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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Sermones Gott ist die Liebe. Die Predigten des Hl. Augustinus über den 1. Johannesbrief
ACHTE PREDIGT

Wir in Gott, Gott in uns

„Gott hat niemand je gesehen. Wenn wir einander lieben, wird er in uns bleiben und seine Liebe wird in uns vollkommen sein“ (4, 12). Mach einen Anfang in der Liebe, und du wirst vollendet werden. Hast du angefangen zu lieben? So hat Gott angefangen, in dir zu wohnen; liebe ihn, der bereits anfangsweise in dir wohnt, damit er dich vollkommen mache, indem er vollkommener in dir wohnt. „Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben und er in uns, daß er uns von seinem Geiste gegeben hat“ (4, 13). Gut, Gott sei Dank! Wir erkennen, daß er in uns wohnt. Und woran erkennen wir, daß wir erkannt haben, daß er in uns wohnt? Johannes selbst sagt es: „Daran, daß er uns von seinem Geiste gegeben hat.“ Woher wissen wir, daß er uns von seinem Geiste gegeben hat? Befrage dein Inneres! Wenn es voll der Liebe ist, hast du den Geist Gottes. Und woher wissen wir, daß du daran erkennst, daß Gottes Geist in dir wohnt? Vernimm den Apostel Paulus: „Die Liebe ist ausgegossen in unsern Herzen S. 116durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm. 5, 5) (Tr. 8, 12).

„Und wir haben geschaut und bezeugen, daß der Vater seinen Sohn als Heiland der Welt gesandt hat“ (4, 14). Seid ohne Sorge, die ihr krank seid! Ein solcher Arzt ist gekommen, und da wollt ihr verzweifeln? Schwer waren die Krankheiten, unheilbar die Wunden, hoffnungslos das Siechtum. Die Größe deines Übels siehst du und die Allmacht des Arztes siehst du nicht? Du bist ohne Hoffnung; aber jener ist allmächtig; seine Zeugen sind die, die zuerst geheilt wurden und ihn als Arzt verkündigen; auch sie jedoch wurden mehr der Hoffnung als der Wirklichkeit nach geheilt. Denn so sagt der Apostel: ,,Durch die Hoffnung sind wir gerettet“ (Röm. 8, 24). Unsere Heilung nimmt also ihren Anfang im Glauben; vollendet aber wird unser Heil, wenn dieses Vergängliche die Unvergänglichkeit und das Sterbliche die Unsterblichkeit angezogen hat. Dies ist Hoffnung, noch nicht Wirklichkeit. Aber wer in Hoffnung sich freut, wird auch die Wirklichkeit besitzen; wer aber keine Hoffnung hat, wird auch nicht zur Wirklichkeit kommen können (Tr. 8, 13).

„Jeder, der bekennt, daß Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott und er in Gott“ (4, 15). Machen wir nicht mehr viele Worte: „Wer bekennt“: Nicht im Wort, sondern im Werk, nicht mit der Zunge, sondern durch das Leben. Denn viele bekennen mit Worten, leugnen aber durch die Tat. „Und wir haben erkannt und geglaubt an die Liebe, die Gott zu uns hat“ (4, 16). Wiederum: Woher weißt du es?

S. 117„Gott ist die Liebe.“ Schon weiter oben sagte Johannes das; siehe, nun sagt er es nochmals. Eine dringlichere Empfehlung konnte die Liebe nicht erfahren, als daß sie Gott genannt wird. Vielleicht wolltest du die Gabe Gottes mißachten. Mißachtest du auch Gott? „Gott ist die Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm“ (4, 16). Gegenseitig wohnen ineinander, der hält und der gehalten wird. Du wohnst in Gott, jedoch so, daß du gehalten wirst; Gott wohnt in dir, jedoch so, daß er dich hält, damit du nicht fällst. Glaube nicht etwa, daß du so das Haus Gottes wirst, wie dein Haus deinen Leib in sich schließt; wenn das Haus zusammenstürzt, in dem du bist, dann fällst du; wenn du dich aber Gott entziehst, so fällt Gott nicht. Er bleibt unversehrt, wenn du ihn verläßt, unversehrt, wenn du zu ihm zurückkehrst. Du empfängst von ihm die Heilung, aber du kannst ihm nichts geben; du wirst gereinigt, du wirst erquickt, du wirst gebessert. Er ist Arznei für den, der nicht gesund ist; er ist Richtscheit für das Verbogene, er ist Licht für den, der in Finsternis ist, er ist Heimat für den, der verlassen ist: Alles teilt er dir mit. Glaube nur nicht, daß du Gott etwas gibst, wenn du zu ihm kommst, nicht einmal einen Knecht! Wird Gott denn keine Diener haben, wenn du nicht willst, und wenn alle nicht wollen? Gott bedarf der Diener nicht, sondern die Diener bedürfen Gottes; darum sagt der Psalm: „Ich sprach zu meinem Herrn: mein Gott bist du.“ Er ist der wahre Herr. Was sagt darum der Psalmist zu ihm? „Meiner Güter bedarfst du nicht“ (Ps. 15, 2). Du brauchst deinen Knecht. 

S. 118Dein Knecht braucht dich, damit du ihn nährst; und du brauchst deinen Diener, daß er dir helfe. Du kannst dir den Eimer nicht füllen, kannst dir nicht kochen, kannst nicht vor dem Pferd gehen, kannst deine Tiere nicht versorgen. Du siehst, daß du deinen Diener brauchst, seinen Gehorsam nötig hast. Du bist also nicht der wahre Herr, weil du einen Untergeordneten nötig hast. Jener ist der wahre Herr, der nichts von uns sucht; wehe aber uns, wenn wir ihn nicht suchen! Nichts sucht er von uns; und er suchte uns, obgleich wir ihn nicht suchten. Ein einziges Schaf war in die Irre gegangen; er fand es, freute sich und nahm es auf seine Schultern (Luk. 15, 4 f.). War etwa das Schaf für den Hirten notwendig und nicht vielmehr der Hirte für das Schaf?

Je lieber ich von der Liebe spreche, um so weniger möchte ich, daß dieser Brief zu Ende geht. Keiner weiß die Liebe mehr zu entzünden; nichts ist köstlicher zu predigen, nichts heilsamer zu trinken, freilich nur, wenn ihr durch ein gutes Leben die Gabe Gottes in euch befestigt. Seid nicht undankbar für die große Gabe dessen, der, da er nur einen Sohn hatte, nicht wollte, daß dieser allein es sei, sondern damit er Brüder hätte, ihm solche zuerkor, die mit ihm das ewige Leben besitzen sollten! (Tr. 8, 14.)

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Übersetzungen dieses Werks
Gott ist die Liebe. Die Predigten des Hl. Augustinus über den 1. Johannesbrief
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Einleitung: Gott ist die Liebe. Die Predigten des Hl. Augustinus über den 1. Johannesbrief

Inhaltsangabe

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