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De civitate Dei (CCSL)
Caput VII: De euersione Ilii, quod dux Marii Fimbria excidit.
Certe enim ciuilibus iam bellis scatentibus quid miserum commiserat Ilium, ut a Fimbria, Marianarum partium homine pessimo, euerteretur, multo ferocius atque crudelius quam olim a Graecis? nam tunc et multi inde fugerunt et multi captiuati saltem in seruitute uixerunt; porro autem Fimbria prius edictum proposuit, ne cui parceretur, atque urbem totam cunctosque in ea homines incendio concremauit. hoc meruit Ilium non a Graecis quos sua inritauerat iniquitate, sed a Romanis quos sua calamitate propagauerat, dis illis communibus ad haec repellenda nihil iuuantibus seu, quod uerum est, nihil ualentibus. numquid et tunc abscessere omnes adytis arisque relictis di, quibus illud oppidum steterat post antiquos Graecorum ignes ruinasque reparatum? si autem abscesserant, causam requiro, et oppidanorum quidem quanto inuenio meliorem, tanto deteriorem deorum. illi enim contra Fimbriam portas clauserant, ut Sullae seruarent integram ciuitatem; hinc eos iratus incendit uel potius penitus extinxit. adhuc autem meliorum partium ciuilium Sulla dux fuit, adhuc armis rempublicam recuperare moliebatur; horum bonorum initiorum nondum malos euentus habuit. quid ergo melius ciues urbis illius facere potuerunt, quid honestius, quid fidelius, quid Romana parentela dignius quam meliori causae Romanorum ciuitatem seruare et contra parricidam Romanae reipublicae portas claudere? at hoc eis in quantum exitium uerterit, adtendant defensores deorum. deseruerint di adulteros Iliumque flammis Graecorum reliquerint, ut ex eius cineribus Roma castior nasceretur: cur et postea deseruerunt eandem ciuitatem Romanis cognatam, non rebellantem aduersus Romam nobilem filiam, sed iustioribus eius partibus fidem constantissimam piissimamque seruantem, eam que delendam reliquerunt non Graecorum uiris fortibus, sed uiro spurcissimo Romanorum? aut si displicebat dis causa partium Sullanarum, cui seruantes urbem miseri clauserant: cur eidem Sullae tanta bona promittebant et praenuntiabant? an et hic agnoscuntur adulatores felicium potius quam infelicium defensores? non ergo Ilium etiam tunc, ab eis cum desereretur, euersum est. nam daemones ad decipiendum semper uigilantissimi, quod potuerunt, fecerunt. euersis quippe et incensis omnibus cum oppido simulacris solum Mineruae sub tanta ruina templi illius, ut scribit Liuius, integrum stetisse perhibetur, non ut diceretur di patrii, quorum semper sub numine Troia est, ad eorum laudem, sed ne diceretur: excessere omnes adytis arisque relictis di, ad eorum defensionem. illud enim posse permissi sunt, non unde probarentur potentes, sed unde praesentes conuincerentur.
Übersetzung
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
7. Die Zerstörung Ilions durch Fimbria, dem Feldherrn des Marius.
Denn was hat doch nachmals, schon während der Wirren des Bürgerkrieges, Ilion Schreckliches begangen, daß es von Fimbria, dem verworfensten Mitglied der Partei des Marius, mit viel größerer Roheit und Grausamkeit als ehedem von den Griechen zerstört wurde? Hatten sich dazumal viele geflüchtet und andere, wenn auch in Sklaverei geraten, doch ihr Leben gerettet, so gab Fimbria vorher die Weisung, niemand zu verschonen, und ließ die ganze Stadt mit all ihren Einwohnern verbrennen. Das mußte Ilion erleiden nicht von den Griechen, die es doch durch seinen Frevel gereizt hatte, sondern von Römern, die seinem Unglück ihr Dasein verdankten, und dabei haben den Iliern die gemeinsamen Götter keinerlei Hilfe zur Abwehr solchen Unheils angedeihen lassen oder, um die Wahrheit zu sagen, sie haben ihnen nicht helfen können. Sind etwa auch damals "von den Tempeln und Altären alle Götter gewichen“, auf deren Schutz die Stadt baute, die nach der früheren Einäscherung durch die Griechen aus den Trümmern wiedererstanden war? Waren sie aber entwichen, so frage ich, mit welchem Rechte, und es zeigt sich die Sache der Götter in umso schlimmerem Licht, Band 1, S. 138als sich die der Einwohnerschaft ganz günstig darstellt. Die Ilier hatten nämlich dem Fimbria die Tore verschlossen, um die Stadt mit all ihren Mitteln dem Sulla zu erhalten; das war der Grund, weshalb Fimbria in seinem Zorne die Stadt anzündete oder vielmehr gänzlich zum Erlöschen brachte. Noch war aber Sulla das Haupt der besseren Partei, noch suchte er mit Waffengewalt die Verfassung wiederherzustellen; noch lag das schlimme Ende nach guten Anfängen ferne. Was hätten also die Bürger jener Stadt besseres tun können, womit hätten sie den Forderungen der Ehre und Treue mehr genügen können, als dadurch, daß sie ihre Stadt der besseren Sache der Römer erhielten und dem Hochverräter des römischen Staates ihre Tore verschlossen? Wie furchtbar ihnen jedoch dies zum Verderben ausschlug, das sollten sich die Verteidiger der Götter wohl merken. Angenommen also, die Götter hätten seinerzeit die ehebrecherischen Trojaner im Stich gelassen und das alte Ilion dem Feuerbrand der Griechen preisgegeben, damit aus der Asche eine keuschere Roma erstehe, warum haben sie dieselbe, den Römern stammverwandte Stadt nachmals wieder im Stich gelassen, die sich nicht etwa gegen ihre erlauchte Tochterstadt Rom auflehnte, sondern der gerechteren Partei ausdauernste und hingebendste Treue wahrte? Warum haben sie sie nicht wenigstens tapferen Männern aus dem Griechenvolke, sondern dem ruchlosesten unter den Römern zur Zerstörung überantwortet? Oder wenn den Göttern die Sache Sullas mißfiel, für die diese Unseligen die Stadt durch Schließung der Tore erhalten wollten, warum verhießen und verkündeten sie dann dem Sulla soviel Gutes? Entpuppen sie sich vielleicht auch hierin als Schmeichler der Glücklichen, nicht als Schutzer der Unglücklichen? Also ist auch das erstemal Ilion nicht deshalb zerstört worden, weil es von den Göttern im Stich gelassen worden war. Denn die Dämonen, stets wachsam auf alle Gelegenheiten zum Trug, haben getan, was sie vermochten. Während nämlich alle Götterbildnisse mitsamt der Stadt zerstört und verbrannt wurden, soll nach dem Bericht des Livius allein das Bild der Minerva unter den Trümmern ihres Tempels unversehrt geblieben sein, Band 1, S. 139nicht mit dem Erfolg, daß man zum Ruhme der Götter sagen könnte:
„Himmlische Götter, die ihr von jeher Troja beSchutzet“1,
sondern zu dem Zweck, daß man nicht zu ihrer Entschuldigung vorbringen könne:
„Sämtliche Götter entwichen von Tempeln und Opferaltären“.
Soviel zu vermögen ward ihnen nämlich gestattet, nicht als Beweis ihrer Macht, sondern als Beweis ihrer Anwesenheit.
-
Verg. Aen. 9, 247. ↩