• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Augustinus von Hippo (354-430) Contra Faustum Manichaeum

Übersetzung ausblenden
Gegen Faustus

56.

Eines der Kinder Leas verdankt nun aber seine Geburt dem Entgegenkommen Rachels, da diese es zuliess, dass ihr Ehemann, der eben mit ihr selber die geschuldete Nacht verbringen wollte, diese Nacht mit ihrer Schwester verbrachte, als Entgelt dafür, dass sie vom Sohn Leas Alraun-Äpfel bekommen hatte (cf. Gen. 30,14 ff.). Meines Wissens nehmen einige Interpreten an, dass dieser Apfel, wenn er unfruchtbaren Frauen verabreicht wird, Fruchtbarkeit bewirkt; und sie meinen daher, dass Rahel deshalb so eindringlich darauf bestanden habe, diese Frucht vom Sohn der Schwester zu bekommen, weil sie sich sehnlichst Nachwuchs wünschte. Dem würde ich niemals beipflichten, selbst wenn Rachel unmittelbar danach schwanger geworden wäre. Da sie der Herr aber erst dann mit Nachkommenschaft segnete, als Lea nach besagter Nacht zwei weitere Kinder geboren hatte (ib. 30,17. 19), sehe ich keinen Anlass, dem Alraun-Apfel eine solche Wirkung zuzuschreiben, die man noch bei keiner Frau beobachten konnte. So möchte ich sagen, was ich selber darüber denke; Sachkundigere werden dafür vielleicht bessere Erklärungen haben: Als ich nämlich diesen Apfel einmal selber zu Gesicht bekam, was mich wegen eben jener Stelle aus der Heiligen Schrift (cf. Gen. 30,14) sehr freute – er ist nämlich eine grosse Rarität -, da untersuchte ich, so gut ich dazu fähig war, seine Eigenschaften, nicht mit wissenschaftlicher, dem Laienverstand kaum zugänglicher Methodik, die etwa Auskunft über die Kräfte der Wurzeln oder die Wirkungen der Blätter gibt, sondern indem ich beobachtete, wie das Aussehen, der Geruch und der Geschmack der Pflanze auf mich und jeden anderen Menschen wirkte. Und da lernte ich eine schöne und wohlduftende Frucht kennen, die aber einen unangenehmen Geschmack besass; und deshalb muss ich gestehen, dass ich nicht weiss, warum die Ehefrau sosehr nach ihr begehrte, es sei denn vielleicht wegen der Seltenheit der Frucht oder wegen ihres Wohlgeruchs. Warum aber die Heilige Schrift diesen Vorfall nicht einfach stillschweigend übergehen wollte, - sie würde sich gewiss nicht bemühen, uns solcherlei Gelüste von Weibspersonen als wichtige Ereignisse ans Herz zu legen, wenn sie uns damit nicht auffordern möchte, etwas Bedeutsames darin zu suchen –, dazu finde ich keine plausiblere Erklärung, als was mir wiederum (651,15) der gesunde Menschenverstand eingibt, dass nämlich jener Alraun-Apfel modellhaft für den guten Ruf steht, womit ich nicht den Ruf meine, den ein Mensch besitzt, wenn er von der kleinen Zahl der Gerechten und Weisen anerkannt wird, sondern jene Popularität in der Volksmasse, womit man eine Bekanntheit erreicht, die weit grösser und strahlender ist; diese ist allerdings nicht um ihrer selbst willen erstrebenswert, aber eine unentbehrliche Hilfe für die Guten, wenn sie sich für das Heil des Menschengeschlechtes einsetzen wollen. Daher sagt der Apostel (I Tim. 3,7): Er muss auch von den Aussenstehenden ein gutes Zeugnis bekommen; mögen diese auch wenig Einsicht besitzen, zur Hauptsache sind doch sie es, die der Mühsal jener, welche sich für ihr Heil einsetzen, den Glanz der Anerkennung und den Wohlgeruch des guten Rufs verleihen. Zu diesem Ansehen bei der Masse gelangen nicht einmal die Führenden in der Kirche, wenn sie sich nicht den Gefahren und der Mühsal des Tätigseins aussetzen. Deshalb fand der Sohn der Lea jene Alraun-Äpfel, als er aufs Feld hinaus ging (cf. Gen. 30,14), d.h. als er in guter Absicht zu jenen ging, die draussen sind. Jene Lehre der Weisheit dagegen, die sich weitab vom Getöse der Massen in unbeschwertem Genuss der Betrachtung der Wahrheit widmet, sie könnte dieses Ansehen beim Volk in keiner Weise erringen, es sei denn mithilfe jener Menschen, die sich mitten ins Getümmel begeben und das Volk mit Rat und Tat leiten, aber nicht im Sinn des Vorstehens, sondern des Beistehens. Denn so wie diese Menschen, die mit ihrer rastlosen Tätigkeit und Geschäftigkeit für das Wohl der Masse besorgt sind, und deren Autorität beim Volk hochgeschätzt ist, zugleich Zeugnis ablegen für eine Lebensform, die sich der Musse widmet, mit dem Ziel, die Wahrheit aufzuspüren und sie zu betrachten, in vergleichbarer Weise gelangen die Alraun-Äpfel mithilfe Leas zu Rachel, zu Lea selber aber mithilfe ihres erstgeborenen Sohnes, des Ehrenpreises ihrer Fruchtbarkeit, die der herrliche Lohn ist für ihr mühseliges und von Ungewissheiten und Versuchungen gefährdetes Tätigsein, ein Tätigsein, welches die grosse Mehrzahl unter den hochbegabten und von brennender Wissbegier erfüllten Menschen, selbst wenn sie zur Führung des Volkes geeignet sein könnten, wegen der nervenaufreibenden Aufgaben meidet und sich lieber mit ganzem Herzen in die Musse der Gelehrsamkeit, gewissermassen in die Arme der schönen Rachel, wirft.

Edition ausblenden
Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres

56.

Est vero quidam Liae fetus ex beneficio Rachel editus, cum virum suum secum debita nocte cubiturum acceptis a filio Liae mandragoricis malis cum sorore cubitare permittit. De hoc autem pomi genere opinari quosdam scio, quod acceptum in escam sterilibus feminis fecunditatem parit; ac per hoc putant omni modo institisse Rachel, ut hoc a filio sororis acciperet cupiditate pariendi. p. 651,7 Quod ego non arbitrarer, nec si tunc concepisset. Nunc vero cum post Liae duos alios ab illa nocte partus dominus eam prole donaverit, nihil est, cur de mandragora tale aliquid suspicemur, quale in nulla femina experti sumus. Dicam ergo quid sentiam, dicent hinc forte meliora doctiores. Cum enim haec mala ipse vidissem et propter istum ipsum sacrae lectionis locum id mihi obtigisse gratularer – rara enim res est - , naturam eorum diligenter, quantum potui, perscrutatus sum, non aliqua a communi sensu remotiore scientia, quae docet virtutes radicum et potestates herbarum, sed quantum mihi et cuilibet homini renuntiabat visus et olfactus et gustus. p. 651,18 Proinde rem comperi pulchram et suaveolentem, sapore autem insipido; et ideo cur eam mulier tantopere concupiverit, ignorare me fateor, nisi forte propter pomi raritatem et odoris iucunditatem. Cur vero ipsam rem gestam sancta scriptura tacere noluerit, quae non utique talia desideria muliercularum nobis pro magno insinuare curaret, nisi aliquid in eis magnum quaerere commoneret, nihil amplius conicere valeo, quam quod ex illo communi sensu mihi suggeritur, ut illo mandragorico pomo figurari intellegam famam bonam: non eam, quae confertur, cum laudant hominem pauci iusti atque sapientes, sed illam popularem, qua etiam maior et clarior notitia comparatur, p. 652,4 non ipsa per sese expetenda, sed intentioni bonorum, qua generi humano consulunt, pernecessaria. Unde dicit apostolus: Oportet etiam testimonium habere bonum ab eis, qui foris sunt, qui licet parum sapiant, reddunt tamen plerumque labori eorum, per quos sibi consulitur, et splendorem laudis et odorem bonae opinionis. Nec ad istam gloriam popularem primi perveniunt eorum, qui sunt in ecclesia, nisi quicumque in actionum periculis et labore versantur. Propterea Liae filius mala mandragorica invenit exiens in agrum, id est honeste ambulans ad eos, qui foris sunt. Doctrina vero illa sapientiae, quae a vulgi strepitu remotissima in contemplatione veritatis dulci delectatione defigitur, hanc popularem gloriam quantulamcumque non assequeretur nisi per eos, qui in mediis turbis agendo ac suadendo populis praesunt, non ut praesint, sed ut prosint, p. 652,18 quia, dum isti actuosi et negotiosi homines, per quos multitudinis administratur utilitas, et quorum auctoritas populis cara est, testimonium perhibent etiam vitae propter studium conquirendae et contemplandae veritatis otiosae, quodam modo mala mandragorica per Liam perveniunt ad Rachel, ad ipsam vero Liam per filium primogenitum, id est per honorem fecunditatis eius, in qua est omnis fructus laboriosae atque inter incerta temptationum periclitantis actionis, quam plerique bono ingenio praediti studioque flagrantes quamvis idonei regendis populis esse possint, tamen vitant propter turbulentas occupationes et in doctrinae otium toto pectore tamquam speciosae Rachel feruntur amplexum.

  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Editionen dieses Werks
Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres
Übersetzungen dieses Werks
Contre Fauste, le manichéen vergleichen
Gegen Faustus
Reply to Faustus the Manichaean vergleichen

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung