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Werke Hieronymus (347-420) Dialogi contra Pelagianos libri III Dialog gegen die Pelagianer (BKV)
II. Buch

24.

Wer vorsichtig und behutsam ist, kann auf eine gewisse Zeit die Sünden meiden, wer aber mit Sicherheit auf seine Gerechtigkeit baut, der widerstrebt Gott und fällt, von seiner Hilfe verlassen, den Anschlägen der Feinde zum Opfer. „Es mögen meine Gebeine verfaulen, es möge in mir von Würmern wimmeln, damit ich nur ruhe am Tage der Trübsal und hinaufsteige zu meinem starken Volke“1, spricht Habakuk. Er S. 450 bittet um Trübsal, Leiden und Kümmernis des Geistes, damit er in Zukunft der Schar der Männer, die bereits mit Christus triumphieren, beigesellt werde. Diesem Leben ist also, wie sich klar ergibt, Kampf und Krieg, der zukünftigen Welt dagegen der Sieg vorbehalten. Der Hohepriester Jesus, der Sohn des Josedech, d. h. des Gerechten des Herrn, wird als mit schmutzigen Gewändern bekleidet geschildert. Er hat keine Sünde begangen und doch unsere Sünden übernommen2. Zu seiner Rechten stand Satan in feindseliger Absicht. Ihm galten nach dem Kampfe und nach dem Siege die Worte: „Nehmt das schmutzige Gewand von ihm fort! Ich habe deine Sünde von dir genommen“3. Jovinians Erbe aber spricht: „Ich bin ohne jegliche Sünde, ich habe keine schmutzigen Gewänder, mein eigener Wille leitet mich, ich stehe höher als ein Apostel. Dieser tut, was er nicht will, und was er will, das tut er nicht4. Ich tue, was ich will, und was ich nicht will, tue ich nicht. Mir ist das Himmelreich bereitet, vielmehr, ich habe es mir selbst aus eigener Kraft bereitet. Die böse Lust, welcher Adam unterworfen war, und alle, die sich nach Art Adams der Sünde schuldig glauben5, läßt mich und meine Anhänger unbehelligt. Andere, die sich in Zellen eingeschlossen haben und keine Frauen zu Gesicht bekommen, weil sie armselig sind und meine Worte nicht vernehmen, werden von Begierden geplagt. Ich aber kenne keine Anfechtung, selbst wenn ganze Scharen von Frauen mich umringen. Denn von mir steht geschrieben: Heilige Steine werden über die Erde gewälzt6. Und deshalb fühle ich nichts, weil ich kraft der freien Willensentscheidung das Siegeszeichen Christi umhertrage“. Geben wir acht auf den Herrn, welcher durch den Propheten Isaias ausruft: „Mein Volk, jene, die euch glücklich nennen, verführen euch, und dem Wege eurer Füße stellen sie heimlich nach!“7 Wer stellt dem Volke Gottes in weiterem Maße nach, derjenige welcher auf die Fähigkeit des freien S. 451 Willens bauend die Hilfe des Schöpfers verachtet und bei seiner eigenen Entscheidung sich sicher fühlt, oder wer bei den einzelnen Geboten des Herrn das Gericht fürchtet? Zu solchen Menschen spricht der Herr: „Wehe euch, die ihr in euren Augen klug seid und nach eurer Ansicht verständig!“8. — Nach dem hebräischen Texte bricht Isaias klagend in die Worte aus: „Wehe mir, daß ich schwieg, weil ich unreine Lippen besitze, inmitten eines Volkes von unreinen Lippen wohne und den Herrn der Heerscharen mit meinen Augen gesehen habe!“9 Weil er es seiner Tugenden wegen verdient hatte, wird er der Anschauung Gottes teilhaftig, während er selbst sündenbewußt seine Lippen als unrein bezeichnet. Dies tut er nicht etwa, weil er etwas gesprochen hätte, was dem göttlichen Willen zuwider gewesen wäre, sondern weil er aus Furcht oder Scheu geschwiegen und das sündige Volk nicht mit prophetischem Freimut zurechtgewiesen hatte. Wann haben denn wir sündhafte Menschen einmal einen Tadel ausgesprochen, die wir den Reichen schmeicheln und schnöden Gewinnes wegen Rücksicht nehmen auf die Person des Sünders, wofern wir nicht gar in voller Vertraulichkeit mit ihnen verkehren, da wir ihres Reichtums benötigen? Zugegeben nun, daß wir nicht so handeln, daß wir jeden Schein der Sünde von uns fernhalten wollen, so ist es doch sicher sündhaft, die Wahrheit verschwiegen zu haben. Allerdings steht in der Septuaginta nicht geschrieben: „Weil ich schwieg“, sondern: „Weil ich gequält wurde von dem Bewußtsein meiner Sünden“, damit das Prophetenwort erfüllt werde: „Ich lebte im Elend dahin, weil sich mir ein Dorn einbohrte“10. Jenen peinigt der Stachel der Sünde, du aber verjüngst dich im Tugendflor. — Es heißt: „Der Mond wird sich schämen und die Sonne zuschanden werden, wenn der Herr Ausblick hält nach den Heerscharen des Himmels in der Höhe“11. Derselbe Gedanke findet sich an anderer Stelle in den Worten: „Selbst die Gestirne sind nicht rein in seinen S. 452 Augen“12 und: „An seinen Engeln fand er Bosheit“13. Der Mond errötet, die Sonne wird zuschanden, und der Himmel bedeckt sich. Wir aber werden furchtlos und freudig, wie wenn wir jeder Sünde ledig wären, der Majestät des Richters entgegeneilen, wenn die stolz aufragenden Berge, das ganze himmlische Heer, die Sterne und die Chöre der Engel vergehen, wenn die Himmel wie Bücher zusammengeklappt werden und ihre ganze Ausstattung Blättern gleich herunterfällt.


  1. Habak. 3, 16. ↩

  2. 1 Petr. 2, 22. 24. ↩

  3. Zach. 3, 1. 4. ↩

  4. Röm. 7, 15. ↩

  5. Röm. 5, 14. ↩

  6. Zach. 9, 16 nach LXX. ↩

  7. Is. 3, 12. ↩

  8. Is. 5, 21. ↩

  9. Is. 6, 5. ↩

  10. Ps. 31, 4 [Hebr. Ps. 32, 4]. ↩

  11. Is. 24, 23. ↩

  12. Job 25, 5. ↩

  13. Job 4, 18. ↩

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