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Werke Hilarius von Poitiers (315-367) De Trinitate Zwölf Bücher über die Dreieinigkeit (BKV)
Zehntes Buch

53. Beim Göttlichen versagt der menschliche Geist.

Ich weiß aber sehr wohl, in welchem Maße die Erhabenheit des himmlischen Geheimnisses die Schwachheit der menschlichen Einsicht daran hindert, daß wir dies nicht leicht mit Worten auszusprechen oder mit Bewußtheit zu beurteilen oder auch geistig zu umfassen vermöchten. Der Apostel wußte aber, daß dies dem Erdenwesen höchst mühevoll und überaus beschwerlich sei, die Wirkweise göttlicher Betätigungen mit unserem Urteil zu erfassen, als ob es zum Erkennen um so schärfer sei, je machtvoller Gott zur Betätigung ist. Deswegen schreibt er seinem rechtmäßigen Glaubenssohn,1 der von Kindheit an die heiligen Schriften in sich aufnahm:2 „Wie ich dich ermahnt habe, in Ephesus zu S. 208 bleiben, als ich nach Mazedonien ging, damit du andere anweisest, nicht anders (als ich) zu lehren und nicht auf Erdichtungen und endlose Stammbäume ihr Augenmerk zu richten, die mehr Fragereien hervorrufen als den Aufbau Gottes (bewirken), der im Glauben beruht.”3 Er verbietet es, Stammbaumgerede abzuhandeln und an Erdichtungen von endloser Fragerei sich heranzumachen. Wohl aber (lehrt er), der Aufbau Gottes bestehe im Glauben, um das Ausmaß menschlicher Erfahrung mit gläubiger Gesinnungshingabe an die Allmacht Gottes zu umschließen und um unsere Schwachheit nicht bis zum Erkenntniswillen gegenüber demjenigen sich erstrecken zu lassen, das die Wesensbefähigung zum erkenntnismäßigen Durchdringen erlahmen macht. Wenn denjenigen, die in die Klarheit der Sonne blicken, die Kraft des hingerichteten (Blick-) lichtes erlischt, so daß bis zum Ersterben des Sehsinnes die Augen verwiesen werden und es geschieht, daß man gar nichts sieht, je mehr man zu sehen sich anstrengt, wenn etwa die Schärfe neugieriger Betrachtung die Ursache des strahlenden Lichtes erforschen möchte: was haben wir da bei dem Göttlichen und der Sonne der Gerechtigkeit zu erwarten? Legt sich nicht Torheit auf diejenigen, die ein Überwissen erreichen wollen? Wird nicht die Stumpfheit schwächlicher Torheit eben jenes scharfe Erkenntnislicht befallen? Ein unterlegenes Wesen wird nämlich nicht den Seinsgrund eines überlegenen erkennen, und die himmlische (d. h. göttliche) Einsicht ist nicht der menschlichen Fassungskraft unterworfen. Denn innerhalb der Zustandsweise der Schwachheit wird sein, was immer dem Bewußtsein des Schwachen unterworfen wird.

Gottes Macht übersteigt also den menschlichen Geist. Wenn zu ihr hin die Schwachheit sich ausstreckt, wird sie nur noch mehr geschwächt, indem sie ihren bisherigen Besitz verliert, da das Wesen der himmlischen S. 209 Dinge mächtiger ist, (imstande,) sie zuschanden zu machen. Denn in eben dem Umfangen schwächt es vermöge seiner Überlegenheit jeglichen Eigensinn, der ihm hartnäckig zustrebt. Wie man also so zur Sonne hinzublicken hat, wie sie zu sehen es möglich ist, und soviel (von ihrem Licht) mit dem Sehvermögen aufzunehmen ist, wie es zulässig ist, damit wir nicht noch weniger erreichen, als uns möglich ist, wenn wir noch mehr erwarten wollten: so gilt auch die Erkennbarkeit der himmlischen Vernunft nur insoweit, als sie eine Erkennbarkeit zuläßt; so darf man sie nur insoweit erwarten, als sie sich zum Erfassen hingibt, damit wir nicht auch das verlieren, was (uns) schon gewährt wurde, wenn wir uns mit dem schon Gewährten nicht bescheiden.

Es gibt also etwas in Gott, das erfaßbar ist; es gibt es, sofern man es nur in dem möglichen Maße anstrebt. Wie es nämlich in der Sonne etwas Sichtbares gibt, wenn du das Möglich-sichtbare sehen möchtest; wie du aber das Möglich-sichtbare verlierst, wenn du nach dem Unmöglichen strebst: so hast du auch von dem Göttlichen einiges Erkennbare, wenn du nach dem Möglich-erkennbaren verlangst. Wenn du aber über das Mögliche hinaus Hoffnung hegst, dann wirst du auch das nicht mehr vermögen, was du gekonnt hast.


  1. Vgl. 1 Tim. 1, 2. ↩

  2. 2 Tim. 3, 15. ↩

  3. 1 Tim. 1, 3 f. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Zwölf Bücher über die Dreieinigkeit (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
Einleitung zu: Des heiligen Bischofs Hilarius von Poitiers zwölf Bücher über die Dreieinigkeit

Inhaltsangabe

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