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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Syrian poets Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
9. Erstes Gedicht über das Fasten.

4.

Wenn du in der ersten Reihe zu stehen verlangst, so will ich dich ein reines Fasten lehren. Es faste dein Mund von der Speise und dein Herz von allem Bösen! [320] Gleichwie du dich äußerlich der sichtbaren Nahrung enthältst, so entferne dich auch weit von den Sünden! Während du dir die Speise versagst, bleibe auch dem Frevel entfremdet, auf daß dein reines Fasten von deinem Herrn wohlgefällig angenommen werde und dir von ihm Lohn erwerbe!

Wenn du aber hinter der ersten Reihe zurückbleiben mußt, wohlan, so will ich dich ein Fasten zweiter Klasse lehren, [330] bei welchem du essend fasten und trinkend dich enthalten kannst. Belade deinen Tisch mit Speisen, aber auch deine Zunge mit Lobpreisungen Gottes, so daß dein Mund, während er ißt, den Gütigen lobe, der uns getreulich ernährt! Wenn du dich der Nahrung nicht enthalten kannst, so enthalte dich wenigstens der Beraubung der Armen; alsdann wird dich Gott nicht tadelnd fragen: Warum fastest du nicht? [340] Kannst du dir den Wein nicht versagen, so versage dir Ungerechtigkeit und Bedrückung; alsdann wird dich der Richter nicht deshalb verurteilen, weil du Wein trinkst.

S. 224 Bestrebe dich aber doch, womöglich in der ersten Reihe zu bleiben, damit du deinen Lohn mit den ersten empfangest, weil du dich sowohl der Speisen enthalten als auch von Sünden ferngehalten hast! Wenn du aber dieses doppelte Fasten nicht beobachten kannst, [350] so wähle dir das Vorzüglichere von beiden aus, nämlich die Entfernung vom Bösen! Wenn dann auch dein Verdienst etwas geringer ist, als das Verdienst derer, die in der ersten Reihe stehen, so erwirbst du dir doch das ewige Leben dadurch, indem du von der Sünde fern bleibst.

Nun will ich auch noch von jenem Fasten zu dir reden, welches vor Gott verhaßt und verworfen ist, damit du dich weit von ihm entfernt haltest, weil es in beiden Welten Unheil bringt. [360] Wer sich der Speisen enthält, aber der Ausübung von Freveltaten nachjagt, dessen Fasten ist ein Schaden, welcher Leib und Seele beeinträchtigt. Es schädigt den Leib äußerlich, weil es ihm seine Nahrung vorenthält; aber noch mehr beschädigt es die Seele innerlich, weil es die Gottlosigkeit aus ihr nicht entfernt. Wer so handelt, ahmt der Schlange nach, welche gleich ihm Staub frißt und gleich ihm ohne Ursache beißt. [370] Ein solcher Tor fastet und bildet sich noch viel darauf ein, obgleich doch sein Fasten von Gott nicht angenommen wird; denn wie kann er um Gottes willen fasten, da er Gott nicht dient? Möchte sich doch jemand an einen solchen wenden und ihm sagen: „Gehe und faste dadurch zu Ehren Gottes, daß du dich von den Gott mißfälligen Sünden entfernst!“ [380]

Auch euch Frauen, Jüngerinnen Christi, will ich ermahnen, in frommer und verständiger Weise zu fasten. Nicht werde das Fasten der Trauer eine Gelegenheit zu Gespräch und Unterhaltung, damit nicht die Zunge die durch den Mund eingesammelten Verdienste wieder zerstreue! Wir sehen, daß diejenigen, welche in Trauer versetzt sind, schweigend und ruhig dasitzen, [390] denn ihre Gedanken gestatten ihnen nicht, in Lachen auszubrechen. Trauer geziemt sich für diese Tage, an welchen jener Ehrwürdigste von den schändlichen Kreuzigern, von dem Staube, den die Gerechtigkeit hinweg- S. 225 weht, verspottet wurde1. Wenngleich nun euer Herr sich nicht in Trauer befindet, da er vielmehr der Erfreuer aller Betrübten ist, so geziemt es sich doch für euch, über die Frechheit der Kreuziger zu trauern. [400] Auch unser Herr weinte ja über Lazarus2, obgleich er doch wußte, daß er ihn wieder auf erwecken werde; denn durch sein Weinen wollte er seine Liebe kund tun, gleichwie seine Allmacht durch die Auferweckung. So zeiget auch ihr in dieser Zeit euere Trauer, so daß sie in dieser Zeit des Scheidens sich stärker und inniger äußere als gewöhnlich! Betrübt war Maria, seine Mutter, und auch ihre heiligen Begleiterinnen; [410] die Apostel verbargen sich im Hause, bis der eingeborene Sohn wieder auferstand. Alsdann erfreute er seine Mutter durch seine Auferstehung und seine Jünger durch seinen Gruß; gleichwie sie vorher die Trauer bedrückt hatte, so erfreute sie nun die Auferstehung. So wird auch derjenige, welcher jetzt das in dieser Zeit gefeierte Leiden mitempfindet, sich dereinst mit Christus im Himmelssaale freuen, wenn er seine Heiligen versammeln wird3. [420]


  1. Aus dieser Stelle ergibt sich klar und deutlich, daß der Dichter mit seinen Ausführungen die vierzigtägige Fastenzeit im Auge hat. ↩

  2. Joh. 11, 35. ↩

  3. Im folgenden wendet sich der Dichter an die Nonnen und gottgeweihten Jungfrauen. ↩

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Translations of this Work
Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung über die unter dem Namen Isaaks von Antiochien überlieferten Schriften.

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Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
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