33. Kap. Verbot Trajans, den Christen nachzuforschen.
Damals wurden an mehreren Orten so harte Verfolgungen gegen uns verhängt, daß Plinius Sekundus, einer der berühmtesten Statthalter,1 mit Rücksicht auf die große Zahl der Märtyrer an den Kaiser über die Menge derer, welche um des Glaubens willen ihr Leben lassen mußten, berichtete.2 Er teilte hierbei zugleich mit, daß nach seinen Erfahrungen die Christen nichts Gottloses und Gesetzwidriges tun, daß sie nur gleich bei Sonnenaufgang nach dem Erwachen Christus als Gott in Lobliedern verehren, daß sie aber Unzucht, Mord und dergleichen strafbare Verbrechen verabscheuen und in allem gesetzmäßig handeln. Auf diesen Bericht hin verordnete Trajan, man solle das Christenvolk nicht aufspüren, wohl aber gegen dasselbe, wo man es zufällig treffe, mit Strafen einschreiten. Infolge dieser Verordnung ließ die uns so schwer bedrohende Verfolgung S. 144 zwar einigermaßen nach, aber für die, welche uns bedrängen wollten, verblieben nicht weniger Vorwände hierzu. Denn bald stellte uns der Pöbel, bald die Statthalter einzelner Länder nach, so daß, wenn auch die Verfolgung nicht allgemein verordnet war, sie doch vereinzelt in einzelnen Provinzen entbrannte und zahlreiche Gläubige verschiedenartigen Martern ausgesetzt waren. Die Mitteilungen hierüber sind der lateinischen Apologie Tertullians, die wir schon weiter oben erwähnt haben,3 entnommen. Dieselbe berichtet in Übersetzung wie folgt:4 „Wir haben jedoch gefunden, daß es verboten war, uns aufzuspüren. Nachdem nämlich Plinius Sekundus als Statthalter einige Christen verurteilt und ihnen ihre Würden entzogen hatte, erstattete er, da ihn ihre große Menge so sehr beunruhigte, daß er nicht wußte, wie er sich weiterhin zu verhalten habe, dem Kaiser Trajan Bericht und teilte ihm mit, daß er nichts Gottloses an ihnen gefunden habe, außer daß sie sich weigerten, den Götzen zu opfern. Er meldete ihm auch, daß die Christen am frühen Morgen aufstehen, Christus als ihren Gott in Liedern zu verehren, und daß sie, um ihr Sittengesetz zu beobachten, Mord, Ehebruch, Habsucht, Diebstahl und andere Verbrechen dieser Art verbieten. Darauf erwiderte Trajan, man solle das Christenvolk nicht aufspüren, wohl aber gegen dasselbe, wo man es zufällig treffe, mit Strafen einschreiten.“5 Soviel ist hierüber zu berichten.
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Plinius der Jüngere war seit 111 Statthalter in Bithynien. Er starb 114. ↩
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Plinius jun., Epist. X 96 (97) f. (Ausgabe von H. Keil, 1870, S. 307 f.). — A. Körte, „Zu Plinius’ Brief über die Christen“ in Hermes 1928, S. 481—484. ↩
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Vgl. oben II 25 (S. 97); III 20 (S. 125). ↩
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Apol. 2. ↩
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Vgl. K. J. Neumann, „Der römische Staat und die allgemeine Kirche“ I (1890) S. 17 ff.; A. J. Kleffner, „Der Briefwechsel zwischen dem jüngeren Plinius und Kaiser Trajan, die Christen betr.“ (1907); J. Lortz, „Tertullian als Apologet“ II (1928) S. 218 f. ↩