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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Vierzigste Homilie. Kap. XII, V.9-24.

4.

Erwäge aber außerdem auch noch dies: du fügst nicht demjenigen Schaden zu, gegen den du Neid hegst, nein, du kehrst das Schwert wider dich selbst. Oder, was hat Kain dem Abel geschadet? Hat er ihn nicht ohne es zu wollen, nur um so schneller ins Himmelreich gesandt, sich selbst dagegen in unermeßliches Unglück gestürzt? Welchen Schaden konnte Esau dem Jakob zufügen? Ist nicht der eine reich geworden und ward mit tausend Glücksgütern gesegnet, während der andere selbst sein väterliches Heim verloren und nach jenem Anschlag in der Fremde umherirrte? Und was haben dem Joseph seine Brüder Übles zufügen können, obwohl sie ihm sogar nach dem Leben trachteten? Haben nicht gerade sie Hungersnot leiden und sich den größten Gefahren aussetzen müssen, während Joseph Herr über Ägypten wurde? Je größer dein Neid ist, um so größere Wohltaten verschaffst du dem, gegen den du neidisch bist. Gott wacht eben über all dies; und wenn er sieht, dass demjenigen Unrecht geschieht, der niemandem Böses getan, so erhebt er ihn nur um so mehr und S. d585 verherrlicht ihn dadurch; dich hingegen bestraft er. Denn wenn du schon diejenigen, die sich über das Unglück des Feindes freuen, nicht ungestraft entkommen lässt („denn“, sagt er, „freue dich nicht über den Fall deiner Feinde, damit nicht Gott es sieht und es ihm missfällt“1), dann um so weniger jene, die gegen diejenigen Missgunst hegen, die ihnen nichts zuleide getan. Rotten wir also dieses vielköpfige Ungestüm aus. Es ist nämlich der Neid gar vielgestaltet. Denn wenn man schon nichts vor einem Zöllner voraus hat, solange man nur denjenigen liebt, von dem man geliebt wird, welchen Platz wird dann derjenige einnehmen, der Hass hegt gegen den, der ihm kein Leid zugefügt hat? Wie wird ein solcher der Hölle entrinnen können, da er schlechter geworden ist als Heiden? Darüber empfinde ich denn auch so großen Schmerz, dass wir, die wir die Engel, ja den Herrn der Engel nachahmen sollten, statt dessen es dem Teufel gleichmachen. Auch in der Kirche herrscht ja viel Missgunst und Eifersucht, und zwar noch mehr unter uns2 als bei den Untergebenen. Deshalb müssen wir dies auch uns selbst gesagt sein lassen. Warum denn, sage mir, hegst du Neid gegen deinen Nachbar? Weil du sehen musst, dass er Ehre und Ruhm genießt?

So bedenkst du wohl nicht, welch schlimme Folgen die Ehrenbezeichnungen für jene haben, die nicht auf ihrer Hut sind? Sie verleiten zum Ehrgeiz, zum Stolz, zur Torheit, zur Anmaßung und machen leichtfertig und sorglos; und zu all diesen üblen Folgen kommt noch, dass sie leicht wieder entschwinden; denn das Schlimmste von allem ist dies, dass die schlechten Folgen ewig dauern, die Lust dagegen in einem Augenblick kommt und verschwindet. Und deshalb bist du also neidisch? Allein, sagst du, der andere habe großen Einfluss beim Herrscher, er führt und leitet alles wie er will, seine Gegner verfolgt er, die Schmeichler überhäuft er mit Wohltaten, kurz, er besitzt große Macht. So reden aber nur weltlich gesinnte Leute, die noch am Irdischen haften. Geistig Gesinnte kann ja nichts Schmerz S. d586 bereiten. Oder was kann man einem solchen Böses antun? Er wird seiner Würde verlustig gehen? Und was macht das? Entweder geschieht dies mit Recht und dann erweist man ihm eine Wohltat; nichts erzürnt ja Gott so sehr, als wenn jemand unwürdig das Priesteramt verwaltet; oder es geschieht ihm zu Unrecht, und dann fällt wiederum die Schuld auf den anderen, nicht auf ihn. Wer nämlich unverdienterweise leidet und es willig und mutig trägt, der erlangt dadurch um so größere Gnade bei Gott. Richten wir also unser Streben nicht darauf, wie wir zu Macht und Ehren und Würden gelangen, sondern vielmehr darauf, wie wir ein Leben der Tugend und Frömmigkeit führen können. Ehrenstellen verleiten ja zu manchen Handlungen, die Gott nicht wohlgefällig sind, und es bedarf einer überaus starten Seele, um die Macht in der rechten Weise zu gebrauchen. Wer keine Macht besitzt, der wird wohl oder übel rechtschaffen leben; wer sie aber hat, dem geht es wie einem, der mit einem schönen und wohlgestalteten Mädchen zusammen wohnen sollte, mit dem Befehle, niemals einen unkeuschen Blick auf dasselbe zu werfen. So ist eben die Macht. Sie hat schon viele auch wider ihren Willen zu Freveltaten verleitet, zum Zorn gereizt, ihrer Zunge die Zügel schließen lassen, die Türe des Mundes geöffnet, die Seele wie in einem Sturmwind hin- und hergerüttelt und das Schiff bis in den tiefen Abgrund des Bösen versenkt. Und da sagst du noch, einer, der in solcher Gefahr schwebt, verdiene Bewunderung und sei zu beneiden? Wie töricht ist das! Bedenke dann außerdem, was ich gesagt habe, wie viele Feinde und Ankläger und wie viele Schmeichler einen solchen Machthaber fortwährend umlagern? Das aber soll des Lobpreises Wert sein, sprich? Wer möchte dies wohl behaupten?

Ja, sagst du, er steht aber beim Volke in Ansehen. Und was bedeutet das? Das Volk ist ja doch nicht Gott, dem er Rechenschaft ablegen muss. Wenn du also vom Volke redest, erwähnst du damit nichts anderes als neue Hindernisse, Schwierigkeiten, Gefahren und Klippen. Denn je mehr Ruhm das Ansehen im Volke verschafft, um so größere Gefahren, S. d587 Sorgen und Betrübnisse hat es im Gefolge. Ein solcher kann ja gar nicht mehr aufatmen oder stehen; so hart ist sein Tyrann. Und was sage ich: stehen oder Atem holen? Hätte ein solcher auch tausend Verdienste sich erworben, er würde doch nur schwer ins Himmelreich eingehen. Nichts pflegt ja so sehr dem Untergange zuzutreiben als die Gunst der großen Menge, weil sie die Menschen feige und zu Schmeichlern und Heuchlern macht. Weshalb haben denn die Pharisäer von Christus gesagt, er habe einen Dämon? Nicht etwa deshalb, weil sie um die Gunst der großen Menge buhlten? Und weshalb hat das Volk richtig über ihn geurteilt? Doch wohl deshalb, weil es nicht von dieser Leidenschaft erfasst war? Ja nichts, gar nichts treibt die Menschen so sehr zur Sünde und Torheit als die Sucht, bei der großen Menge in Ansehen zu stehen, nichts hingegen macht sie so angesehen und unabhängig, als wenn man sich hierum nicht kümmert. Es bedarf darum auch eines mehr jugendfrischen Gemütes, will man dieser Leidenschaft widerstehen, die so häufig und gewaltig ist wie der Sturmwind? Denn geht es einem solchen gut, so überhebt er sich überall; erfährt er Widerwärtigkeiten, so wünscht er sich lieber den Tod; dieser Ruhm ist für ihn Hölle und Himmel, sobald er einmal dieser Leidenschaft unterworfen ist.


  1. Spr 24,17-18 ↩

  2. Vorstehern ↩

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