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Kirchengeschichte (BKV)
10. Kap. Die schriftlichen Aufzeichnungen des Märtyrers Phileas über die Vorgänge in Alexandrien.
Da wir erwähnten, daß sich Phileas auch durch weltliche Weisheit großen Ruhm erworben, so möge er denn als sein eigener Zeuge auftreten, um kundzutun, wer er selber war, und zugleich über die Martyrien, welche zu seiner Zeit in Alexandrien stattgefunden, einen Bericht zu geben, der genauer ist als der, den wir bieten könnten. Folgendes sind seine Worte:
Aus dem Schreiben des Phileas an die Thmuiten:
„Da alle diese Beispiele und Vorbilder und herrlichen Zeichen in den göttlichen und heiligen Schriften für uns niedergelegt sind, so waren die seligen Märtyrer, die bei uns litten, keinen Augenblick unschlüssig und richteten das Auge der Seele rein empor zu Gott, der da ist über allem, und hielten, entschlossen zum Tode für den Glauben, unerschüttert fest an ihrer Berufung. S. 386 Wußten sie doch, daß unser Herr Jesus Christus unsertwegen Mensch geworden ist, um jegliche Sünden auszurotten und uns die Mittel zum Eingang in das ewige Leben zu verschaffen. Denn ‚nicht hielt er es für Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst, indem er Knechtsgestalt annahm; äußerlich wurde er befunden wie ein Mensch, und er erniedrigte sich bis zum Tode, bis zum Tode am Kreuze’,1 Daher strebten die Märtyrer, die Christus in sich trugen, nach den höheren Gaben2 und ertrugen jede Mühe und alle nur denkbaren Foltern, nicht nur einmal, sondern zum Teil schon ein zweites Mal. Und so eifrig es ihre Wächter mit Drohungen aller Art wider sie hatten, in Worten wie in Taten, sie wichen nicht in ihrem Entschlüsse; denn ‚die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht’.3 Welches Wort könnte genügen, ihren Mut und ihre Standhaftigkeit, die sie bei jeder Marter bewiesen, zu schildern? Da sie jeder, der wollte, nach Willkür mißhandeln durfte, so schlugen die einen mit Stöcken auf sie ein, andere mit Ruten, andere mit Geißeln, andere wiederum mit Riemen und andere mit Stricken. Was man hier an Martern sehen konnte, bot stetig neuen Anblick und offenbarte viel Bosheit. Da wurden die einen, beide Hände auf den Rücken gebunden, am Holze aufgehängt und ihnen durch gewisse Vorrichtungen jedes Glied gestreckt. In dieser Lage zerfleischten sodann die Henkersknechte auf einen Befehl hin den ganzen Körper, nicht bloß die Seiten, wie es bei den Mördern geschieht, sondern auch den Bauch, die Waden und die Backen.4 Andere wurden in der Halle an einer Hand aufgeknüpft und hingen hoch in der Luft, wobei die Dehnung der Gelenke und Glieder Schmerz verursachte, der an Heftigkeit jede Pein übertraf. Andere band man, Gesicht gegen Gesicht, an die Säulen, so daß S. 387 die Füße den Boden nicht berührten und die Bänder zufolge der Schwere des Körpers gewaltsam gestrafft und gespannt wurden. Solche Qual litten sie nicht nur für die Zeit, da der Statthalter mit ihnen verhandelte oder mit ihnen beschäftigt war, sondern fast den ganzen Tag. Denn wenn dieser sich zu anderen begab, ließ er seine Gerichtsdiener bei den ersteren zurück, damit sie darauf achteten, ob nicht etwa einer, von den Martern bezwungen, nachzugeben scheine. Auch befahl er, schonungslos ihnen die Fesseln anzuziehen und sie, wenn sie nach all dem den Geist aufgaben, auf den Boden zu werfen und wegzuschleppen. Denn sie dürften nicht die geringste Rücksicht gegen uns üben, sondern müßten so wider uns denken und handeln, als wären wir keine Menschen mehr. Das war die zweite Prüfung, die die Feinde nach den Schlägen ersonnen. Manche wurden nach den Mißhandlungen noch in den Pflock gelegt, die beiden Füße ausgespannt bis zum vierten Loch. Dabei mußten sie rücklings auf dem Holze liegen, da sie infolge der frischen, von den Schlägen herrührenden Wunden, die den ganzen Körper bedeckten, nicht aufrecht sitzen konnten. Niedergeworfen von dem gemeinsamen Ansturm der Leiden, lagen andere auf der Erde und boten, da sie die mannigfachen und verschiedenen Spuren der gegen sie ausgesonnenen Foltern am Körper trugen, den Zuschauern einen schrecklicheren Anblick, als die Vollstreckung ihn geboten hatte.
Bei dieser Sachlage starben die einen schon unter den Foltern, den Widersacher durch ihren Mut beschämend. Andere wurden halbtot in den Kerker gesperrt, wo sie nach wenigen Tagen ihren Schmerzen erlagen. Die übrigen aber, denen gute Pflege Wiedergenesung schenkte, gewannen durch die Zeit und den Aufenthalt im Gefängnisse an Mut. Als sie so den Befehl erhielten, sich zu entscheiden, ob sie durch Berührung des unheiligen Opfers die fluchwürdige Freiheit und ein ungestörtes Dasein von ihnen erlangen oder nicht opfern und die S. 388 Todesstrafe erleiden wollten, gingen sie ohne Besinnen freudig in den Tod. Denn sie wußten, was durch die heiligen Schriften für uns festgesetzt ist: ‚Wer fremden Göttern opfert’, heißt es, ‚soll vertilgt werden’5 und ‚Du sollst keine fremden Götter neben mir haben’.6 “ Das sind die Worte des Märtyrers, der wahrhaftig Freund der Weisheit und Freund Gottes zugleich war. Er hatte sie vor dem Endurteil, da er noch im Gefängnisse lag, an die Brüder seiner Gemeinde geschrieben, um sie über seine Lage zu unterrichten und sie zugleich zu mahnen, daß sie auch nach seinem Tode, der nun bevorstünde, an der Gottesfurcht in Christus unerschütterlich festhielten.7 Doch was soll ich eine lange Geschichte schreiben und zu den neuen Kämpfen, wie sie die Märtyrer auf der ganzen Erde bestehen, immer wieder neue fügen? Wird doch gegen sie nicht mehr nach dem gemeinen Gesetze, sondern auf dem Kriegswege vorgegangen.
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Phil. 2, 6—8. ↩
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1 Kor. 12, 31. ↩
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1 Job. 4, 18. ↩
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Hier folgen noch die unverständlichen Worte: τοῖς ἀμυτηρίοις ἐκόλαζον. ↩
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Exod. 22. 20. ↩
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Ebd. 20, 3. ↩
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Ein zweiter Brief des Phileas, gleichfalls im Kerker angesichts des Todes geschrieben, ist in lateinischer Übersetzung erhalten (Migne, p, gr. 10, 1565ff.). Er ist an Bischof Melitius von Lykopolis gerichtet. Als Absender werden eingangs vier z. Z. in Kerkerhaft befindliche Bischöfe genannt: nämlich Hesychius, Pachomius, Theodorus und Phileas. Vgl. unten VIII 13. ↩
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The Church History of Eusebius
Chapter X.--The Writings of Phileas the Martyr describing the Occurrences at Alexandria.
1. Since we have mentioned Phileas as having a high reputation for secular learning, let him be his own witness in the following extract, in which he shows us who he was, and at the same time describes more accurately than we can the martyrdoms which occurred in his time at Alexandria: 1
2. "Having before them all these examples and models and noble tokens which are given us in the Divine and Sacred Scriptures, the blessed martyrs who were with us did not hesitate, but directing the eye of the soul in sincerity toward the God over all, and having their mind set upon death for religion, they adhered firmly to their calling. For they understood that our Lord Jesus Christ had become man on our account, that he might cut off all sin and furnish us with the means of entrance into eternal life. For he counted it not a prize to be on an equality with God, but emptied himself taking the form of a servant; and being found in fashion as a man, he humbled himself unto death, even the death of the cross.' 2
3. Wherefore also being zealous for the greater gifts, the Christ-bearing martyrs endured all trials and all kinds of contrivances for torture; not once only, but some also a second time. And although the guards vied with each other in threatening them in all sorts of ways, not in words only, but in actions, they did not give up their resolution; because perfect love casteth out fear.' 3
4. "What words could describe their courage and manliness under every torture? For as liberty to abuse them was given to all that wished, some beat them with clubs, others with rods, others with scourges, yet others with thongs, and others with ropes.
5. And the spectacle of the outrages was varied and exhibited great malignity. For some, with their hands bound behind them, were suspended on the stocks, and every member stretched by certain machines. Then the torturers, as commanded, lacerated with instruments 4 their entire bodies; not only their sides, as in the case of murderers, but also their stomachs and knees and cheeks. Others were raised aloft, suspended from the porch by one hand, and endured the most terrible suffering of all, through the distension of their joints and limbs. Others were bound face to face to pillars, not resting on their feet, but with the weight of their bodies bearing on their bonds and drawing them tightly.
6. And they endured this, not merely as long as the governor talked with them or was at leisure, but through almost the entire day. For when he passed on to others, he left officers under his authority to watch the first, and observe if any of them, overcome by the tortures, appeared to yield. And he commanded to cast them into chains without mercy, and afterwards when they were at the last gasp to throw them to the ground and drag them away.
7. For he said that they were not to have the least concern for us, but were to think and act as if we no longer existed, our enemies having invented this second mode of torture in addition to the stripes.
8. "Some, also, after these outrages, were placed on the stocks, and had both their feet stretched over the four 5 holes, so that they were compelled to lie on their backs on the stocks, being unable to keep themselves up on account of the fresh wounds with which their entire bodies were covered as a result of the scourging. Others were thrown on the ground and lay there under the accumulated infliction of tortures, exhibiting to the spectators a more terrible manifestation of severity, as they bore on their bodies the marks of the various and diverse punishments which had been invented.
9. As this went on, some died under the tortures, shaming the adversary by their constancy. Others half dead were shut up in prison, and suffering with their agonies, they died in a few days; but the rest, recovering under the care which they received, gained confidence by time and their long detention in prison.
10. When therefore they were ordered to choose whether they would be released from molestation by touching the polluted sacrifice, and would receive from them the accursed freedom, or refusing to sacrifice, should be condemned to death, they did not hesitate, but went to death cheerfully. For they knew what had been declared before by the Sacred Scriptures. For it is said, 6 He that sacrificeth to other gods shall be utterly destroyed,' 7 and, Thou shalt have no other gods before me.'" 8
11. Such are the words of the truly philosophical and God-loving martyr, which, before the final sentence, while yet in prison, he addressed to the brethren in his parish, showing them his own circumstances, and at the same time exhorting them to hold fast, even after his approaching death, to the religion of Christ.
12. But why need we dwell upon these things, and continue to add fresh instances of the conflicts of the divine martyrs throughout the world, especially since they were dealt with no longer by common law, but attacked like enemies of war?
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On this epistle, see the previous chapter, note 3. ↩
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Phil. ii. 6-8. ↩
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1 John iv. 18. ↩
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tois amunteriois. The word amunterion means literally a weapon of defense, but the word seems to indicate in the present case some kind of a sharp instrument with claws or hooks. Rufinus translates ungulae, the technical term for an instrument of torture of the kind just described. Valesius remarks, however, that these amunteria seem to have been something more than ungulae, for Hesychius interprets amunterion as xiphos distomon, i.e. a "two-edged sword." ↩
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The majority of the mss., followed by Laemmer and Heinichen, omit tess?ron, "four." The word, however, is found in a few good mss., and is adopted by all the other editors and translators, and seems necessary in the present case. Upon the instrument referred to here, see above, Bk. IV. chap. 16, note 9. It would seem that "four holes" constituted in ordinary cases the extreme limit. But in two cases (Bk. V. chap. 1, §27, and Mart. Pal. chap. 2) we are told of a "fifth hole." It is possible that the instruments varied in respect to the number of the holes, for the way in which the "four" is used here and elsewhere seems to indicate that the extreme of torture is thought of. ↩
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phesi: "He says," or "the Scripture saith." ↩
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Ex. xxii. 20. ↩
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Ex. xx. 3. ↩