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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Contra Faustum Manichaeum

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Gegen Faustus

21.

Wenn uns Faustus schliesslich auch noch deswegen verunglimpft, weil wir die Erinnerungsstätten der Märtyrer in Ehren halten, indem er behauptet, dass wir die Märtyrer an die Stelle der Götzenbilder gesetzt hätten (538,6), so veranlasst mich dies weniger, auf diese Verunglimpfung zu antworten, als zu zeigen, dass Faustus, in seinem Bemühen, uns in ein schlechtes Licht zu rücken, sogar noch über die albernen Hirngespinste des Mani hinausgehen wollte, und dabei unbegreiflicherweise aus Unbedachtheit auf eine Glaubensanschauung hereingefallen ist, die bei den Heiden, besonders bei ihren Dichtern, weit verbreitet ist, obwohl er doch so darauf bedacht ist, sich von ihnen möglichst zu distanzieren. Als er nämlich erklärte, dass wir die Märtyrer an die Stelle der Götzenbilder gesetzt hätten, fuhr er wörtlich fort: die ihr in ähnlicher Weise mit Gebeten verehrt; die Schatten der Dahingeschiedenen besänftigt ihr mit Wein und Opferspeisen (538,6). Existieren also die Schatten der Dahingeschiedenen wirklich? Wir haben das in euren Reden nie gehört, in euren Schriften nie gelesen; im Gegenteil, ihr pflegt solchen Glaubensanschauungen zu widersprechen, und behauptet, dass die Seelen der Toten, falls sie schlecht sind oder deren Reinigung nicht abgeschlossen ist, entweder in den Kreislauf der Wiedergeburten eintreten oder irgendwelchen schlimmeren Strafen anheim fallen, falls sie aber gut sind, auf Schiffe gesetzt werden, um am Himmel dahinzusegeln und von dort zu jenem Hirngespinst, dem Land des Lichts, hinzugelangen, für das sie im Kampf zugrunde gegangen waren, und dass somit keine einzige Seele bei der Grabstätte ihres Körpers festgehalten wird. Was sollen also die Schatten der Dahingeschiedenen? Was ist ihre Substanz? Welches ist ihr Aufenthaltsort? Doch in seinem Drang, Verleumdungen zu verbreiten, hat Faustus sein eigenes Glaubensbekenntnis vergessen, oder ist vielleicht eingeschlafen und hat jene Aussage über die Schatten im Traum diktiert, und ist auch dann nicht aufgewacht, als er seinen Text durchlas. Das christliche Volk aber würdigt die Gedenkstätten der Märtyrer mit einer jährlich wiederkehrenden religiösen Feier, einmal um zu deren Nachahmung anzuspornen, sodann um Anteil zu nehmen an ihren Verdiensten und durch ihre Fürbitten Hilfe zu erlangen, wobei wir aber niemals für einen der Märtyrer, sondern einzig für den Gott der Märtyrer Altäre errichten, die sich allerdings in den Gedenkstätten der Märtyrer befinden. Hat denn je ein Zelebrant, der in den Grabstätten der heiligen Gebeine am Altar stand, gesagt: Wir bringen dir, Petrus oder Paulus oder Cyprianus ein Opfer dar? Nein, was geopfert wird, wird Gott geopfert, der die Märtyrer krönte, allerdings tun wir dies an den Gedenkstätten derer, die er krönte, damit schon der Einfluss der Örtlichkeit uns geneigter macht, die Liebe zu jenen, die wir nachahmen können, und zu jenem, mit dessen Hilfe wir es können, zu vertiefen. Wir verehren also die Märtyrer im selben Kult der Liebe und der Brüderlichkeit, in dem wir die heiligen Menschen Gottes schon zu ihren Lebzeiten verehren, wenn wir erkennen, dass ihr Herz bereit ist, für die Wahrheit des Evangeliums ein solches Leiden auf sich zu nehmen; bei jenen Märtyrern aber tun wir es mit noch mehr Hingabe, da wir unbesorgter sein können, nachdem sie all ihre Kämpfe siegreich bestanden haben, und da wir sie vertrauensvoller lobpreisen können, wenn sie sich bereits als Sieger im glücklicheren Leben befinden, als wenn sie sich weiter als Kämpfer im diesseitigen Leben bewähren müssen. Mit jenem Kult aber, der griechisch ίgenannt wird, und lateinisch nicht mit einem Wort wiedergegeben werden kann, verehren wir nur den einen Gott, und dem entspricht auch unsere Lehre, da dies ein Dienst ist, der ausschliesslich der Gottheit gebührt. Da nun aber die Darbringung des Opfers zu diesem Kult gehört, – weshalb man es als Götzendienst bezeichnet, wenn auch den Götzen Opfer dargebracht werden –, bringen weder wir selber einem Märtyrer oder einer heiligen Seele oder einem Engel Opfer in irgendwelcher Form dar, noch verlangt unsere Lehre, dies zu tun. Und wer in diesen Irrtum verfällt, den tadelt die gesunde Lehre, sei es um ihn auf den richtigen Weg zu bringen, sei es um zur Wachsamkeit aufzurufen. Denn auch die heiligen Menschen oder Engel selber wollen nicht, dass ihnen etwas dargebracht wird, von dem sie wissen, dass es einzig dem einen Gott zusteht. Dies zeigte sich bei Paulus und Barnabas, als die Lykaonier, durch die Wunder, welche jene gewirkt hatten, verleitet, ihnen wie Göttern opfern wollten; indem sie nämlich ihre Kleider zerrissen und mit aller Überzeugungskraft zu erkennen gaben, dass sie keine Götter seien, lehnten sie für sich solche Opfer ab (cf. Apg. 14,8 ff.). Dies zeigte sich auch bei den Engeln; so lesen wir in der Apokalypse (cf. Apoc. 19,10; 22,8 f.), wie der Engel es ablehnte, angebetet zu werden und zu dem, der ihn anbeten wollte, sagte (ib. 22,9): Ich bin ein Knecht wie du und deine Brüder. Genau das aber verlangen die stolzen Geister, der Teufel und seine Engel, ausdrücklich für sich, wie das in allen Tempeln und Heiligtümern der Heiden befolgt wird; eine Ähnlichkeit mit ihnen ist auch in gewissen stolzen Menschen deutlich erkennbar, wie es von gewissen Königen Babylons historisch bezeugt ist. Deshalb musste der heilige Daniel Ankläger und Verfolger erdulden (cf. Dan. 6), weil er, ungeachtet des königlichen Erlasses, welcher verbot, dass eine Bitte an irgend einen Gott, ausser an den König selber gerichtet werden dürfe (ib. 6,8), dabei ertappt wurde, wie er zu seinem Gott, d.h. dem einzigen und wahren Gott, betete und flehte. Was nun jene Menschen betrifft, die sich in den Gedächtnisstätten der Märtyrer betrinken (538,7), wie könnten sie von uns Zustimmung finden, da doch die gesunde Lehre sie selbst dann verurteilt, wenn sie dies in ihren eigenen Wänden tun? Doch eine Sache ist, was wir lehren, eine andere, was wir nachsichtig dulden; eine Sache ist, was wir fordern müssen, eine andere, wo wir aufgefordert sind, Besserung zu bewirken und zu Duldsamkeit gedrängt werden, bis wir diese Besserung erreicht haben (Bibelstellen?); eine Sache ist die christliche Lebensführung, eine andere die Zügellosigkeit der Weinseligen, wenigstens wenn es eine Verirrung von sittlich Schwachen ist. Und doch besteht auch hier noch ein gewaltiger Unterschied zwischen der Schuld der Weinseligen und jener der Gotteslästerer. Denn die Sünde ist weitaus geringer, wenn man betrunken von der Märtyrerstätte zurückkehrt, als wenn man, selbst nüchtern, den Märtyrern ein Opfer darbringt. Ich sagte: den Märtyrern ein Opfer darbringt, nicht: Gott in den Gedenkstätten der Märtyrer ein Opfer darbringt.

Letzteres tun wir ja sehr häufig, und zwar in jener Form des Opfers, die Gott uns in der Enthüllung des Neuen Testaments vorgeschrieben hat; und dieses Opfer gehört zu jenem Kult, der als latria bezeichnet wird, und einzig Gott gebührt. Doch was kann ich noch tun? Wann wird es mir gelingen, der heillosen Blindheit dieser Häretiker deutlich zu machen, welch tiefen Sinn jener Satz hat, der in den Psalmen ertönt (Ps. 49,23): Das Opfer des Lobpreises bringt mir Herrlichkeit, und dies ist der Weg, auf dem ich jenem mein Heil zeige. Das Fleisch und das Blut aber, das in diesem Opfer dargebracht wird, war vor der Ankunft Christi durch Opfertiere gleichnishaft vorgebildet, im Leiden Christi wurde es durch die Wahrheit selber dahingegeben, seit der Himmelfahrt Christi wird sein Gedächtnis liturgisch gefeiert. Und so ist der Unterschied zwischen den Opfern der Heiden und jenen der Hebräer der zwischen einer verfehlten Nachahmung und einem Modellbild, das Kommendes ankündigt. So wenig aber die Jungfräulichkeit jener Frauen, die sich Gott geweiht haben, deshalb zu verachten oder zu verabscheuen ist, weil auch die Vestalinnen Jungfrauen waren, genauso wenig darf man die Opfer der Väter beanstanden, weil die Heiden in gleicher Weise Opfer darbringen; denn so wie zwischen jenen zwei Formen der Jungfräulichkeit ein wesentlicher Unterschied besteht, auch wenn der Unterschied einzig darin besteht, wem sie geweiht und gewidmet wird, ebenso besteht auch zwischen den Opfern der Heiden und jenen der Hebräer allein schon durch den jeweiligen Empfänger des Opfers ein wesentlicher Unterschied; denn dort waren es die Dämonen in ihrer stolzen Gottesverachtung, die sich, um selber für Götter gehalten zu werden, anmassten, das Opfer für sich in Anspruch zu nehmen, da es ja eine Ehrenbezeugung ist, die der Gottheit gebührt; hier dagegen war es der einzige Gott, was bedeutet, dass dieses ebenbildliche Opfer, welches eine Verheissung des wahren Opfers war, jenem Gott dargebracht wurde, dem dann im Leiden des Leibes und des Blutes Christi die uns überreichte Wahrheit selber dargebracht werden sollte.

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Reply to Faustus the Manichaean

21.

As to our paying honor to the memory of the martyrs, and the accusation of Faustus, that we worship them instead of idols, I should not care to answer such a charge, were it not for the sake of showing how Faustus, in his desire to cast reproach on us, has overstepped the Manichaean inventions, and has fallen heedlessly into a popular notion found in Pagan poetry, although he is so anxious to be distinguished from the Pagans. For in saying that we have turned the idols into martyrs, he speaks of our worshipping them with similar rites, and appeasing the shades of the departed with wine and food. Do you, then, believe in shades? We never heard you speak of such things, nor have we read of them in your books. In fact, you generally oppose such ideas: for you tell us that the souls of the dead, if they are wicked, or not purified, are made to pass through various changes, or suffer punishment still more severe; while the good souls are placed in ships, and sail through heaven to that imaginary region of light which they died fighting for. According to you, then, no souls remain near the burying-place of the body; and how can there be any shades of the departed? What and where are they? Faustus' love of evil-speaking has made him forget his own creed; or perhaps he spoke in his sleep about ghosts, and did not wake up even when he saw his words in writing. It is true that Christians pay religious honor to the memory of the martyrs, both to excite us to imitate them and to obtain a share in their merits, and the assistance of their prayers. But we build altars not to any martyr, but to the God of martyrs, although it is to the memory of the martyrs. No one officiating at the altar in the saints' burying-place ever says, We bring an offering to thee, O Peter! or O Paul! or O Cyprian! The offering is made to God, who gave the crown of martyrdom, while it is in memory of those thus crowned. The emotion is increased by the associations of the place, and love is excited both towards those who are our examples, and towards Him by whose help we may follow such examples. We regard the martyrs with the same affectionate intimacy that we feel towards holy men of God in this life, when we know that their hearts are prepared to endure the same suffering for the truth of the gospel. There is more devotion in our feeling towards the martyrs, because we know that their conflict is over; and we can speak with greater confidence in praise of those already victors in heaven, than of those still combating here. What is properly divine worship, which the Greeks call latria, and for which there is no word in Latin, both in doctrine and in practice, we give only to God. To this worship belongs the offering of sacrifices; as we see in the word idolatry, which means the giving of this worship to idols. Accordingly we never offer, or require any one to offer, sacrifice to a martyr, or to a holy soul, or to any angel. Any one falling into this error is instructed by doctrine, either in the way of correction or of caution. For holy beings themselves, whether saints or angels, refuse to accept what they know to be due to God alone. We see this in Paul and Barnabas, when the men of Lycaonia wished to sacrifice to them as gods, on account of the miracles they performed. They rent their clothes, and restrained the people, crying out to them, and persuading them that they were not gods. We see it also in the angels, as we read in the Apocalypse that an angel would not allow himself to be worshipped, and said to his worshipper, "I am thy fellow-servant, and of thy brethen." 1 Those who claim this worship are proud spirits, the devil and his angels, as we see in all the temples and rites of the Gentiles. Some proud men, too, have copied their example; as is related of some kings of Babylon. Thus the holy Daniel was accused and persecuted, because when the king made a decree that no petition should be made to any god, but only to the king, he was found worshipping and praying to his own God, that is, the one true God. 2 As for those who drink to excess at the feasts of the martyrs, we of course condemn their conduct; for to do so even in their own houses would be contrary to sound doctrine. But we must try to amend what is bad as well as prescribe what is good, and must of necessity bear for a time with some things that are not according to our teaching. The rules of Christian conduct are not to be taken from the indulgences of the intemperate or the infirmities of the weak. Still, even in this, the guilt of intemperance is much less than that of impiety. To sacrifice to the martyrs, even fasting, is worse than to go home intoxicated from their feast: to sacrifice to the martyrs, I say, which is a different thing from sacrificing to God in memory of the martyrs, as we do constantly, in the manner required since the revelation of the New Testament, for this belongs to the worship or latria which is due to God alone. But it is vain to try to make these heretics understand the full meaning of these words of the Psalmist: "He that offereth the sacrifice of praise glorifieth me, and in this way will I show him my salvation." 3 Before the coming of Christ, the flesh and blood of this sacrifice were foreshadowed in the animals slain; in the passion of Christ the types were fulfilled by the true sacrifice; after the ascension of Christ, this sacrifice is commemorated in the sacrament. Between the sacrifices of the Pagans and of the Hebrews there is all the difference that there is between a false imitation and a typical anticipation. We do not despise or denounce the virginity of holy women because there were vestal virgins. And, in the same way, it is no reproach to the sacrifices of our fathers that the Gentiles also had sacrifices. The difference between the Christian and vestal virginity is great, yet it consists wholly in the being to whom the vow is made and paid; and so the difference in the being to whom the sacrifices of the Pagans and Hebrews are made and offered makes a wide difference between them. In the one case they are offered to devils, who presumptuously make this claim in order to be held as gods, because sacrifice is a divine honor. In the other case they are offered to the one true God, as a type of the true sacrifice, which also was to be offered to Him in the passion of the body and blood of Christ.


  1. Rev. xix. 10. ↩

  2. Dan. vi. ↩

  3. Ps. l. 23. ↩

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