6. Über die Veränderlichkeit der Schwachen.
Es pflegen nemlich Jene, welche in dem Berufe, den sie ergriffen haben, noch nicht fest gegründet sind, sobald sie hören, wie Andere in diesen oder jenen Bestrebungen und Tugenden gerühmt werden, so von deren Lob entflammt zu werden, daß sie voll Geschäftigkeit ihr Fach sogleich nachahmen wollen, wobei die menschliche Schwäche nothwendig vergebliche Anstrengungen macht. Denn es ist unmöglich, daß ein und derselbe Mensch zugleich in all den oben zusammengefaßten Tugenden glänze. Wenn Einer diese zugleich anstreben wollte, so müßte er nothwendig dahin gerathen, daß er, während er allen nachläuft, keine vollständig erreicht und bei dieser Veränderung und Zersplitterung mehr Aufwand hat als Gewinn. Man kann S. b103 ja auf vielen Wegen zu Gott kommen, und deßhalb vollende Jeder den einmal betretenen mit unveränderlicher Richtung seines Laufes, damit er in irgend einem Fache vollkommen sei.