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Works Origen († 253/54) Contra Celsum

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Gegen Celsus (BKV)

20.

Wir wollen sehen, wie er weiter spricht. Er bemerkt: „ Jesus sagte dies als Gott voraus, und die Erfüllung seiner Weissagung war durchaus notwendig. Ein Gott also verführte seine eigenen Jünger und Propheten, mit denen er zusammen aß und trank, so weit, dass sie gottlos und verbrecherisch wurden; und es war doch seine höchste Pflicht, allen Menschen Gutes zu erweisen, ganz besonders aber seinen Tischgenossen. Der Tischgenosse eines Menschen würde wohl diesem nicht mehr nachgestellt haben[^114]; der S. 133 Tafelfreund Gottes aber sollte dessen Angreifer geworden sein? Und was noch widersinniger ist, der Gott selbst stellte seinen Tischgenossen nach, indem er sie zu Verrätern, und gottlosen Menschen machte“. Weil du wünschest, dass ich auch solchen Angriffen des Celsus entgegentrete, die mir ohne Gewicht zu sein scheinen, so wollen wir hierauf so erwidern. Celsus meint, es geschehe das, was einer infolge seines Vorauswissens verkündet, eben deshalb, weil es verkündet worden sei. Wir aber geben das nicht zu, sondern sagen: Der Weissagende ist nicht schuld an dem künftigen Ereignis, da er sein Eintreten vorausgesagt hat, sondern die künftige Tatsache, die eintreten würde, auch wenn sie nicht vorausverkündet worden wäre, hat den, der sie vorauswußte, veranlaßt, sie vorauszusagen. Und diese ganze Sache liegt in dem Vorauswissen dessen, der sie verkündet; es ist möglich, dass ein solches Ereignis eintritt, und möglich, dass es nicht eintritt; eine von diesen beiden Möglichkeiten aber wird sich verwirklichen. Wir behaupten nicht, dass der Vorauswissende die Möglichkeit des Geschehens oder Nichtgeschehens aufhebt und dann gleichsam eine solche Äußerung tut: Dies wird unter allen Umständen geschehen, und es ist unmöglich, dass es anders geschieht. Diese Bemerkung gilt von allem Vorauswissen, das sich auf Dinge bezieht, die von uns abhängen, mögen diese nun in den heiligen Schriften oder in den Geschichtswerken der Griechen zu lesen sein. Der Trugschluß, den die Rhetoren als „faulen Schluß“ bezeichnen, wäre also, wenn es auf Celsus ankäme, kein Trugschluß, ist es aber in den Augen jedes vernünftigen Menschen.

Um dies verständlich zu machen, will ich aus der Schrift die Prophezeiungen über Judas oder das Vorauswissen unseres Heilandes über ihn als den künftigen Verräter heranziehen, und aus den griechischen Geschichtsbüchern den Orakelspruch der dem Laios gegeben wurde, indem wir ihn hier als wahr gelten lassen, weil dies doch unsere Sache nicht berührt. Über Judas also werden im hundertachten Psalm dem Heilande S. 134 Worte in den Mund gelegt, deren Anfang so lautet: „O Gott, verschweige mein Lob nicht, weil der Mund des Sünders und der Mund des Arglistigen sich über mich aufgetan hat“1. Wenn du den Inhalt dieses Psalmverses genau erwägest, so wirst du finden, dass, wie Judas als künftiger Verräter des Heilandes vorher erkannt ist, so auch als schuldig an diesem Verrat, so dass er die Verwünschungen verdient, die in der Prophezeiung wegen seiner Bosheit über ihn ausgesprochen werden. Denn dies soll er erleiden, „weil er“, wie es heißt, „nicht gedachte, Barmherzigkeit zu üben, sondern einen Armen und Bedürftigen verfolgte“2. Es stand also in seiner Macht, „Barmherzigkeit zu üben“ und „die Verfolgung“ dessen zu unterlassen, den er verfolgte. Obwohl er es konnte, hat er es nicht getan, sondern vielmehr den Verrat begangen; er verdient somit die in der Prophezeiung gegen ihn ausgesprochenen Verwünschungen. Für die Griechen aber wollen wir den Orakelspruch anführen, der dem Laios gegeben wurde, wie ihn der Tragiker, sei es wörtlich oder nur sinngemäß, aufgezeichnet hat.

Der die künftigen Dinge vorauswissende Gott sagt also zu Laios: „Nicht streue Kindersaat den Göttern trotzend, aus! Denn zeugst du einen Sohn, so fällt dich seine Hand, Und durch ein Blutbad schreitest dann dein ganzes Haus.“3 In dieser Stelle also wird deutlich ausgesprochen, dass es für Laios möglich war, „Kindersaat nicht auszustreuen“; denn das Orakel hätte ihm doch nicht etwas Unmögliches anbefohlen. Möglich war aber auch „das Ausstreuen“, und zu keinem von beiden war er gezwungen. Hatte er sich aber nicht davor gehütet, „Kindersaat auszustreuen“, so folgt darauf für ihn, dass er wegen „des Ausstreuens“ erdulden mußte, was die Tragödie von Ödipus und Jokaste und ihren Söhnen berichtet.

S. 135 Betrachten wir nun den sogenannten „faulen Schluß“, der ein Trugschluß ist, so besteht er darin, dass man ihn zum Beispiel bei einem Kranken anwendet und diesen von seinem Vorhaben, zur Wiederherstellung seiner Gesundheit einen Arzt zu Rate zu ziehen, dadurch trügerisch zurückzuhalten sucht, dass man ihm sagt: „Ist dir Wiedergenesung von dieser Krankheit beschieden, so wirst du genesen, du magst den Arzt hinzuziehen oder auch nicht. Sollst du aber von der Krankheit nicht genesen, so wirst du nicht genesen, du magst nun den Arzt hinzuziehen oder nicht. Entweder ist dir Genesung von dieser Krankheit beschieden, oder sie ist es nicht: in jedem Falle also ziehst du den Arzt zwecklos hinzu.“ Diesem Schluß kann man den folgenden scherzhaft gegenüberstellen: „Ist dir Nachkommenschaft bestimmt, so wirst du sie erhalten, du magst nun einem Weibe beiwohnen oder nicht- Solltest du aber ohne Kinder bleiben, so werden dir keine geboren werden, du magst nun einem Weibe beiwohnen oder nicht. Entweder ist dir Nachkommenschaft bestimmt oder nicht: in jedem Falle also wohnst du einem Weibe zwecklos bei.“

Denn wie hier die Verbindung mit einem Weibe nicht zwecklos unternommen wird, weil ohne sie4 eine Nachkommenschaft ganz unerreichbar und unmöglich ist, ebenso ist die Beiziehung eines Arztes notwendig, wenn das Genesen von der Krankheit auf dem Wege der Heilkunst bewirkt werden soll; und darum ist dieser Schluß falsch: „in jedem Falle ziehst du den Arzt zwecklos hinzu“. All das anzuführen, haben uns die Worte des hochgelehrten Celsus veranlaßt: „Jesus sagte dies als Gott voraus, und die Erfüllung seiner Weissagung war durchaus notwendig.“ Ist das „notwendig“ bei ihm so viel als „unabwendbar“, so müssen wir ihm widersprechen; denn sie konnte auch nicht eintreten. Meint er aber „notwendig“ in dem Sinn: „es wird wirklich eintreten, was eben nicht gehindert ist, wirklich zu sein, auch wenn es möglich wäre, dass es sich nicht verwirklichte“,** so stört dies unsere Schlußfolgerung nicht. Denn wenn Jesus den Verrat S. 136 des einen und die Verleugnung des andern wahrhaft vorausgesagt hat, so folgt daraus mit nichten, dass er schuld an ihrer Gottlosigkeit und ruchlosen Handlung gewesen wäre. Denn Jesus, der nach unserm Glauben erkannte, „was in dem Menschen war“5, durchschaute den schlechten Charakter des Judas und sah, was er infolge seiner Geldgier und seines Schwankens in dem Urteil über seinen Meister wagen würde. Daher sprach er unter anderem auch dies Wort aus: „Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten“6.

[^114]


  1. Ps 108,1; vgl. oben II 11. ↩

  2. Ps 108,16. ↩

  3. Eurip., Phöniss. 18-20. ↩

  4. Siehe Scan. ↩

  5. Vgl. Joh 2,25. ↩

  6. Mt 26,23. ↩

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Origen Against Celsus

Chapter XX.

Let us see how he continues after this: "These events," he says, "he predicted as being a God, and the prediction must by all means come to pass. God, therefore, who above all others ought to do good to men, and especially to those of his own household, led on his own disciples and prophets, with whom he was in the habit of eating and drinking, to such a degree of wickedness, that they became impious and unholy men. Now, of a truth, he who shared a man's table would not be guilty of conspiring against him; but after banqueting with God, he became a conspirator. And, what is still more absurd, God himself plotted against the members of his own table, by converting them into traitors and villains!" Now, since you wish me to answer even those charges of Celsus which seem to me frivolous, 1 the following is our reply to such statements. Celsus imagines that an event, predicted through foreknowledge, comes to pass because it was predicted; but we do not grant this, maintaining that he who foretold it was not the cause of its happening, because he foretold it would happen; but the future event itself, which would have taken place though not predicted, afforded the occasion to him, who was endowed with foreknowledge, of foretelling its occurrence. Now, certainly this result is present to the foreknowledge of him who predicts an event, when it is possible that it may or may not happen, viz., that one or other of these things will take place. For we do not assert that he who foreknows an event, by secretly taking away the possibility of its happening or not, makes any such declaration as this: "This shall infallibly happen, and it is impossible that it can be otherwise." And this remark applies to all the foreknowledge of events dependent upon ourselves, whether contained in the sacred Scriptures or in the histories of the Greeks. Now, what is called by logicians an "idle argument," 2 which is a sophism, will be no sophism as far as Celsus can help, but according to sound reasoning it is a sophism. And that this may be seen, I shall take from the Scriptures the predictions regarding Judas, or the foreknowledge of our Saviour regarding him as the traitor; and from the Greek histories the oracle that was given to Laius, conceding for the present its truth, since it does not affect the argument. Now, in Ps. cviii., Judas is spoken of by the mouth of the Saviour, in words beginning thus: "Hold not Thy peace, O God of my praise; for the mouth of the wicked and the mouth of the deceitful are opened against me." Now, if you carefully observe the contents of the psalm, you will find that, as it was foreknown that he would betray the Saviour, so also was he considered to be himself the cause of the betrayal, and deserving, on account of his wickedness, of the imprecations contained in the prophecy. For let him suffer these things, "because," says the psalmist, "he remembered not to show mercy, but persecuted the poor and needy man." Wherefore it was possible for him to show mercy, and not to persecute him whom he did persecute. But although he might have done these things, he did not do them, but carried out the act of treason, so as to merit the curses pronounced against him in the prophecy.

And in answer to the Greeks we shall quote the following oracular response to Laius, as recorded by the tragic poet, either in the exact words of the oracle or in equivalent terms. Future events are thus made known to him by the oracle: "Do not try to beget children against the will of the gods. For if you beget a son, your son shall murder you; and all your household shall wade in blood." 3 Now from this it is clear that it was within the power of Laius not to try to beget children, for the oracle would not have commanded an impossibility; and it was also in his power to do the opposite, so that neither of these courses was compulsory. And the consequence of his not guarding against the begetting of children was, that he suffered from so doing the calamities described in the tragedies relating to OEdipus and Jocasta and their sons. Now that which is called the "idle argument," being a quibble, is such as might be applied, say in the case of a sick man, with the view of sophistically preventing him from employing a physician to promote his recovery; and it is something like this: "If it is decreed that you should recover from your disease, you will recover whether you call in a physician or not; but if it is decreed that you should not recover, you will not recover whether you call in a physician or no. But it is certainly decreed either that you should recover, or that you should not recover; and therefore it is in vain that you call in a physician." Now with this argument the following may be wittily compared: "If it is decreed that you should beget children, you will beget them, whether you have intercourse with a woman or not. But if it is decreed that you should not beget children, you will not do so, whether you have intercourse with a woman or no. Now, certainly, it is decreed either that you should beget children or not; therefore it is in vain that you have intercourse with a woman." For, as in the latter instance, intercourse with a woman is not employed in vain, seeing it is an utter impossibility for him who does not use it to beget children; so, in the former, if recovery from disease is to be accomplished by means of the healing art, of necessity the physician is summoned, and it is therefore false to say that "in vain do you call in a physician." We have brought forward all these illustrations on account of the assertion of this learned Celsus, that "being a God He predicted these things, and the predictions must by all means come to pass." Now, if by "by all means" he means "necessarily," we cannot admit this. For it was quite possible, also, that they might not come to pass. But if he uses "by all means" in the sense of "simple futurity," 4 which nothing hinders from being true (although it was possible that they might not happen), he does not at all touch my argument; nor did it follow, from Jesus having predicted the acts of the traitor or the perjurer, that it was the same thing with His being the cause of such impious and unholy proceedings. For He who was amongst us, and knew what was in man, seeing his evil disposition, and foreseeing what he would attempt from his spirit of covetousness, and from his want of stable ideas of duty towards his Master, along with many other declarations, gave utterance to this also: "He that dippeth his hand with Me in the dish, the same shall betray Me." 5


  1. eutelesi. ↩

  2. argos logos. ↩

  3. Euripid., Phoenissae, 18-20. ↩

  4. anti tou hestai. ↩

  5. Matt. xxvi. 23. ↩

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