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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Contra Faustum Manichaeum

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Gegen Faustus

9.

Wenn ihr euch aber schon bei diesen herausragenden und allbekannten Gestirnen derart irrt, dass ihr in ihnen nicht verehrt, was sie wirklich sind, sondern was ihr euch in eurem vollkommenen Unverstand ausmalt, was soll ich da erst zu euren andern Fabeldichtungen sagen? Wer hält denn da als Halter der Lichter die Welt in der Schwebe, und wer stützt sie als Atlas mit jenem zusammen? Diese Gestalten und eine Unmenge anderer, von denen ihr ähnliche Albernheiten erzählt, existieren überhaupt nicht und ihr verehrt sie! Deshalb stufen wir euch tiefer ein als die Heiden (539,3), denen ihr nur darin ähnlich seid, dass ihr beide eine Vielzahl von Göttern verehrt, unähnlich aber darin, und zwar zum Schlechteren hin, dass jene als Gottheit verehren, was immerhin existiert, aber nicht Gott ist, ihr dagegen, was weder Gott noch irgendetwas etwas ist, weil es überhaupt nicht existiert. Zwar haben auch die Heiden Dichtungen mythischen Inhalts, doch sind sie sich bewusst, dass es sich dabei um Mythen handelt, und sie behaupten entweder, dass diese von den Dichtern zu Unterhaltungszwecken erfunden wurden, oder versuchen, sie auf Naturgegebenheiten oder menschliche Charaktereigenschaften hin zu interpretieren. So erklären sie etwa das Hinken des Vulcanus damit, dass dies die Art ist, wie das irdische Feuer sich fortbewegt, die Blindheit der Zufallsgöttin Fortuna damit, dass das, was als zufällig bezeichnet wird, unvorhersehbar eintritt; die drei Schicksalsgöttinnen mit Spinnrocken, Spindel und den Fingern, die den Faden aus der Wolle drehen, erklären sie als Metapher für die drei Zeiten: die Vergangenheit, die schon gewoben und aufgewickelt auf der Spindel liegt, die Gegenwart, die durch die Finger der Spinnerin läuft, die Zukunft, die – in Gestalt der Wolle, welche auf den Rocken gewickelt ist – noch durch die Finger der Spinnerin zur Spindel laufen muss, gleichsam durch die Gegenwart in die Vergangenheit; dass Venus die Ehefrau des Vulcanus ist, erklären sie damit, dass Gluthitze natürlicherweise Liebeslust provoziert, dass sie mit Mars Ehebruch treibt, damit, dass Liebeslust mit Kriegsheldentum schlecht vereinbar ist; und wenn Cupido als herumflatternder und Pfeile aussendender Knabe erscheint, zeige dies, dass unvernünftige und flatterhafte Liebe das Herz der Liebeskranken verwunde. Und so gäbe es eine ganze Reihe weiterer ähnlicher Beispiele. Dies aber finden wir an den Heiden besonders lächerlich, dass sie mythologische Wesen in dieser Art interpretieren und ihnen dann noch göttliche Verehrung erweisen; denn wenn sie diese nicht verstehen würden, wäre die göttliche Verehrung zwar immer noch zu verurteilen, aber doch eher zu entschuldigen. Denn eben diese Interpretationen verraten deutlich, dass sie nicht jenen Gott verehren, der allein das Herz glückselig macht, wenn es an ihm teilhat (cf. 539,19), sondern die von ihm eingerichtete Schöpfung, und nicht einmal nur die positiven Erscheinungen dieser Schöpfung, wie etwa die Minerva – deren Mythos, dass sie aus dem Haupt Jupiters geboren sei, interpretieren sie im Sinne des klugen Ratgebens, was ein Charakteristikum des Verstandes ist, dem auch Platon einen Sitz im Haupt zugewiesen hat (……)–, sondern auch deren Mängel, wie wir es etwa am Beispiel des Cupido gezeigt haben (545,3). In diesem Sinn sagt auch einer ihrer Tragiker (Sen.Hipp. 194 f.): Dass Amor ein Gott sei hat die schändliche und dem Laster frönende Lust erfunden. Die Römer widmeten ja sogar körperlichen Mängeln Götterstatuetten, etwa der Blässe oder dem Fieber. Doch will ich hier nicht davon sprechen, wie sehr jene Götzenbildverehrer sogar von Nachbildungen körperlicher Dinge angetan sind, sodass sie diese wie Götter fürchten, wenn sie sehen, wie diese Gebilde, an hervorragender Stelle weithin sichtbar aufgestellt, soviel Verehrung erfahren; mit mehr Recht verdienen es jene Mythendeutungen angeklagt zu werden, mit deren Hilfe diese stummen, tauben, blinden und leblosen Gegenstände verteidigt werden (cf. 545,5 ff.). Und doch sind auch diese Götzenbilder in irgendeiner Weise existent, obwohl sie, wie ich schon sagte (539,5) für das Heil oder irgend einen andern Nutzen nichts taugen und das, was aus ihnen herausgedeutet wird, ist wirklich in den realen Dingen enthalten. Ihr dagegen führt da euren Ersten Menschen vor, der mithilfe seiner fünf Elemente in den Krieg zieht, und den Mächtigen Geist, der aus den gefangenen Leibern des Volks der Finsternis, – genauer gesagt aus den besiegten und unterjochten Teilen eures Gottes – den Kosmos erbaut, und den Halter der Lichter, der die verbleibenden Teile eures Gottes in der Hand hält und Klage führt über alle andern, die gefangen, überwältigt und verunreinigt wurden, und den gewaltigen Atlas, der als sein Gehilfe den Kosmos auf den Schultern trägt, damit jener nicht erschöpft das Ganze abwirft, und so euer Drama nicht mehr wie auf der Theaterbühne zum grossen Finale, das jener Klumpen der Endzeit darstellt, gelangen kann. Diese und zahllose andere, ähnlich törichte und unsinnige Szenarien führt ihr uns vor, ohne sie im Bild oder in der Skulptur darzustellen, auch ohne nach ihrem Sinn zu fragen; und obwohl all diese Mythen kein Fundament in der Wirklichkeit haben, glaubt ihr an sie, verehrt sie und verspottet obendrein die Christen als Blindgläubige, die ihr gottesfürchtiges Herz in ungeheucheltem Glauben (cf. I Tim. 1,5; II Tim. 1,5) reinhalten. Ich will hier aber nicht Argumente anhäufen, um zu zeigen, dass dies alles gar nicht existiert, – detaillierter und tiefgründiger über die Schaffung der Welt zu handeln wäre zwar für mich nicht schwierig, es würde aber gewiss zu weit führen –, sondern sage nur dies: Wenn diese Mythen wahr sind, dann ist die Substanz Gottes der Veränderung, der Verderbnis, der Beschmutzung unterworfen. Dies aber zu glauben ist der Gipfel gotteslästerlichen Wahns. Also sind sie samt und sonders Phantastereien, Lügen, ein Nichts! Und deshalb ist es keine Frage, dass ihr tiefer einzustufen seid als diese Heiden (539,3; 544,12), die allerorten bekannt sind, und es von alters her waren, und die sich heute schon schämen über die kärglichen Reste, die von ihnen übriggeblieben sind; denn sie verehren etwas, was nicht Gott ist, ihr aber etwas, was überhaupt nicht existiert.

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Reply to Faustus the Manichaean

9.

But besides your errors regarding these conspicuous and familiar luminaries, which you worship not for what they are, but for what your wild fancy makes them to be, your other absurdities are still worse than this. Your illustrious World-bearer, and Atlas who helps to hold him up, are unreal beings. Like innumerable other creatures of your fancy, they have no existence, and yet you worship them. For this reason we say that you are worse than Pagans, while you resemble them in worshipping many gods. You are worse, because, while they worship things which exist though they are not gods, you worship things which are neither gods nor anything else, for they have no existence. The Pagans, too, have fables, but they know them to be fables; and either look upon them as amusing poetical fancies, or try to explain them as representing the nature of things, or the life of man. Thus they say that Vulcan is lame, because flame in common fire has an irregular motion: that Fortune is blind, because of the uncertainty of what are called fortuitous occurrences: that there are three Fates, with distaff, and spindle, and fingers spinning wool into thread, because there are three times,--the past, already spun and wound on the spindle; the present, which is passing through the fingers of the spinner; and the future, still in wool bound to the distaff, and soon to pass through the fingers to the spindle, that is, through the present into the future: and that Venus is the wife of Vulcan, because pleasure has a natural connection with heat; and that she is the mistress of Mars, because pleasure is not properly the companion of warriors: and that Cupid is a boy with wings and a bow, from the wounds inflicted by thoughtless, inconstant passion in the hearts of unhappy beings: and so with many other fables. The great absurdity is in their continuing to worship these beings, after giving such explanations; for the worship without the explanations, though criminal, would be a less heinous crime. The very explanations prove that they do not worship that God, the enjoyment of whom can alone give happiness, but things which He has created. And even in the creature they worship not only the virtues, as in Minerva, who sprang from the head of Jupiter, and who represents prudence,--a quality of reason which, according to Plato, has its seat in the head,--but their vices, too, as in Cupid. Thus one of their dramatic poets says, "Sinful passion, in favor of vice, made Love a god." 1 Even bodily evils had temples in Rome, as in the case of pallor and fever. Not to dwell on the sin of the worshippers of these idols, who are in a way affected by the bodily forms, so that they pay homage to them as deities, when they see them set up in some lofty place, and treated with great honor and reverence, there is greater sin in the very explanations which are intended as apologies for these dumb, and deaf, and blind, and lifeless objects. Still, though, as I have said, these things are nothing in the way of salvation or of usefulness, both they and the things they are said to represent are real existences. But your First Man, warring with the five elements; and your Mighty Spirit, who constructs the world from the captive bodies of the race of darkness, or rather from the members of your god in subjection and bondage; and your World-holder, who has in his hand the remains of these members, and who bewails the capture and bondage and pollution of the rest; and your giant Atlas, who keeps up the World-holder on his shoulders, lest he should from weariness throw away his burden, and so prevent the completion of the final imitation of the mass of darkness, which is to be the last scene in your drama;--these and countless other absurdities are not represented in painting or sculpture, or in any explanation; and yet you believe and worship things which have no existence, while you taunt the Christians with being credulous for believing in realities with a faith which pacifies the mind under its influence. The objects of your worship can be shown to have no existence by many proofs, which I do not bring forward here, because, though I could without difficulty discourse philosophically on the construction of the world, it would take too long to do so here. One proof suffices. If these things are real, God must be subject to change, and corruption, and contamination; a supposition as blasphemous as it is irrational. All these things, therefore, are vain, and false, and unreal. Thus you are much worse than those Pagans, with whom all are familiar, and who still preserve traces of their old customs, of which they themselves are ashamed; for while they worship things which are not gods, you worship things which do not exist.


  1. Sen. Hipp. vv. 194, 195. ↩

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