• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Augustinus von Hippo (354-430) Contra Faustum Manichaeum

Übersetzung ausblenden
Gegen Faustus

10.

Wenn ihr nun also glaubt, im Besitz der Wahrheit zu sein, weil sich ja eure Lehre von der Irrlehre der Heiden stark unterscheide, dass wir uns dagegen im Irrtum befänden, weil wir nun einmal weiter von euch entfernt seien als von den Heiden, dann könnte man mit gleichem Recht behaupten, der Tote sei gesund, da er ja nicht mehr krank sei, und dem Gesunden seine Gesundheit zum Vorwurf machen, weil er dem Kranken näher sei als dem Toten. Oder aber – falls man den Grossteil der Heiden nicht zu den Kranken, sondern zu den Toten rechnen wollte – man könnte die gestaltlose Asche im Grab rühmen, weil sie schon nicht mehr die Gestalt des Leichnams besitze, die lebendigen Glieder des Körpers dagegen tadeln, weil sie dem Leichnam ähnlicher seien als der Asche. Solchen Tadel nämlich, glauben diese Menschen, hätten wir verdient, da sie ja behaupten, wir seien dem Leichnam der Heiden ähnlicher als der Asche der Manichäer. Dabei ist es doch geläufig, dass man Gattungsbegriffe jeglicher Art nach verschiedenen Kriterien bald so bald so aufteilt, um sie zu gliedern, sodass sich ein Glied, das in der einen Gruppe war, nach einem andern Kriterium sich in einer andern Gruppe wieder findet, wo es vorher nicht hingehörte. Wenn man zum Beispiel sämtliche fleischlichen Lebewesen in flugtaugliche und solche, die nicht fliegen können, einteilt, dann sind nach diesem Kriterium die Vierfüssler den Menschen ähnlicher als den Vögeln; denn sie sind ja gleich wie sie flugunfähig. Wenn man dagegen nach einem andern Kriterium aufteilt, indem man sagt, es gebe vernunftbegabte und vernunftlose Lebewesen, dann sind die Vierfüssler schon den Vögeln ähnlicher als den Menschen; denn sie haben ja auch keinen Anteil an der Vernunft. Dies liess Faustus ausser Acht, als er behauptete (538,19-21): Wenn du also fortan nach eigenständigen Religionen suchst, werden es nicht mehr als zwei sein, nämlich jene der Heiden und die von uns, deren Glaubensinhalte den ihrigen völlig widersprechen. Dabei nahm er natürlich Bezug auf seine Feststellung, dass der grösste Unterschied zwischen Heiden und Manichäern darin bestehe, dass die Heiden alles von einem einzigen Prinzip herleiten, was die Manichäer bestreiten, indem sie ein zweites Prinzip hinzufügen, das Volk der Finsternis (537,12). Folgt man diesem Kriterium – dies ist zuzugeben –, denkt der Grossteil der Heiden wie wir. Faustus sah allerdings nicht, dass man die Teilung auch anders vornehmen kann, indem man bei der Gesamtheit derer, die eine Beziehung zum Göttlichen haben, unterscheidet zwischen jenen, die sich für den Monotheismus, und jenen, die sich für den Polytheismus entschieden haben, und dass dann nach diesem Kriterium die Heiden uns fern stehen, und die Manichäer auf der Seite der Heiden, wir auf der Seite der Juden stehen. So könnte man also, auch wenn man diesem Kriterium folgt, der Meinung sein, dass es nur zwei eigenständige Religionen gibt. Hier würdet ihr vielleicht einwenden, dass ihr für eure vielen Götter eine einzige Substanz postuliert, als ob nicht auch die Heiden behaupteten, dass ihre zahlreichen Götter aus ein und derselben Substanz bestehen, obwohl sie ihnen verschiedenartige Pflichtenbereiche, Tätigkeiten, Befugnisse zuweisen, so wie bei euch der eine Gott das Volk der Finsternis niederzwingt (545,27), ein zweiter nach dessen Überwältigung aus ihm den Kosmos aufbaut (545,29), ein dritter ihn von oben her in der Schwebe hält (546,2), ein weiterer ihn von unten her trägt (546,5), wieder ein anderer zuunterst die Feuer–, Wind- und Wasserräder in Schwung hält, nochmals ein anderer am Himmel kreist und mit seinen Strahlen die Partikeln eures Gottes sogar aus den Abwässern einsammelt. Und wer zählt all die fabulösen Aufgaben all eurer Götter auf, die in keiner Weise Enthüllungen durch die Wahrheit, in keiner Weise Modellbilder durch Verhüllung sind? Wenn sodann ein dritter (547,11) die gesamte Menschheit nach einem weiteren Kriterium gliedern möchte, indem er erklärt, die eine Seite glaube daran, dass Gott sich um die menschlichen Angelegenheiten kümmere, die andere Seite aber glaube überhaupt nicht daran, dann vertreten auf der einen Seite die Heiden, die Juden, ihr Manichäer und sämtliche Häretiker, die sich in irgendeiner Form als Christen bezeichnen, mit uns zusammen die gleiche Meinung, auf der andern Seite aber befinden sich die Epikuräer und andere, die wie sie denken. Ist etwa dieses Kriterium bedeutungslos? Was hindert uns also daran, auch nach diesem Kriterium zu behaupten, es gebe nur zwei eigenständige Religionen, sodass ihr euch in einer der beiden als unsere Partner wiederfändet? Oder wäret ihr so dreist, bei dieser Aufgliederung von uns abzurücken, die wir verkünden, dass Gott sich der menschlichen Angelegenheiten annimmt, und euch mit den Epikuräern zusammenzutun, die dies leugnen? Nein, da würdet ihr jene gewiss verschmähen und auf unsere Seite rennen! Und so findet sich jeder, je nach Wahl des Kriteriums, bald hier, bald dort, hat nach der einen Seite Verbindungen, nach der andern keine, abwechslungsweise sind alle andern mit uns zusammen, und wir mit allen andern, bald wieder ist keiner der andern mit uns zusammen, und wir mit keinem von ihnen. Wenn Faustus dies bedacht hätte, hätte er wohl nicht so viel Rhetorik aufgewendet, um diesen Unsinn zu erzählen.

Übersetzung ausblenden
Reply to Faustus the Manichaean

10.

If you think that your doctrines are true because they are unlike the errors of the Pagans, and that we are in error because we perhaps differ more from you than from them, you might as well say that a dead man is in good health because he is not sick; or that good health is undesirable, because it differs less from sickness than from death. Or if the Pagans should be viewed in many cases as rather dead than sick, you might as well praise the ashes in the tomb because they have no longer the human shape, as compared with the living body, which does not differ so much from a corpse as from ashes. It is thus we are reproached for having more resemblance to the dead body of Paganism than to the ashes of Manichaeism. But in division, it often happens that a thing is placed in different classes, according to the point of resemblance on which the division proceeds. For instance, if animals are divided into those that fly and those that cannot fly, in this division men and beasts are classed together as distinct from birds, because they are both unable to fly. But if they are divided into rational and irrational, beasts and birds are classed together as distinct from men, for they are both destitute of reason. Faustus did not think of this when he said: There are in fact only two sects, the Gentiles and ourselves, for we are directly opposed to them in our belief. The opposition he means is this, that the Gentiles believe in a single principle, whereas the Manichaeans believe also in the principle of the race of darkness. Certainly, according to this division we agree in general with the Pagans. But if we divide all who have a religion into those who worship one God and those who worship many gods, the Manichaeans must be classed along with the Pagans, and we along with the Jews. This is another distinction, which may be said to make only two sects. Perhaps you will say that you hold all your gods to be of one substance, which the Pagans do not. But you at least resemble them in assigning to your gods different powers, and functions, and employments. One does battle with the race of darkness; another constructs the world from the part which is captured; another, standing above, has the world in his hand; another holds him up from below; another turns the wheels of the fires and winds and waters beneath; another, in his circuit of the heavens, gathers with his beams the members of your god from cesspools. Indeed, your gods have innumerable occupations, according to your fabulous descriptions, which you neither explain nor represent in a visible form. But again, if men were divided into those who believe that God takes an interest in human affairs and those who do not, the Pagans and Jews, and you and all heretics that have anything of Christianity, will be classed together, as opposed to the Epicureans, and any others holding similar views. As this is a principle of importance, here again we may say that there are only two sects, and you belong to the same sect as we do. You will hardly venture to dissent from us in the opinion that God is concerned in human affairs, so that in this matter your opposition to the Epicureans makes you side with us. Thus, according to the nature of the division, what is in one class at one time, is in another at another time: things joined here are separated there: in some things we are classed with others, and they with us; in other things we are classed separately, and stand alone. If Faustus thought of this, he would not talk such eloquent nonsense.

  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Editionen dieses Werks
Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres vergleichen
Übersetzungen dieses Werks
Contre Fauste, le manichéen vergleichen
Gegen Faustus
Reply to Faustus the Manichaean

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung