89.
1. Siehst du, wie hier Menschlichkeit mit Enthaltsamkeit verbunden ist? Das Gesetz gestattet dem Verliebten, der Herr einer Kriegsgefangenen geworden ist, nicht, seine Lust zu befriedigen, sondern hemmt die Begierde durch einen festgesetzten Zeitabstand und läßt außerdem noch das Haar der Gefangenen abschneiden, um das frevelhafte Liebesverlangen abzuschrecken; denn wenn eine vernünftige Überlegung zur Ehe rät, dann wird der Mann bei seinem Vorsatz bleiben, auch wenn das Mädchen häßlich geworden ist.
2. Wenn sodann jemand seine Begierde befriedigt hat und ihrer überdrüssig geworden ist und nicht mehr mit der Gefangenen verkehren will, so soll es der Verordnung nach nicht einmal erlaubt sein, sie zu verkaufen oder auch nur sie noch als Sklavin zu behalten, sondern sie soll frei sein und aus dem Hausgesinde entlassen werden, damit sie nicht, wenn eine andere Frau ins Haus kommt, heillose Kränkungen erdulden muß, wie sie infolge von Eifersucht zugefügt werden.1
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Zu 88,4-89,2 vgl. Philon, De virt. 111-115. ↩