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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Dreiunddreißigste Homilie. Kap X, V.16-22.

2.

Siehst du da Christi Macht, siehst du seine Gewalt, siehst du seine unbezwingliche Stärke? Der Sinn seiner Worte aber ist der: Seid nicht verzagt, dass ich euch mitten unter die Wölfe sende und euch befehle, wie Lämmer und Tauben zu sein. Ich hätte auch das Gegenteil tun können und nicht erlauben, dass euch etwas Böses widerfahre, euch nicht wie Schafe in die Gewalt von Wölfen fallen lassen, sondern machen können, dass ihr schrecklicher geworden wäret als Löwen. Indes ist es gut für euch, dass es so geht; denn das macht euch nur berühmter und das kündet auch laut meine Macht. So sprach der Herr auch zu Paulus: "Es genügt dir meine Gnade; denn meine Macht wird in der Schwäche vollendet"1 . Ich bin es also, der euch befahl so zu sein. Das ist es ja, was der Herr mit den Worten andeutet: "Ich sende euch wie Schafe." Verlieret darum den Mut nicht. Ich weiß ja recht wohl, dass ihr gerade so für alle unbezwingbar sein werdet. Damit sie aber auch aus sich selbst etwas dazu täten und es nicht den Anschein habe, als habe die Gnade allein alles gemacht, und sie nicht glaubten, ganz umsonst belohnt zu werden, sagt er: "Seid also klug wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben." Und was vermöchte auch unsere eigene Klugheit inmitten so großer Gefahr? Ja, wie können wir denn überhaupt noch Klugheit zeigen, wenn wir von solchen Sturmwellen S. d476 überschüttet werden? Ein Lamm mag noch so klug sein, wenn es mitten unter Wölfen ist und dazu noch unter solchen Wölfen, was kann es da noch ausrichten? Und die Taube mag noch so einfältig sein, was nützt es ihr, wenn sie von so vielen Habichten verfolgt wird? Wenn es sich um unvernünftige Tiere handelt allerdings nichts, bei euch dagegen nützt es gar viel.

Indes sehen wir, welche Art von Klugheit der Herr hier verlangt? Die Klugheit der Schlangen, sagt er. Diese gibt nämlich lieber alles preis; ja, wenn man ihr auch den Leib in Stücke hauen müsste, sie achtet dessen nicht sehr, wenn sie nur den Kopf schützen kann. So musst auch du, will der Herr sagen, außer dem Glauben alles preisgeben und solltest du auch dein Vermögen, deinen Leib, ja dein Leben opfern müssen. Denn der Glaube ist die Krone und Wurzel; wenn er gewahrt wird, dann magst du alles verlieren, du wirst doch alles wieder viel reichlicher gewinnen. Deshalb wollte der Herr nicht, dass man bloß einfältig und schlicht sei, auch nicht bloß klug, vielmehr wollte er beides zugleich, damit es wirklich Tugend sei. Er wollte die Klugheit der Schlange, damit du keine tödliche Wunde empfangest; die Einfalt der Taube, damit ihr den Bösen nicht vergeltet und an euren Feinden keine Rache nehmt: denn ebenso hat die Klugheit keinen Wert, wenn nicht auch diese Tugend2 dazu kommt. Was gibt es da wohl Schwereres als solche Vorschriften? Ist es denn nicht genug, dass man überhaupt Unrecht leiden muss? Durchaus nicht, sagt der Herr; ich will sogar, dass du nicht einmal darüber erzürnest, denn das entspricht der Natur der Taube. Das ist gerade so, wie wenn jemand ein Schilfrohr ins Feuer wirft und wollte, dass es nicht vom Feuer verzehrt würde, sondern das Feuer auslösche. Indes, wir wollen die Fassung nicht verlieren. Denn so ist es wirklich gegangen, so hat es sich erfüllt und durch die Tat bewahrheitet. Die Apostel sind klug geworden wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben, und doch hatten sie keine andere Natur, sondern die gleiche wie wir. Es glaube darum keiner, diese Gebote seien unmöglich zu erfüllen. Der Herr weiß ja besser als irgend jemand, S. d477 was er für Vorschriften gibt. Er weiß, dass Anmaßung nicht durch Anmaßung, sondern durch Sanftmut bezwungen wird.

Wenn du dies aber auch an praktischen Fällen verwirklicht sehen willst, so ließ die Apostelgeschichte. Da wirst du sehen, wie oft das Judenvolk sich im Aufruhr erhoben und mit den Zähnen knirschte, und wie dann die Apostel die Taube nachahmten, mit entsprechender Sanftmut antworteten, ihren Zorn beschwichtigten, ihren Unmut besänftigten, ihr Ungestüm zur Ruhe brachten. Als nämlich die Juden sagten:"Haben wir euch nicht feierlich geboten, nicht mehr in diesem Namen zu reden"3 , da haben sie nichts Herausforderndes gesagt oder getan, obwohl sie tausend Wunder hätten verrichten können, vielmehr haben sie sich voll Sanftmut verteidigt und gesagt: "Richtet selbst, ob es recht ist, euch mehr zu gehorchen als Gott"4 . Erkennst du die Einfalt der Taube? Beachte aber auch die Klugheit der Schlangen: "Denn es liegt nicht in unserer Macht, von dem nicht zu reden, was wir wissen und gehört haben"5 . Siehst du, wie man nach jeder Richtung hin gewappnet sein muss, um weder durch die Gefahr gebeugt, noch vom Zorn erregt zu werden? Deshalb sagt auch der Herr:

V.17: "Hütet euch vor den Menschen; denn sie werden euch den Gerichten überliefern und in den Synagogen euch geißeln,

V.18: und ihr werdet hingeführt werden vor Fürsten und Könige um meinetwillen, zum Zeugnis für sie und die Völker."

Nochmals befiehlt ihnen der Herr, vorsichtig zu sein, und überall weist er sie an, für sich das Böse zu dulden, dagegen das Böse tun den andern zu überlassen. Damit will er zeigen, dass im Leiden der Sieg liegt, und dafür hat er auch einen herrlichen Lohn verheißen. Er sagte nicht: Werdet auch ihr zornig und widerstehet denen, S. d478 die euch Böses tun wollen! Nein, er sagte nur: "Ihr werdet das Äußerste zu erdulden haben."


  1. 2 Kor 12,9 ↩

  2. der Einfalt ↩

  3. Apg 5,28 ↩

  4. ebd 4,19 ↩

  5. ebd 4,20 ↩

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