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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Dreiundzwanzigste Homilie. Kap. VII, V.1-21.

3.

Was also der Herr durch seine Worte uns einprägen wollte, ist dies: Wer selbst unzählige Sünden auf dem Gewissen hat, soll nicht unbarmherzig über die Fehler anderer richten, zumal, wenn es sich nur um Kleinigkeiten handelt. Er wollte nicht verbieten, dass man einem anderen Vorstellungen macht und ihn zu bessern sucht, sondern nur verhindern, dass man die eigenen Fehler vergisst und über fremde herfällt. Das führt eben zu großem Unheil und hat einen doppelten Übelstand im Gefolge. Wer nämlich seine eigenen schweren Sünden vernachlässigt, dagegen rücksichtslos die kleinen und leichten Fehler anderer aufstöbert, der hat sich in zweifacher Weise verfehlt: einmal dadurch, dass er die eigenen Sünden nicht beachtet, dann aber auch S. d314 dadurch, dass er sich allseits Hass und Feindschaft zuzieht und jeden Tag mehr in die äußerste Herz- und Gefühllosigkeit verfällt. Das alles hat also der Herr durch dieses schöne Gebot unmöglich gemacht und hat dann noch ein neues hinzugefügt mit den Worten:

V.6: „Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft die Perlen nicht den Schweinen vor.“

Doch im Folgenden, sagst du, gebot er: „Was ihr mit euren Ohren höret, das predigt auf den Dächern“1 . Indes steht dies gar nicht im Widerspruch mit dem vorausgehenden. Denn auch hier befiehlt er nicht allen, ohne Unterschied zu reden, sondern er will nur, dass diejenigen, die reden müssen, auch mit Freimut reden. Mit dem Ausdruck „Hunde“ bezeichnet er aber hier jene, die in vollendeter Gottlosigkeit leben, und die keine Hoffnung mehr auf eine Änderung zum Besseren bieten. Unter den „Schweinen“ dagegen verstand er jene, die ein ganz unzüchtiges Leben führen; sie alle bezeichnet er als unwürdig einer so erhabenen Lehre. Dasselbe hat uns auch der hl. Paulus kundgetan mit den Worten: „Der sinnliche Mensch hört nicht auf das, was des Geistes ist; denn ihm ist dies Torheit“2 . Auch an anderen Stelle bezeugt er oft, dass ein schlechtes Leben die Ursache sei, weshalb jemand die Lehren der höheren Vollkommenheit nicht annehmen will. Deshalb befiehlt er auch, ihnen die Türen nicht zu öffnen; denn wenn sie einmal eingeweiht sind, so werden sie nur um so verhärteter. Denjenigen, die guten Willen und Einsicht haben, erscheinen die Wahrheiten voll Erhabenheit, wenn sie ihnen geoffenbart werden; den Toren dagegen eher dann, wenn sie ihnen verborgen bleiben. Da ihnen also die Natur das Verständnis für diese Dinge versagt hat, so will der Herr, dass sie ihnen verborgen bleiben, damit sie dieselben, wenn auch nur aus Unwissenheit, in Ehren halten. Auch das Schwein weiß ja nicht, was eine Perle ist; und weil es dies nicht weiß, soll es auch keine zu S. d315 sehen bekommen, damit es nicht etwa zertrete, was es nicht zu schätzen weiß. Der einzige Erfolg davon wäre doch nur der, dass solche Leute noch größeren Schaden davon hätten, wenn sie mit diesen Dingen bekannt gemacht würden. Denn das Heilige wird von ihnen verunehrt, weil sie nicht verstehen, was es ist; und dann werden solche Menschen nur um so übermütiger und feindseliger gegen uns. Das ist nämlich der Sinn der Worte: „damit die dieselben nicht zertreten und sich dann gegen euch wenden und euch zerreißen“. Doch wendet man ein: Dieses Heilige sollte eben so überzeugungskräftig sein, dass es auch dann widersteht, wenn man es kennen gelernt, und dass es den anderen kein Anlass wird, sich gegen uns zu wenden.

Doch daran ist nicht das Heilige schuld, sondern der Umstand, dass jene Schweine sind; wie ja auch die Perlen nicht deshalb mit Füßen getreten werden, weil sie wertlos sind, sondern weil die unter Schweine fielen. Auch sagt der Herr ganz passend: Sie werden sich gegen euch wenden und euch zerreißen. Sie heucheln nämlich solange guten Willen, bis sie die Geheimnisse erfahren haben; ist dies geschehen, so werfen sie die Maske ab und verspotten uns, verhöhnen und verlachen uns und sagen, sie hätten uns hinters Licht geführt. Aus diesem Grunde schrieb auch der hl. Paulus an Timotheus: „Vor ihm hüte auch du dich; denn er setzte unseren Worten großen Widerstand entgegen“3 . Ebenso sagt er an einer anderen Stelle: „Von solchen Menschen wende dich ab“4 , und: „Einen häretischen Menschen meide, nachdem du ihn ein und ein zweites Mal ermahnt hast“5 . Es sind also nicht die Lehren des Herrn, die jenen die Waffen in die Hand geben, sondern ihre eigene Torheit bringt die dazu und macht, dass sie nur noch kecker werden. Es ist deshalb auch kein geringer Nutzen für sie, wenn man sie in ihrer Unwissenheit belässt; denn so werden sie wenigstens die Lehren nicht verachten. Wenn man sie ihnen dagegen mitteilt, S. d316 so ist der Schaden ein doppelter. Denn sie selbst haben nicht nur keinen Nutzen davon, sondern sogar größeren Nachteil, und dir werden sie unendlich viel zu schaffen machen. Das sollen sich jene gesagt sein lassen, die mit allen ohne Unterschied Gemeinschaft pflegen und so das Heilige verächtlich machen. Aus diesem Grunde feiern wir ja die heiligen Geheimnisse bei verschlossenen Türen und weisen die Uneingeweihten zurück, nicht als ob wir glaubten, das, was wir tun, beruhe nicht auf sicherer Grundlage, sondern weil die große Menge noch zu unreif dafür ist, Deshalb hat auch Christus oft in Parabeln zu den Juden gesprochen, weil sie zwar Augen hatten, aber doch nicht sahen6 . Aus dem gleichen Grunde sagte auch der hl. Paulus, man soll wissen, wie man einem jeden antworten muss7 .

V.7: „Bittet und es wird euch gegeben werden; suchet und ihr werdet finden; klopfet an und es wird euch aufgetan werden.“

Da der Herr große und erhabene Dinge vorschrieb, so wollte er auch, dass man über alle Leidenschaften erhaben sein soll. Ja, er führte uns selbst bis zum Himmel hinan und hieß uns danach streben, nicht den Engeln und Erzengeln, sondern dem Herrn des Weltalls selber soweit als möglich ähnlich zu werden. Und zwar sollten seine Jünger dies nicht bloß selber tun, sondern auch andere dazu antreiben, und sollten die Schlechten unterscheiden von denen, die nicht schlecht sind, die Hunde von denen, die keine Hunde sind8 ,damit niemand sagen könne, diese Dinge seien schwer und unerträglich. Später hat ja der hl. Paulus etwas Ähnliches angedeutet, da er fragte: „Wer kann da noch gerettet werden“9 . Und nochmals: „Wenn es so bestellt ist um den Mann, so ist es besser, nicht zu heiraten“10 .


  1. Mt 10,27 ↩

  2. 1 Kor 2,14 ↩

  3. 2 Tim 4,15 ↩

  4. ebd 3,5 ↩

  5. Tit 3,10 ↩

  6. Mt 13,13 ↩

  7. vgl. Tit 1,9 ↩

  8. es gibt eben unter den Menschen vieles, was nicht offenkundig ist ↩

  9. Mt 19,25 ↩

  10. ebd 10 u. Mk 10,26 ↩

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