12.
Statt an Edelsteinen und an Seide erfreue sie sich an den heiligen Schriften, wobei sie nicht so sehr an den auf goldigem Untergrund und babylonischem Pergament aufgetragenen bunten Bildern Gefallen finden möge. Ihr Interesse wende sich vielmehr der Treue des Textes und seiner kritischen Behandlung zu! Zuerst lerne sie das Psalterium, dessen Gesänge sie zerstreuen mögen; dann bilde sie ihr Leben an den Sprüchen Salomos! Aus dem Prediger lerne sie die Dinge der Welt verachten! Nach dem Beispiele Jobs übe sie Tugend und Geduld! Dann gehe sie über zu den Evangelien, die sie eigentlich nie aus der Hand legen sollte. Aus dem Born der Apostelgeschichte und der Briefe trinke sie mit der ganzen Inbrunst ihres Herzens! Sobald die Schatzkammer ihrer Seele mit diesen Kostbarkeiten bereichert ist, mache sie sich mit den Propheten und dem Heptateuch, 1 weiterhin mit den Büchern der Könige und der Paralipomena sowie mit Esdras und Esther vertraut! Zuletzt, wenn es ohne Gefahr geschehen kann, lese sie das Hohelied! Würde sie damit anfangen, so könnte sie Anstoß nehmen, da sie unter den fleischlichen Worten für das Brautlied der geistlichen Hochzeit kein Verständnis aufbringen dürfte. Sie hüte sich vor allen apokryphen Schriften! Sollte sie diese gelegentlich lesen wollen, nicht um die Wahrheit des Glaubens in ihnen zu suchen, sondern aus Ehrfurcht vor den Wundererzählungen, dann denke sie stets daran, daß sie nicht auf die angegebenen Verfasser zurückgehen. Vielmehr ist ihnen viel Falsches beigemischt, und es bedarf schon großer Klugheit, um das Gold aus dem Schmutze herauszufinden. Die Werke Cyprians seien ihr immer zur Hand! Die Briefe des Athanasius und die Schriften des Hilarius kann sie ohne Bedenken lesen. Sie mag sich an ihren scharfsinnigen Ausführungen erfreuen, zumal in diesen Schriften Frömmigkeit und Glaube auf sicherer Grundlage stehen. Was die S. 401 anderen Schriftsteller angeht, so gilt es da, erst zu wägen und zu überlegen, ehe man ihnen folgt.
-
Die Bücher Moses, Josue und der Richter. ↩