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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Vierundachzigste Homilie. Kap.XXVI,V.51-66.

4.

Trachten wir also nicht überall darnach, Sieger zu sein. Auch der Habgierige hat über den Beraubten einen Sieg davongetragen, aber einen schändlichen Sieg, der für den Sieger selbst verderblich ist. Der Benachteiligte und scheinbar Besiegte aber hat durch sein tugendhaftes Ertragen den herrlichsten Lorbeer verdient. Oft ist eben das Unterliegen die beste und schönste Art des Sieges. Mag einer immerhin habgierig oder gewalttätig oder neidisch sein, der andere, der nachgibt und sich in keinen Streit einlässt, behält doch die Oberhand. Wozu aber von Habgier und Neid reden? Auch wer zum Martertod geschleppt wird, bleibt Sieger, trotzdem er gefesselt, gegeißelt, zerschlagen und hingeschlachtet wird. Was im Kriege als Niederlage gilt, wenn nämlich der Kämpfer fällt, das gilt bei uns als Sieg. Unser Sieg besteht nicht darin, dass wir jemandem Gewalt an tun, sondern darin, dass wir Gewalt erleiden. Dann ist der Sieg um so glänzender, wenn wir durch Geduld die Übeltäter überwinden. Daraus geht nämlich hervor, dass der Sieg von Gott kommt. Ein solcher1 Sieg ist ja auch ganz anders beschaffen als ein äußerlicher; darin liegt ein Beweis besonderer Kraft. So brechen die Klippen im Meer die brandenden Wogen, so sind alle Heiligen gefeiert und gekrönt worden und haben sich durch einen solchen Sieg ohne Kampf die herrlichsten Lorbeeren errungen. Du darfst dich gar nicht beunruhigen, dass du etwa erlahmest; Gott verleiht dir Kraft, dass du, ohne zu kämpfen, durch bloßes Dulden Sieger wirst. Du brauchst keine ebenbürtige Streitmacht aufzubringen und du siegst doch; du brauchst nicht handgemein zu werden und wirst dennoch gekrönt. Du bist weit besser daran als der Gegner, du bist ihm überlegen. Warum wolltest du dich selbst herabsetzen? Lasse es doch nicht zu, dass er behaupte, du habest ihn durch Kampf überwältigt; er soll vielmehr staunen und sich wundern, dass du ohne Kampf so stark bist, er soll es allen sagen, dass du auch ohne Gefecht Sieger geblieben bist. S. d1201 Darin liegt ja auch der Ruhm des seligen Joseph, dass er stets durch ruhiges Hinnehmen von Bösem die Übeltäter überwand. Seine eigenen Brüder und die Ägypterin gehörten zu seinen Feinden; allein über alle blieb er Sieger. Rede mir nicht davon, dass er im Kerker schmachtete, während das Weib im Palaste lebte; zeige mir vielmehr, wer der Besiegte war, wer der Unterlegene, wer der Verzagte, wer der Glückliche? Weit entfernt, dass das Weib den Gerechten besiegt hätte, sie vermochte nicht einmal ihre eigene Leidenschaft zu überwinden, während Joseph das Weib und die böse Lust überwand. Du kannst auch die Worte selbst hören und du wirst sehen, wie er siegte. „Du hast einen Hebräer hergebracht zu uns, um Mutwillen zu verüben an uns“2 . Nicht er hat sein Spiel mit dir getrieben, elendes, beklagenswertes Weib, sondern der Teufel, der dir einflüstert, du könntest den Stahl brechen. Nicht er hat einen Hebräerknecht zu dir gebracht, der dir nachstellt, sondern der böse Feind hat die unreine Lust in dir entfacht; der hat dich zum besten gehalten. Wie antwortete da Joseph? Er schweigt und wird deshalb verurteilt, ganz wie Christus. Er war ja auch das Vorbild von allem, was hier mit Christus vorging. Er war im Kerker, das Weib im Palaste. Was hast du zu sagen? Er war, obschon in Fesseln geschlagen, doch ausgezeichneter als jeder Sieggekrönte, das Weib war elender daran, als jeder Gefangene, trotzdem sie in königlichen Gemächern wohnte.

Nicht bloß diese Umstände zeigen den Sieg des einen und die Niederlage der anderen, sondern auch der Ausgang der Geschichte. Wer von beiden hat seine Absicht erreicht? Der Gefangene, nicht die vornehme Frau. Er wollte die Ehrbarkeit bewahren, sie wollte sie ihm entreißen. Wer hat seinen Willen durchgesetzt? Er, der Böses erfuhr, oder sie, die Böses tat? Offen bar er. Somit ist auch er Sieger geblieben. In dieser Überzeugung wollen wir alle nach dem Siege streben, der errungen wird, wenn man Böses erduldet, jenen aber meiden, den man dadurch gewinnt S. d1202 wenn man Böses tut. Dann werden wir auch das irdische Leben in tiefstem Frieden und in Ruhe zubringen und einst die ewige Herrlichkeit erlangen durch die Gnade und Güte unseres Herrn Jesus Christus, dem Ehre und Macht gebührt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!


  1. innerlicher ↩

  2. Gen 39,17 ↩

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Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

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