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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Zweiundsechzigste Homilie. Kap. XIX, V.1-15.

3.

Um uns zu zeigen, wie sehr diese Sache sie beunruhigte, berichtet Markus erklärend, dass sie abseits zu ihm redeten1 . Was sollen aber die Worte besagen: „Wenn es sich so verhält mit dem Mann und dem Weibe“? Sie bedeuten: Wenn die dazu miteinander verbunden sind, dass sie eins sein sollen, oder: Wenn der Mann sich jedesmal verfehlt und eine Sünde begeht, wenn er das Weib verstößt, dann ist es leichter, gegen die Triebe der Natur und gegen sich selbst zu kämpfen, als gegen ein böses Weib. Wie äußert sich daraufhin S. d899 Christus? Er sagt nicht: Gewiss ist es leichter, handle nur auch so; denn da hätten sie leicht meinen können, es sei geboten, ledig zu bleiben; er fährt vielmehr fort:

V.11: „Nicht alle fassen dieses Wort, sondern die nur, welchen es gegeben ist.“

Damit stellt er die Sache als etwas Großes hin und zeigt, dass es etwas Erhabenes darum ist, um so dazu aufzumuntern und anzuspornen. Beachte aber den Widerspruch. Der Herr bezeichnet die Ehelosigkeit als etwas Großes, die Jünger als etwas Leichtes. Beides musste so sein; er musste die Sache ganz groß hinstellen, um sie dafür einzunehmen; sie mussten dieselbe infolge seiner Worte als das Leichtere bezeichnen, um infolgedessen der Jungfräulichkeit und Enthaltsamkeit den Vorzug zu geben. Denn da es schwierig erscheinen mochte, über die Jungfräulichkeit zu sprechen, so flößte er ihnen das Verlangen darnach ein, indem er auf den Zwang hinwies, welchen das Gesetz der Ehe ihnen auferlegte. Um sodann zu zeigen, dass die Ehelosigkeit möglich sei, fährt er fort:

V.12: „Es gibt Verschnittene, welche vom Mutterleibe an so geboren werden, und es gibt Verschnittene, welche verschnitten worden sind von den Menschen, und es gibt Verschnittene, welche sich selbst verschnitten haben um des Himmelreiches willen.“

Damit leitet er die Jünger unmerklich an zur Wahl der Ehelosigkeit, und weist darauf hin, dass eine solche Tugendhaftigkeit möglich ist, als wollte er sagen: Siehe, wenn du von Natur so beschaffen oder infolge einer Misshandlung so geworden wärest, was könntest du tun? Du wärest des Genusses beraubt, ohne einen Lohn dafür zu erhalten. Danke also Gott, dass du mit der Aussicht auf Lohn und Vergeltung etwas auf dich nehmen kannst, was andere ohne Lohn ertragen müssen. Ja noch mehr, du erträgst es viel leichter, weil dich die Hoffnung stützt und das Bewusstsein, eine Tugend zu üben, und weil infolgedessen auch die Leidenschaft nicht so mächtig schäumt. Das Abschneiden des Gliedes ist ja weniger leicht imstande, die Wogen zu glätten S. d900 und Stille zu schaffen, wie der Zügel der Vernunft; ja nur die Vernunft allein vermag das. Deshalb führt also der göttliche Heiland die Verschnittenen an, weil er die Jünger aufmuntern will. Hätte er dieses Ziel nicht im Auge gehabt, wozu hätte er dann über die Verschnittenen zu reden brauchen? Durch die Worte aber: „Welche sich selbst verschnitten haben“ meint er nicht das wirkliche Abschneiden eines Gliedes, Gott bewahre, sondern das Entfernen der bösen Gedanken. Denn wer sich ein Glied abschneidet, ist dem Fluche verfallen, wie Paulus sagt: „Möchten nur auch abgeschnitten werden die, so euch aufwiegeln“2 . Ganz mit Recht; denn ein solcher verübt die gleiche Tat wie ein Mörder, gibt Anlass, die Schöpfung Gottes herabzuwürdigen, leiht den Manichäern Stoff zu ihren Einwänden und begeht dasselbe Verbrechen wie die Heiden, die sich verstümmeln.

Das Wegschneiden der Glieder war ja von jeher die Folge der Einflüsterung und Anfechtung Satans. Die Teufel wollen eben Gottes Werk herabsetzen, sie wollen sein Geschöpf erniedrigen, sie wollen, dass man alles der natürlichen Beschaffenheit der Glieder, nicht der freien Selbstentscheidung zuschreibe, so dass die meisten ungescheut sündigen, als träfe sie keine Verantwortung dafür. So fügen sie den Geschöpfen einen doppelten Schaden zu: Sie verstümmeln seine Glieder und vermindern den freien Antrieb zum Guten. Solche Grundsätze hat der Teufel aufgestellt und außerdem noch eine andere schlimme Lehre verbreitet, nämlich die vom blinden Schicksal und dem Naturzwang, und hat sich damit den Weg gebahnt, um überall die uns von Gott geschenkte Freiheit zu besudeln und uns einzureden, die Sünde sei etwas ganz Natürliches. Dazu streut er noch viele andere böse Anschauungen aus, wenn auch im Verborgenen. Das ist eben das Eigentümliche am Gifte des Teufels. Deshalb fordere ich euch auf, eine so schändliche Tat3 zu meiden. Zu all dem, was ich gesagt habe, wird ja dadurch auch die Begierde gar nicht gebändigt, sondern nur noch heftiger. Denn der Samen hat seine Quellen ganz wo anders in uns und S. d901 kommt aus anderen Gründen in Wallung. Einige meinen, der Geschlechtstrieb habe seine Quelle im Hirn, andere in den Lenden, einer Ansicht nach aber nur in einem ungezügelten Gemüt und einen ungeregeltem Gedankenleben. Wird das in Schranken gehalten, dann sind die natürlichen Regungen unschädlich. Nachdem er nun von den Verschnittenen gesprochen, welche aber zwecklos und vergeblich verschnitten sind, wenn sie nicht auch in der Seele Enthaltsamkeit üben , wendet sich Jesus wieder zu denjenigen, die um des Himmelreiches willen jungfräulich leben, mit den Worten:

V.12: „Wer es fassen kann, der fasse es.“

So ermutigt er sie einerseits durch den Hinweis auf die Vorzüglichkeit einer solchen Tugendübung, und anderseits schließt er sie wegen seiner unbeschreiblichen Milde doch nicht in die engen Schranken eines Gesetzes ein. Auch sprach er diese Worte erst, nachdem er klar gezeigt hatte, dass es möglich sei, um so ihren freien Willen noch mehr anzuspornen.


  1. Mk 10,10 ↩

  2. Gal 5,12 ↩

  3. der Selbstverstümmelung ↩

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