Übersetzung
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An Donatus (BKV)
Kap. 3. Zunächst werden wir in die Zeit vor Cyprians Übertritt versetzt, wo er noch in der Nacht des Heidentums befangen war und eine solche geistige Wiedergeburt für unmöglich gehalten hatte.
Als ich selbst noch in der Finsternis und in dunkler Nacht schmachtete und auf den Wogen der sturmbewegten Welt schwankend und unsicher irrend kreuz und quer umhertrieb, ohne meinen Lebensweg zu kennen, ohne die Wahrheit und das Licht zu ahnen, da hielt ich es bei meinem damaligen Lebenswandel für höchst schwierig und unwahrscheinlich, was mir die göttliche Gnade zum Heile verhieß: daß man von neuem wiedergeboren werden könne1 und daß man, durch das Bad des heilbringenden Wassers zu neuem Leben beseelt, das ablege, was man früher gewesen, und trotz der Fortdauer der leiblichen Gestalt den Menschen nach Herz und Sinn umändere. Wie, sagte ich mir, ist eine so gewaltige Umwandlung möglich, daß man plötzlich und mit einem Ruck das abwirft, was entweder angeboren und infolge der unreinen Beschaffenheit des natürlichen Stoffes verhärtet ist oder was man lange geübt hat, bis es mit der Länge der Zeit festgewurzelt S. 42 ist?2 Mit tiefer und weit hinabdringender Wurzel hat sich dies alles festgesetzt. Wann lernt einer Sparsamkeit der sich an reichbesetzte Tafeln und üppige Schmausereien gewöhnt hat? Und wer3 durch seine kostbaren Kleider Aufsehen erregte und in Gold und Purpur strahlte, wann steigt der wieder zu gewöhnlicher und einfacher Kleidung herab? Der andere dort, der an Faszen4 und Ehrenstellen seine Freude hatte, vermag nicht mehr als Bürger ohne Amt und Würde zu leben; der hier, der immer von den dichten Haufen seiner Klienten umringt war und durch die zahlreiche Begleitung einer dienstbeflissenen Schar sich ausgezeichnet fühlte, hält es für eine Strafe, wenn er sich allein sieht. Mit ihren stets bestrickenden Lockungen muß ihn doch immer, wie bisher, die Völlerei verführen, der Hochmut aufblasen, der Zorn entflammen, die Raubgier beunruhigen, die Grausamkeit anstacheln, der Ehrgeiz ergötzen, die Wollust mit sich fortreißen.
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Wie Nikodemus [Job. 3, 8] ↩
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Hier ist unterschieden zwischen den in der menschlichen Natur liegenden Leidenschaften und den zur Gewohnheit gewordenen sittlichen Lastern. ↩
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bisher ↩
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Die Faszen [Rutenbündel, aus denen ein Beil hervorragte] waren eines der ältesten Abzeichen der hohen römischen Beamten. ↩
Edition
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Ad Donatum (CSEL)
§ 3
Ego cum in tenebris atque in nocte caeca iacerem cumque in salo iactantis saeculi nutabundus ac dubius uestigiis oberrantibus1 fluctuarem uitae meae nescius, ueritatis ac lucis alienus, difficile prorsus ac durum pro illis tunc moribus opinabar, quod in salutem mihi diuina indulgentia pollicebatur, ut quis renasci denuo posset utque in nonam uitam lauacro aquae salutaris animatus, quod prius fuerat, exponeret et corporis licet manente conpage hominem animo ac mente mutaret. qui possibilis, aiebam, tanta conuersio, ut repente ac perniciter exuatur2, quod uel genuinum situ materiae naturalis obduruit uel usurpatum3 diu senio uetustatis inoleuit? alta haec et profunda penitus radice sederunt. quando parcimoniam discit, qui epularibus cenis et largis dapibus adsueuit ? et qui pretiosa ueste conspicuus in auro atque in purpura fulsit, ad plebeium se ac simplicem cultum quando deponit ? fascibus ille oblectatus et honoribus esse priuatus et inglorius non potest. hic stipatus clientium cuneis4, frequentiore comitatu officiosi agminis honestatus, poenam putat esse, cum solus est. tenacibus semper inlecebris necesse est, ut solebat, uinolentia inuitet5, inflet superbia, iracundia inflammet, rapacitas inquietet6, crudelitas stimulet, ambitio delectet, libido praecipitet.