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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Neunundfünfzigste Homilie. Kap. XVIII, V.7-14.

4.

Dass also niemand zum Bösen gezwungen wird, darüber mag dich auch das Folgende belehren. Nachdem der Herr das "Wehe" ausgesprochen, fährt er nämlich fort:

V.8: "Wenn aber deine Hand oder dein Fuß dich ärgert, hau sie ab und wirf sie fort von dir. Denn besser ist es dir, verstümmelt oder lahm ins Leben einzugehen, als zwei Hände oder zwei Füße zu haben und in das ewige Feuer geworfen zu werden.

S. d858

V.9: Und wenn dein Auge dich ärgert, reiß es aus und wirf es fort von dir. Denn es ist dir besser, einäugig in das Leben einzugehen, als zwei Augen zu haben und in den Feuerofen geworfen zu werden."

Mit diesen Worten meint Jesus nicht etwa die eigentlichen Gliedmaßen, sondern die Freunde, die Angehörigen, welche uns ebenso teuer sind wie notwendige Glieder. Dasselbe hatte er schon früher einmal gesagt und wiederholt es jetzt. Es gibt eben nichts so Verderbliches wie bösen Umgang. Denn was oft der Zwang nicht vermag, das bringt die Freundschaft zuwege, sei es zum Schaden, sei es zum Nutzen. Daher sein strenges Gebot, alle zu entfernen, die uns zum Schaden gereichen; er versteht darunter jene, die uns Ärgernis gaben. Siehst du da, wie er den Schaden, der aus den Ärgernissen entspringt, abwehrt? Er sagt voraus, dass auf jeden Fall Ärgernisse kommen werden, damit niemand unvorbereitet davon Betroffen werde, sondern in Behutsamkeit dieselbe gewärtige; er weist darauf hin, dass Ärgernisse ein großes Übel seien1 ; endlich nennt er solche Leute, die Ärgernis geben, mit Nachdruck "unselig". Denn durch die Worte: "Wehe aber jenem Menschen" kündigt er deutlich an, dass die Strafe eine schwere sein werde.

Zu diesen Worten fügt er auch noch ein Gleichnis, um das Fürchterliche der Sache noch mehr hervorzuheben. Auch das ist ihm noch nicht genug; er gibt auch die Art und Weise an, wie man das Ärgernis meiden kann. Und auf welche Weise soll das sein? Mit den Bösen, sagt er, musst du jede Beziehung abbrechen, auch wenn sie deine größten Freunde wären. Der Grund, den er hierfür vorbringt, ist unwiderleglich. Wenn sie deine Freunde bleiben, sagt er, wirst du sie nicht gewinnen und obendrein noch selbst ins Verderben stürzen; wenn du hingegen mit ihnen brichst, wirst du wenigstens dein eigenes Heil sichern. Sobald dir also die Freundschaft mit irgendeinem Menschen zum Schaden gereicht, dann mache der Sache gründlich ein Ende. Wir lassen uns S. d859 ja häufig ein oder das andere Glied wegschneiden, wenn es unheilbar krank ist und den übrigen verderblich geworden ist; wieviel mehr gilt das bei der Freundschaft. Wäre aber das Böse naturnotwendig, dann wäre unsere Mahnung und unser Rat ganz überflüssig; überflüssig wäre es auch, sich vor der erwähnten Gefahr in acht zu nehmen. Ist es aber nicht überflüssig und das ist es wirklich nicht, so erhellt deutlich, dass das Böse seine Quelle im Willen hat.

V.10: "Sehet zu, dass ihr keines von diesen Kleinen verachtet; denn ich sage euch, dass ihre Engel im Himmel immerdar das Angesicht meines Vaters schauen, welcher im Himmel ist."

Unter "Kleinen" versteht der Herr nicht solche, die dem Leibe nach klein sind, sondern jene, die in den Augen der Welt für klein gelten: die Armen, die Verachteten, die Unbekannten. Oder wie sollte derjenige klein sein, der soviel Wert hat als die ganze Welt? Wie sollte klein sein, wer ein Freund Gottes ist? Also jene meint er, welche nach der Ansicht der großen Menge zum niederen Volk gerechnet werden. Er redet so, auch wo es sich nur um einen, nicht schon um mehrere handelt, um auch hierdurch den Schaden hintanzuhalten, der entstünde, wenn viele geärgert würden. Denn wie die Flucht vor dem Bösen, so bringt die Achtung vor dem Guten gar großen Gewinn; und zweifach ist der Vorteil, den einer, der diese Maßregel beobachtet, daraus ziehen kann: erstens, dass er die Freundschaft mit Leuten aufgibt, die ihm zum Ärgernis gereichen, und zweitens, dass er jene, die heiligmäßig leben, achtet und ehrt. Dann aber zeigt der göttliche Heiland, dass diese Kleinen auch noch aus einem anderen Grunde Ehrerbietung verdienen, denn: "Ihre Engel schauen immerdar das Angesicht meines Vaters, der im Himmel ist." Daraus geht klar hervor, dass den Heiligen, ja allen Menschen, Engel zur Seite stehen. Denn auch der Apostel sagt von den Frauen: "Deshalb soll das Weib einen Schleier haben auf dem Haupte, um der Engel willen"2 und Moses schreibt: "Er setzte der Stämme Grenzen S. d860 nach der Zahl der Engel Gottes"3 . An unserer Stelle spricht Christus jedoch nicht bloß von Engeln überhaupt, sonders von besonders hervorragenden Engeln. Durch die Worte: "das Angesicht meines Vaters" meint er nichts anderes als ihre größere Gottesvereinigung und die Fülle ihrer Ehrenauszeichnung.

V.11: "Denn gekommen ist der Sohn des Menschen, um zu retten, was verloren war."

Damit führt er einen neuen Grund an, der noch gewichtiger ist als der vorausgehende, und zeigt durch das nachfolgende Gleichnis, dass dies auch dem Willen des Vaters entspreche.

V.12: "Was dünkt euch? Wenn jemand hundert Schafe hat und es geht eines von ihnen irre, wird er nicht die neunundneunzig zurücklassen und auf die Berge steigen, um das verirrte zu suchen?

V.13: Und wenn er es glücklich wieder findet, so freut er sich über selbes mehr, als über die neunundneunzig, welche nicht irre gegangen sind.

V.14: So ist es auch nicht der Wille eures Vaters, dass eines dieser Kleinen verloren gehe."

Siehst du, wie Christus es sich angelegen sein lässt, uns zur Sorge für unsere ärmeren Brüder aufzumuntern? Sage also nicht in Geringschätzung: das ist ja nur ein Schmied, ein Schuster, ein Bauer, ein Tölpel! Um dich davor zu hüten, beachte, wieviel der Herr tut, um dich zur Bescheidenheit zu bewegen und dir die Sorge für sie ans Herz zu legen. Er stellt ein Kind vor sie hin und sagt: "Werdet wie die Kinder", und: "Wer ein solches Kind aufnimmt, nimmt mich auf", und "wer es ärgert", wird auf das schwerste gestraft werden. Er führt nicht bloß das Beispiel vom Mühlstein an, sondern spricht auch sein "Wehe" aus; er befiehlt uns, von solchen Leuten uns loszusagen, mögen sie uns auch lieb sein wie die Hände oder die Augen. Auch auf die Engel, die eben diesen ärmeren Brüdern beigegeben sind, weist er hin, um uns zur Wertschätzung derselben anzutreiben; S. d861 ebenso bezeichnet er dies als seinen ausdrücklichen Willen, da er ja auch für sie gelitten hat. Wenn er nämlich sagt: "Der Sohn des Menschen ist gekommen zu retten, was verloren war", deutet er offenbar seinen Kreuzestod an, ähnlich wie Paulus von einem Mitbruder schreibt: "Für welchen Christus gestorben ist"4 ; ferner zeigt er, dass es den Vater schmerzt, wenn sie zugrunde gehen; schließlich beruft er sich auf die allgemeine Sitte, dass der Hirte die geretteten Schafe verlässt, um das verlorene zu suchen, und wenn er das verirrte gefunden hat, sich freut, dass er es wohlbehalten wieder hat.


  1. denn er sagt nicht einfach: Wehe der Welt um der Ärgernisse willen, sondern zeigte, dass die Ärgernisse großes Unheil anstiften ↩

  2. 1 Kor 11,10 ↩

  3. Dtn 32,8 ↩

  4. Röm 14,15 ↩

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