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Werke Salvianus von Marseille (405-451) Ad ecclesiam siue Aduersus auaritiam Des Timotheus vier Bücher an die Kirche (BKV)
II. Buch

4. Schon das Alte Testament kennt, wenn auch nur im Rahmen des Gesetzes, Verzicht auf zeitliche Güter

Manchem aber mögen unsere Worte als ein Unrecht gegen die frommen Gelübde erscheinen. Wie verhält es sich denn, fragt jemand, wenn eine Witwe reich ist und ihre Witwenschaft auch mitten in einem großen Reichtum nicht aufgibt? Wie, wenn eine Jungfrau Keuschheit gelobt hat und in der Heiligkeit ihres unbefleckten Leibes verharrt? Wie, wenn da eine Ehe ist ohne Vollzug der Ehe, 1so daß sie sich selbst verleugnet und die Gatten sich besitzen, gleichsam als ob sie sich S. 299 nicht besäßen? Wie, wenn ein Mönch von Kindesbeinen auf für Gott streitet? Wie, wenn ein Kleriker die heilige Knechtschaft göttlichen Dienstes als getreuer Knecht zu Ende trägt? Laufen denn auch alle diese Gefahr um die Frucht ihres ewigen Heils, wenn sie entweder im Leben ihr Hab und Gut ungeschmälert besitzen oder es im Sterben nicht den Dürftigen hinterlassen? Um über eine solche Frage ein Urteil hinausgeben zu können, dazu ist mein Wort und meine Vollmacht zu gering. Wir wollen also schauen, was über all diese Dinge die Stimme der heiligen Bücher und der himmlischen Lehrmeister verlauten lassen, und dann werden wir am sichersten nach der von Gott gegebenen Norm unsere eigenen Grundsätze richten. Zunächst allerdings darf jetzt niemand glauben, bei den Beispielen des Alten Testaments Zuflucht und Trost finden zu können, indem er sagt, es seien doch einige gottesfürchtige Menschen entweder im Gesetz oder vor dem Gesetz reich geworden. Nein; jene Zeit ist vorbei, das Denken ist anders geworden; denn vor dem Gesetz stand es im freien Willen eines jeden, ein Vermögen zu besitzen oder auch zu erstreben; er wurde ja noch nicht durch die Rute des göttlichen Verbots gezüchtigt. „Denn„, wie der Apostel sagt, „wo kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung.“ 2Erst das Gesetz bewirkt, daß etwas nicht erlaubt ist; „denn„, sagt wieder der Apostel, „ich hätte nichts von der Lust gewußt, wenn nicht das Gesetz gesagt hätte: Laß dich nicht gelüsten!“ 3Daher konnte der Mensch den Reichtum, den Gott vor dem Gesetz nicht getadelt hatte, in völliger Freiheit besitzen. Aber auch im Gesetze noch genügte fast der gleiche Grundsatz für alle, weil das Gesetz in keiner Weise verbot, daß der Mensch besitze, was er wolle, solange es nur in Gerechtigkeit geschah. Daher genossen damals alle heiligmäßigen Menschen durchaus all ihr Vermögen nach S. 300 den Gesetzesvorschriften, indem sie, so lesen wir, „wandelten in allen Satzungen und Geboten Gottes, untadelhaft“. 4So wandelten alle jene, von denen uns solches berichtet ist, wie die Prophetin Anna, die in Fasten und Gebet ihr Leben verbrachte, wie jener Nathanael, 5von dem wir lesen, ausgezeichnet durch das Lob eines wahren Israeliten und nach dem Zeugnis Gottes des Herrn selbst bewundernswert, wie Tobias, 6der in seiner Großmut und Frömmigkeit über die Vorschriften des Gesetzes hinausging, der mit eigener Todesgefahr dem Begräbnis der Toten seine Dienste weihte und, für die Armen bis zur eigenen Armut besorgt, so weit ging in seiner Opferfreudigkeit, daß er seinem Taglöhner einen Teil von allen seinen Gütern überwies, und dies - um noch mehr ein wunderbares Beispiel zu geben - schon als Reicher, ja - und das ist noch bewundernswerter - als ehedem armer Reicher; denn der Reichtum nach der Armut erregt fast immer noch größere Habsucht.


  1. 2 Salvians Ehe mit Palladia! ↩

  2. Röm. 4, 15 ↩

  3. Ebd. 7, 7. ↩

  4. Luk. 1, 6. ↩

  5. Joh. 1, 47. ↩

  6. Tob. 1, 20; 2, 8. ↩

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Des Timotheus vier Bücher an die Kirche (BKV)

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