12. Kapitel
17. Wenn wir es ferner leid sind, dauernd die üblichen, für Kinder angemessenen Themen zu wiederholen, neigen wir S. 43 uns doch in brüderlicher, väterlicher und mütterlicher Liebe zu ihnen hinunter und knüpfen wir die Verbindung zu ihrem Herzen, und auch uns wird alles wieder neu erscheinen! Wieviel vermag doch das Mitfühlen des Herzens! Wenn die Zuhörer dieses Gefühl uns gegenüber empfinden, die wir sprechen, wir aber ihnen gegenüber, die lernen, dann sind wir gleichsam gegenseitig Mitbewohner, und was jene hören, das sprechen sie gleichsam in uns, und wir lernen gewissermaßen in ihnen, was wir lehren.
Machen wir nicht immer wieder folgende Erfahrung: Da gingen wir wiederholt für uns allein an eindrücklichen und reizvollen Sehenswürdigkeiten in der Stadt oder auf dem Land vorbei, ohne daß sie uns auch nur in geringster Weise beeindruckten, weil wir sie schon zu oft gesehen hatten; nun aber, da wir sie anderen Leuten zeigen, die sie noch nie gesehen hatten, lebt unsere Begeisterung neu auf durch die Begeisterung, die das erstmalige Sehen in ihnen weckt? Das erfahren wir um so stärker, je enger sie mit uns befreundet sind: Im selben Maß, wie wir mit ihnen durch das Band der Liebe eins sind, wird auch für uns neu, was uns sattsam bekannt war.
Wenn aber unsere Erkenntnis durch das Betrachten der Dinge weiter fortgeschritten ist, dann sind wir nicht mehr damit zufrieden, wenn die, die wir lieben, beim Anblick von Werken aus Menschenhand in Freude und Verzückung geraten;1 wir möchten sie vielmehr zum kunstvollen und wohldurchdachten Werk des Schöpfers hinführen und sie von da zur Bewunderung und zum Lobpreis des alles erschaffenden Gottes emporsteigen lassen, in dem das heilbringende Endziel der Liebe ist.
Um wieviel größer muß also unsere Freude sein, wenn Menschen zu uns gelangen, um Gott selber kennenzulernen; ihn kennenzulernen ist ja der Zweck all unseres Lernens! Um wieviel mehr muß sich da unser Eifer erneuern durch die S. 44 Frische ihres Eifers, so daß unsere Verkündigung, wenn sie durch die Gewohnheit lauer geworden ist, neues Feuer bekommt durch ihr Zuhören, das noch keine Gewöhnung kennt !
Wenn wir uns noch eindringlich bewußt machen, aus welchem tödlichen Irrtum der Mensch in das Leben des Glaubens hinüberschreitet, trägt dies zusätzlich dazu bei, uns diese Freude zu verschaffen. Wenn wir dabei sind, jemandem den Weg zu zeigen, der sich verirrt hat und in Not ist, durchschreiten wir längst vertraute Quartiere in der freudigen Stimmung, die sich durch die Hilfsbereitschaft einstellt: Mit wieviel mehr Eifer und Begeisterung müssen wir da bei der Darstellung der Heilslehre2 alle jene Fragen behandeln, die wir für uns selber nicht aufzugreifen brauchten, wenn wir eine bedauernswerte Seele, die von den Irrwegen dieser Welt ermüdet ist, durch die Pfade des Friedens geleiten, im Auftrag dessen, der uns diesen Frieden schenkte!