3.
Christus tritt in vielfache Beziehung zu uns; er ist die Weisheit, gleichwohl beweist er nicht in Allen die Macht der Weisheit, sondern nur in denen, die sich der Weisheit befleißigen; er heißt Arzt, dennoch behandelt er nicht Alle als Arzt, sondern nur die, welche von ihrer Gebrechlichkeit überzeugt, bei ihm Hülfe und Rettung suchen. Ebenso denke ich vom heiligen Geiste, in welchem jede Art von Gaben begriffen ist. Dem Einen wird durch den Geist die Gabe der Weisheit, dem Andern die der Wissenschaft, einem Andern der Glaube mitgetheilt. Und so wird in Jedem, der für ihn empfänglich ist, der Geist gerade das, 1 dessen der Empfänger hauptsächlich bedarf. Diese Verschiedenheit der Gaben haben einige mißverstanden: weil sie ihn in den Evangelien den Paraklet nennen hören, und nicht beachteten, von welcher Thätigkeit er diesen Namen führt, so haben sie ihn mit andern geringen Geistern unbekannten Ranges verglichen, und dadurch die Kirche Christi zu stören gewagt; 2 woraus nicht unbedeutende Abweichungen unter den Brüdern entstanden. Das Evangelium theilt ihm aber so viel Macht und Ansehen zu, daß selbst die Apostel das, was ihnen der Heiland noch zu sagen hatte, vor der Ausgießung des heiligen Geistes, der ihre Seelen erleuchten werde, nicht sollen fassen können. 3 Jene S. 129 Unverständigen aber vermögen nicht nur nicht einen Begriff richtig zu entwickeln, sondern nicht einmal unserer Entwicklung zu folgen, und so bekommen sie unwürdige Vorstellungen von der Göttlichkeit des Geistes, und verfallen auf Irrlehren, weil sie mehr vom Irrgeist verleitet, als vom göttlichen Geiste erleuchtet sind: wie der Apostel sagt (1 Tim. 4, 1. 3.): „Sie folgen den Lehren der Irrgeister, welche die Ehe verbieten zum Verderben und Falle Vieler, und unzeitiges Fasten (gebieten), um durch den Schein einer strengeren Beobachtung, die Seelen der Unbefangenen zu verführen“. 4
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So glaube ich den Sinn der Stelle per singulos — hoc efficitur vel hoc intelligitur ipse spiritus, am deutlichsten ausgedrückt zu haben. Semler erklärt: per singulos quod efficitur vel quod intelligitur, ipse est spir. Richtiger Rösler: efficit — intelligit ipse spir. Denn ohne Zweifel hat Rufin das Medium, welches hier eben die immanente Wirksamkeit bezeichnet, für ein Passivum angesehen und übersetzt. Ενοργειται η εννοειται (ενθυμειται) vermuthete ich das letztere als Erklärung des ersteren, daß nehmlich dieses nur ein geistiges Wirken und der Gedanke selbst sey. S. Comm. in Joh. t. II. ed. R. IV p. 60. ↩
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Rößler vermuthet hier eine Interpolation Ruf., die sich auf spätere Streitigkeiten bezöge. Die Montanisten können keineswegs gemeint seyn, da sie vom Paraclet sehr hohe Begriffe hatten: noch eher die strengen Gegner derselben, welche im Elfer die Verschiedenheit der Geistesgaben überhaupt läugneten; am wahrscheinlichsten die Manichäer, welche Mani für den Paraclet hielten. ↩
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Hier ist mir folgender (wahrscheinlich rufin.) Satz verdächtig: qui se eorum animabus infundens illuminare eos possit de ratione ac fide trinitatis. Erst nachher wird die Mittheilung des heiligen Geistes von Or. näher bestimmt, und zwar (§. 4.) dahin: docens majora quam voce proferri possunt etc. ut ita dixerim, quae ineffabilia sunt et quae non licet homini loqui i. e. quae indicari humano sermone non possunt. Rufin hat wieder glücklicher Weise den Widerspruch, der hierin gegen seinen vermuthlichen Zusatz liegt, nicht bemerkt. ↩
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Bedeutende Abweichung vom Texte, eigentlich Paraphrase von Origenes. ↩