7. Unseretwegen hat Christus das Menschenleben auf sich genommen.
Unseretwegen hat also Jesus Christus mit Rücksicht auf die Sprechweise unseres Wesens seine Aussprüche geformt, indem er blieb, (was er war,) auch nachdem er als Mensch unserer Leiblichkeit geboren war, ohne jedoch sein Gott-sein aufzugeben. Denn wenn er auch in der Geburt und in dem Leiden und in dem Tode die Erlebnisweisen unseres Wesens auf sich genommen hat, so hat er diese Erlebnisse doch nur in der Kraft seines Wesens übernommen, da er sich selbst der Urheber für seine (zeitliche) Geburt ist,1 da er leidet, was zu leiden ihm nicht ziemt, da stirbt, wer lebt. Wenn Gott das auch vermittels des Menschentums vollzieht, so ist er dennoch von sich aus2 (als Mensch) geboren, hat er durch sich gelitten, ist er von sich aus gestorben; es ist nicht so, als ob er sich nicht als Menschen gegeben habe, da er ja geboren wurde, gelitten hat, gestorben ist. Diese Geheimnisse der himmlischen verborgenen Entschlüsse sind schon vor der Begründung der Welt festgesetzt worden, daß der eingeborene Gott als Mensch wollte geboren werden, derart, daß in Ewigkeit der (angenommene) Mensch in Gott bleiben solle; daß Gott leiden wollte, damit nicht der Teufel vermöge der Leidenschaft der menschlichen Schwachheit wüte und das Gesetz der S. 73 Sünde3 in uns zurückbehalte, und zwar dadurch nicht, daß Gott unsere Schwachheit annahm; daß Gott sterben wollte, damit nicht irgendeine freche Macht wider Gott bestehe und nicht das Wesen einer geschöpflichen Macht widerrechtlich sich aneignen könne, da der unsterbliche Gott sich innerhalb des Gesetzes des Todes eingeschlossen hatte.
Gott wird also geboren für unsere Erhebung, leidet aber um unserer Unschuld willen, stirbt endlich zur (Abgeltung der) Rache. Denn unsere Menschlichkeit besteht fort in Gott; das Erleiden unserer Schwachheiten ist mit Gott verbunden, und die geistigen Mächte der Sünde und Bosheit werden durch den Sieg des Fleisches niedergezwungen, indem Gott vermöge der Fleischesannahme stirbt.