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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Fünfzehnte Homilie. Kap. V, V.1-16.

2.

Es gibt zudem auch viele Abstufungen der Demut. Der eine ist mittelmäßig demütig, der andere in ganz ausnehmender Weise. Diese letztere Art von Demut lobt auch der heilige Prophet, denn er redet nicht von einer Seele, die nur so leichthin demütig ist, sondern von einer solchen, die wirklich große Zerknirschung empfindet. Von diesen sagt er: „Ein Opfer für Gott ist ein zerknirschter Geist; ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz wird Gott nicht verachten“1 . Auch die drei Jünglinge bringen eine solche Gesinnung Gott als großes Opfer dar: „Mit zerknirschter Seele und gedemütigten Geistes mögen wir zu Gnaden angenommen werden“2 . Dieselbe Gesinnung wird denn auch jetzt von Christus selig gepriesen. Kam ja doch das größte Unheil, das den ganzen Erdkreis befleckt hat, vom Stolze her; durch ihn ist ja der Teufel wirklich zum Teufel geworden, der er vorher nicht war. Das gleiche offenbart uns auch Paulus, da er sagt: „Damit nicht3 vom Stolze aufgeblasen der Strafe des Teufels verfällt“4 . Auch der erste Mensch wurde durch solch eitle Hoffnungen vom Teufel stolz gemacht, kam so zu Falle, und ward sterblich. Während er geglaubt hatte, er werde wie Gott werden, verscherzte er auch das, was er schon war. Diesem Stolz hat ihm auch Gott vorgeworfen und hat seine Torheit bloßgestellt mit S. 241den Worten: „Da siehe! Adam ist geworden wie einer von uns“5 . So ist aber noch jeder, der späterhin der Gottlosigkeit verfiel, durch Stolz dahin gekommen, weil er sich Gott gleich wähnte. Da also der Stolz die größte aller Sünden ist und zugleich die Wurzel und Quelle aller Schlechtigkeit, so wollte der Herr für diese Krankheit das rettende Heilmittel bereiten, und hat uns als sicheres, festes Fundament dieses erste Gesetz gegeben. Solange dieses Fundament besteht, kann der Bauherr mit Zuversicht alles andere darauf bauen; wo dieses fehlt, mag einer noch so regelmäßig leben, das ganze Gebäude wird doch leicht zusammenstürzen und ein schlimmes Ende nehmen. Wenn du auch fastest betest, Almosen gibst, keusch lebst und alles erdenkliche Gute tust, ohne Demut wird alles wie Wasser zerrrinnen und zugrunde gehen. So ging es mit dem Pharisäer. Er hatte es6 bis zur höchsten Vollkommenheit gebracht, und doch hatte er alles verloren, als er7 ging, weil er die Mutter aller Tugenden nicht besaß. Wie eben der Hochmut die Quelle allen Übels ist, so ist die Demut der Anfang aller Weisheit. Deshalb macht auch der Herr mit ihr den Anfang, und sucht den Stolz recht gründlich aus den Seelen seiner Zuhörer auszurotten.

Aber warum redet er so zu den Jüngern, die doch schon vollkommen demütig waren? Ihnen fehlte ja doch jeder Anlass zur Selbstüberhebung; sie waren ja nur arme Fischer, ohne Ansehen und ohne Bildung. Nun, wenn es auch nicht gerade den Jüngern galt, so war es doch für diejenigen bestimmt, die damals zugegen waren, und für jene, die späterhin durch die Jünger zum Glauben geführt werden sollten, damit sie dieselben nicht ob ihres niederen Standes erachteten. Aber gleichwohl galt es auch für die Jünger, denn wenn auch nicht schon damals, so sollte ihnen8 wenigstens späterhin nützlich werden, wenn sie einmal Zeichen und Wunder getan hätten, und sowohl in der Welt Ehre und Ansehen genössen, als auch bei Gott in Gnaden stünden. Weder Reichtum noch Macht, selbst nicht S. 242die Königswürde sind so sehr geeignet, zum Stolz zu verleiten, als das, was ihnen zuteil geworden. Indes konnten sie auch schon damals, bevor sie noch Wunder gewirkt hatten, sich leicht zur Eitelkeit verleiten lassen, und beim Anblick der Menschenmenge und der Szene, die ihren Lehrmeister umgab, eine Regung menschlicher Schwäche empfinden. Darum sucht der Herr von vornherein ihren Stolz zu demütigen. Auch bringt er das, was er sagt, nicht in Form einer Ermahnung oder eines Befehles vor, sondern in der einer Seligpreisung, um seine Rede auf diese Weise desto schonender und angenehmer zu gestalten und die Allgemeingültigkeit seiner Lehre darzutun. Er sagte nämlich nicht: dieser und jener, sondern: „Alle, die so handeln, sind selig.“ Also, wenn du auch ein Sklave wärest, oder ein Bettler, arm, fremd und verlassen, nichts kann dich hindern, selig zu sein, wenn du dich nur um die Tugend9 bemühst. Nachdem also der Herr den Anfang mit dem gemacht, was am meisten not tat, geht er zu einem anderen Gebot über, das der allgemeinen Anschauung der Menschen direkt zuwider zu sein scheint. Während nämlich jedermann glaubt, diejenigen beneiden zu sollen, die freudig sind, um jene bemitleiden zu müssen, die niedergeschlagen, arm und traurig sind, preist hingegen der Herr gerade diese und nicht jene glücklich, indem er sagt:

V.5: „Selig sind die Trauernden!“

Und doch hat jedermann mit den Trauernden Mitleid! Aber gerade deshalb hat der Herr zum voraus Wunder gewirkt, damit er mit solchen Vorschriften Gehör fände. Übrigens meint er auch hier wieder nicht solche, die aus irgendeinem Grunde trauern, sondern jene, die über ihre Sünden trauern. Ja, jede andere Art von Trauer ist sogar strenge verpönt, nämlich diejenige, die nur irdischen Motiven entspringt. Das nämlich lehrt uns auch Paulus, wenn er sagt: „Die Trauer der Welt bewirkt den Tod; die Trauer in Gott hingegen bringt Reue hervor zum Heil, das keine Trauer kennt“10 .


  1. Ps 50,19 ↩

  2. Dan 3,39 ↩

  3. der Neuling ↩

  4. 1 Tim 3,6 ↩

  5. Gen 3,22 ↩

  6. in der Beobachtung des Gesetzes ↩

  7. aus dem Tempel ↩

  8. diese Lehre ↩

  9. der Armut im Geiste ↩

  10. 2 Kor 7,10 ↩

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