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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Contra Faustum Manichaeum Gegen Faustus
22. Buch

78.

Es ist also böser Wille und Unwissenheit, wenn Moses vorgeworfen wird, dass er Kriege geführt habe, wo er doch selbst dann noch weniger Tadel verdient hätte, wenn er sie aus eigenem Entschluss geführt, als wenn er sie trotz Befehl Gottes nicht geführt hätte. Es gar zu wagen, Gott selber zu tadeln, dass er solches befohlen habe, oder es für unmöglich zu halten, dass ein gerechter und guter Gott solches habe befehlen können, dies ist, um es höflich auszudrücken, die Denkweise eines Menschen, der es nicht versteht, dass für die göttliche Vorsehung, die sich über alles, sowohl das Höchste wie das Niedrigste, erstreckt, weder neu ist, was entsteht, noch sich ins Nichts auflöst, was vergeht, sondern dass jedes einzelne Wesen in der vorgegebenen Ordnung seiner jeweiligen Natur oder sittlichen Würde entweder sich zurückzieht oder nachrückt, oder an der Stelle verharrt, dass aber das sittlich gute Wollen des Menschen sich als das definiert, was im Einklang mit dem göttlichen Gesetz steht, das ordnungswidrige Begehren dagegen als das, was durch die Ordnung des göttlichen Gesetzes in Schranken gehalten wird, sodass also der sittlich Gute gar nichts anderes will als das, was Gebot ist, der sittlich Schlechte dagegen nichts vermag, was das Erlaubte überschreitet, genauer, nichts ungestraft zu tun vermag, was er dem ewigen Gesetz zuwider tun will. Und so wird unter allem, was den Menschen in seiner Schwäche schreckt oder ängstigt, einzig das Missachten des ewigen Gesetzes bestraft; alles andere ist Tribut an die Naturanlagen oder Resultat der sittlichen Unvollkommenheit. Gegen das ewige Gesetz aber handelt der Mensch, wenn er Dinge um ihrer selbst willen liebt, die er als Mittel zum Zweck benutzen sollte, oder wenn er etwas als Mittel zum Zweck begehrt, das um seiner selbst willen geliebt werden müsste. Auf diese Weise stört er nämlich, soweit das einem Menschen möglich ist, in sich selber die natürliche Ordnung, die das ewige Gesetz einzuhalten gebietet. Umgekehrt handelt der Mensch im Einklang mit dem ewigen Gesetz, wenn er bestrebt ist, die Dinge nur dafür zu gebrauchen, wofür sie göttlicherseits eingerichtet wurden, und sich an Gott um seiner selbst willen zu erfreuen, während er die Freude an sich selber und an seinem Freund in der Freude an Gott und um dieser Freude an Gott willen empfindet. Denn es liebt jemand den Freund um Gottes willen, wenn er in der Liebe zum Freund die Liebe zu Gott erfährt. Weder die Missachtung des ewigen Gesetzes noch seine Beachtung lägen aber in unserer Verfügungsgewalt, wenn sie nicht von unserem Willen abhängig wären. Wenn sie aber nicht in unserer Verfügungsgewalt lägen, wäre weder Belohnung noch Strafe gerechtfertigt, weil niemand vernünftig handelt, der nicht auch unvernünftig handeln kann. Die Unwissenheit und die Schwäche des Menschen aber, als deren Folge der Mensch entweder nicht weiss, was er wollen muss, oder aber nicht alles, was er will, verwirklichen kann, sie sind begründet in der verborgenen Strafordnung und in jenen unergründlichen Urteilssprüchen Gottes, bei dem es keine Ungerechtigkeit gibt (cf. Rm. 9,14). Über die Sünde Adams hat uns ja das verlässliche Wort Gottes in Kenntnis gesetzt; und dass wir alle in Adam sterben, und dass durch ihn die Sünde in diese Welt trat und durch die Sünde der Tod (cf. Rom. 5,12), ist wahrheitsgetreu aufgeschrieben worden; und dass unser Leib aufgrund dieser Strafe hinfällig und die Seele beschwert wird, und dass die irdische Behausung den um vieles besorgten Geist belastet (cf. Sap. 9,15), das ist die reine Wahrheit und uns bestens bekannt; und dass uns nur die erbarmende Gnade aus dieser gerechten Strafe befreit, ist gewiss. Und deshalb ruft der Apostel seufzend aus (Rm. 7,24 f.): Ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib befreien? Die Gnade Gottes durch Jesus Christus unseren Herrn! Wie aber Gott das Gericht und das Erbarmen verteilt, warum der eine so, der andere so behandelt wird, dahinter stehen verborgene, aber gerechte Gründe. Und trotzdem wissen wir ganz genau, dass all dies durch das Gericht oder das Erbarmen Gottes geschieht, auch wenn für uns Mass, Zahl und Gewicht (cf. Sap. 11,20) im Dunkeln bleiben, nach denen Gott alles einrichtet, er, der Schöpfer aller Dinge, die ihrer Natur gemäss existieren, der aber auch die Sünden, ohne ihr Urheber zu sein (cf. Conf. 1,10,16), einordnet, um durch diese Beurteilung und Einordnung, mit der er ihnen einen Platz nach Schwere und Charakter des Verschuldens zuweist, zu verhindern, dass Taten, die nur deshalb Sünde sind, weil sie gegen die Natur verstossen, die Natur der Gesamtschöpfung in Unordnung und Misskredit bringen. Bei diesem Sachverhalt, und da zudem, – angesichts dieser Undurchschaubarkeit der Urteile Gottes, angesichts auch der Bewegtheit menschlichen Wollens – die selben glücklichen Lebensumstände die einen moralisch zugrunderichten, während die andern massvoll mit ihnen umzugehen wissen, die selben Widerwärtigkeiten die einen zu Boden drücken, die andern vorwärts bringen, und da schliesslich das vergängliche Leben des Menschen auf Erden an sich ein Wagnis darstellt (cf. Iob 7,1), welcher Mensch weiss da, wem es Nutzen, wem es Schaden bringt, in Friedenszeiten Herrscher oder Untertan zu sein, Musse zu haben oder zu sterben, in Kriegszeiten Befehlshaber oder Soldat zu sein, zu siegen oder niedergehauen zu werden? Wobei immerhin eines feststeht, dass dem Menschen nur das zum Nutzen gereicht, was ihm durch die Wohltat Gottes zuteil wird, und nur das zum Schaden gereicht, was ihm durch das Gericht Gottes zuteil wird.

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