• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works Syrian poets Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
7. Gedicht über die monastische Vollkommenheit.

6.

Noch eine andere Pforte will ich dir öffnen, indem ich erörtere, wie manche, durch verschiedene Gründe veranlaßt, [520] zum Dienste Christi, des Sohnes Gottes, gekommen sind. Es gibt unter den Christen ein buntes Gemisch der verschiedensten Arten. Die einen haben den Glauben angenommen auf Grund des Wahrheitsdranges in ihren Herzen, andere auf äußere Veranlassung hin; ein anderer steht mitten im Kampfe und obwohl er sehr schwächlich ist, rückt er auf die Aufmunterungen hin, die man ihm gibt, allmählich vor, siegt und triumphiert im Martyrium. [530] Wieder andere werden durch den Sieg von Genossen veranlaßt, einzutreten und sich unterrichten zu lassen; bei anderen ist es eine heilige Eifersucht im Innern des Herzens, die sie treibt, und sie arbeiten sich durch und gewinnen Ruhm. Es gibt auch solche, die aus Liebe zu ihren Freunden die Rüstung der Wahrheit anziehen. Wieder ein anderer tritt ein, angelockt durch die Aussicht auf einen ruhmvollen Namen, und kämpft den Kampf durch. Der eine wird noch am Schlüsse der Schlacht von einem Geschosse getroffen, niedergeworfen und zerschmettert, [540] der andere hat, nachdem er kaum begonnen, auch schon vollendet und geht als Sieger hervor; wieder ein anderer kommt erst am Schluß und erlangt aber dennoch einen schöneren Erfolg als die ersten, aber durch seinen Stolz verliert er die Frucht seines Sieges und durch seine Prahlerei bringt er sich um seinen Lohn. Der eine belehrt eine Stadt, der andere eine große Volksmenge, wieder ein anderer bewahrt nur sich selbst rein von Schuld, aber alle diese sind gleichwertig. [550] Der König sieht auf ihren Willen, da sie ja alle den Sieg zu erlangen suchen. Darum empfängt der Schwache die gleiche Herrlichkeit wie der Starke. Der eine besucht in mühevoller Fußwanderung bis zu hundert Klöster, um Gelübde zu erfüllen, ein anderer besucht seiner Herzensmeinung nach alle Klöster, beide sind gleichwertig.

Das, meine Brüder, habe ich für jene gesagt, welche an der Willensfreiheit festhalten, [560] und für die Anhänger der Lehre der Wahrheit habe ich diese tröst- S. 200 lichen Worte niedergeschrieben. Denn es gibt Auswärtige, welche lehren1, daß der Mensch keine Freiheit des Willens habe, sondern daß es vielmehr Gott sei, der diejenigen rechtfertige, die ihm gefallen. Es haben einmal Gerechte Sünder zurechtgewiesen, daß sie den Tod gleichsam aufsuchen; aber wenn es sich so verhält, wie diese Ansicht will, dann soll nur gleich jeder aufhören, sich weiter zu bemühen. [570] Abtrünniger, Sohn der Hölle, so genau hast du Gott erforscht? Wird denn der Heilige den Ehebruch gutheißen oder Diebstahl und Mord billigen? Es möge also der Faster ablassen von seinem Tun und der Weise sich nicht um seine Rechtfertigung bemühen, sondern es soll vielmehr jeder über seinen Schätzen liegen und kein Almosen mehr geben, wenn die Ansicht jener richtig ist. Dann soll der Bettler des Hungers sterben und der Sünder — ach, warum soll er beten? [580] Der Wachsame möge sich ins Bett zurücklegen und schlafen, und er, der sonst zu wachen pflegte, soll seinem Schlafbedürfnis nachkommen! Aber wenn es wirklich keine Willensfreiheit gibt, dann hat auch Gott niemand auserwählt, denn für ihn gibt es keine Bastarde der Willensfreiheit, und wenn sie wollen, sind sie alle auserwählt. Der Abtrünnige gibt sich auch insofern einer großen Täuschung hin, als er glaubt, er sündige nicht auf Grund seines eigenen Willens, [590] sondern in seiner Bosheit die Schuld auf Gott schiebt. Auch mir wäre es ganz willkommen, wenn diese Ansicht der Irrenden die richtige wäre, ich könnte mich dann über die Furcht vor der Sünde, die mich quält, hinwegtrösten. Aber ich weiß eben, daß ich auf Grund meines freien Willens entweder besiegt werde oder siege, und betrachte darum Gott nicht als den Mitgenossen meiner Sünden und frevelhaften Werke. [600] Wenn er selbst es ist, der auserwählt und verwirft, warum wird er denn dann Richter genannt? Und wenn der Mensch nicht gleichsam einen Weltlauf im Stadium zu laufen hat, warum wird ihm denn dann eine Krone in Aussicht gestellt?2 Ferne sei es darum, meine Brü- S. 201 der, von uns, daß wir so etwas von Gott denken, oder zweifeln, daß er, der Gute, uns nicht zur Sünde veranlaßt! Warum läßt sich denn die Jungfrau von Versuchungen quälen und wozu erträgt sie geduldig die heiligen Schmerzen? [610] Und warum wird die Auserwählung durch mühevolle Arbeit errungen, wenn sie von Gott allein abhängt? Haben nicht auch die Apostel gefastet und gebetet, haben sie nicht Beschwerden ertragen und Nachtwachen gehalten? Wer von den Gerechten hat nicht ähnliche Bedrängnisse über sich ergehen lassen und ist durch dieselben zur Vollkommenheit geführt worden? Wegen dieser Irrtümer haben viele die Hände in den Schoß gelegt und ihr Leben dem Untergange geweiht.


  1. Vergl. dazu das in der Einleitung über das Verhältnis unseres Dichters zur Lehre des hl. Augustinus Bemerkte. ↩

  2. 1 Kor. 9, 24. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (130.75 kB)
  • epubEPUB (114.13 kB)
  • pdfPDF (424.02 kB)
  • rtfRTF (334.60 kB)
Translations of this Work
Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung über die unter dem Namen Isaaks von Antiochien überlieferten Schriften.

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy