9. Frage, ob wir die Aufregung des Körpers auch im Schlafe vermeiden können.
Daß eine beständige Reinheit des Körpers durch Gottes Gnade im wachen Zustande sich finden könne, haben wir theilweise erfahren und läugnen nicht, daß durch strenge Enthaltsamkeit und Widerstand des freien Geistes die Aufregung des Fleisches den Wachenden fern bleiben könne; wollen aber belehrt werden, ob wir auch im Schlafe von dieser Belästigung frei sein können. Aus zwei Ursachen nemlich halten wir Das für unmöglich, und obwohl wir diese ohne Scheu nicht sagen können, so litten wir doch, weil die Nothwendigkeit des Heilmittels es erfordert, daß du mit Nachsicht es aufnehmest, wenn vielleicht Etwas mit zu wenig Scham offen dargelegt wird. Der erste Grund also ist, daß durch die Ruhe des Schlafes die Lebendigkeit des Geistes erschlafft ist und also die Überraschung jener Regung durchaus nicht wahrgenommen werden kann. Der zweite ist, daß auch die Anhäufung des Urins, wenn er während unseres Schlafes durch den beständigen Zufluß S. b46 innerer Säfte die Weite der Blase ganz ausgefüllt hat, die schlaffen Glieder aufregt, was auch Kindern und Verschnittenen nach demselben Gesetze begegnet. Daher kommt es, daß, wenn auch nicht Freude an der Lust den beistimmenden Geist verwundet, ihn doch der schändliche Zustand der Glieder verwirrt und demüthigt.