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1.1 Aber freilich darf man die Enthaltsamkeit nicht nur auf einem einzigen Gebiet beobachten, nämlich auf dem Gebiet des Liebesgenusses, sondern auch hinsichtlich alles dessen, wonach unsere Seele mit ihrer Freude an schwelgerischem Genuß begehrt, weil sie sich nicht mit dem Nötigsten begnügen will, sondern nach Üppigkeit verlangt.
2. Enthaltsamkeit ist es, das Geld zu verachten, behagliches Leben, Besitz, Augenlust geringzuschätzen, seine Zunge zu beherrschen, über die bösen Gedanken Herr zu sein. Sind ja doch einige Engel, die sich nicht beherrschten, sondern ihrer Begierde unterlagen, vom Himmel auf die Erde herabgestoßen worden.2
3. Und Valentinus sagt in seinem Brief an Agathopus: "Jesus ertrug alles und war enthaltsam; er suchte sich das Gottsein zu erwerben; er aß und trank auf eine nur ihm eigene Weise, indem er die Speisen nicht wieder von sich gab; so groß war die Macht seiner Enthaltsamkeit, daß die Speise in ihm nicht dem Verderben unterlag; denn er selbst unterlag dem Verderben nicht".3
4. Was nun uns betrifft, so schätzen wir die Enthaltsamkeit hoch wegen unserer Liebe zum Herrn und wegen des Schönen selbst, indem wir den Tempel des Geistes4 heiligen. Denn es ist schön, "sich wegen des Himmelreiches zu entmannen",5 das heißt, jede Begierde zu ertöten und "sein Gewissen von den toten Werken zu reinigen, um dem lebendigen Gott zu dienen“.6
