rede Moses aus dem brennenden Dornbusch an, erscheine im Feuerofen des Königs von Babylon als der vierte — wenn das nicht alles, wiewohl er der Menschensohn genannt wird, im Bilde, Rätsel und Spiegel geschah?
Natürlich dürfte man auch dergleichen Dinge nicht in betreff des Sohnes glauben, wenn sie nicht in der Schrift ständen, in betreff des Vaters aber dürfte man sie vielleicht auch dann nicht glauben, wenn sie darin ständen. Und doch lassen sie ihn in den Mutterschooss Mariens herabsteigen, stellen ihn vor das Tribunal des Pilatus und schliessen ihn in das Grabmal des Joseph ein. Dadurch kommt ihr Irrtum an den Tag. Sie wissen nicht, dass sich der ganze Verlauf des göttlichen Heilsratschlusses von Anbeginn an durch den Sohn vollzog; sie glauben, dass der Vater selbst erschienen und in Verkehr getreten sei, dass er gewirkt, Hunger und Durst gelitten habe — letzteres in Widerspruch mit dem Propheten, der da sagt: „den ewigen Gott wird nicht hungern und dürsten”, um wie viel weniger also wird er sterben und begraben werden — und so habe folglich stets der eine Gott, d. h. der Vater alles gethan, was durch den Sohn geschah.