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Works John Chrysostom (344-407) Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)
Sechste Homilie.

7.

Christliche Wittfrau! Nie und nimmer sollst du solcherlei Gedanken dich hingeben, sondern du sollst dich hinaufschwingen im Geiste in das Reich des Himmels, sollst dir vergegenwärtigen den Palast Gottes, und dann dich fragen, ob alle Fürsten der Erde sich mit größerem Glanze umgeben können, als dein Sohn einst besitzen wird dort oben! Dieß betrachte und dann seufze! Ja, alle erdenkliche irdische Pracht ist kaum nennenswerth, und wenn du willst, so kann dein Sohn dereinst im himmlischen Heere dienen, kann eintreten in die Heerscharen des himmlischen Königs.

Diese Streiter werden nicht von Rossen, sondern von Wolken getragen, sie wandeln nicht auf irdischem Boden, S. 643 nein, himmelwärts nur lenken sie ihre Bahn. Vor ihnen her wandeln zwar keine Diener, wohl aber die Engel selbst. Sie dienen nicht einem irdischen Könige, sondern einem unsterblichen, nämlich dem König der Könige, dem Herrscher der Herrschenden. Ihre Lenden sind nicht umgürtet mit einem ledernen Gürtel, sondern mit einer Herrlichkeit, wodurch sie alle Könige und alle Menschen, die je mit Ehre und Ruhm gekrönt waren, weit überstrahlen. Denn in dem himmlischen Reiche wird nicht nach Reichthum und Vornehmheit, nicht nach sonst einem irdischen Vorzug gefragt, sondern einzig und allein nach der Tugend. Bringt dein Sohn diese mit, so bedarf er sonst keiner Empfehlung, um sich zu den höchsten Stellen emporzuschwingen.

Welches Erdenleid kann dem Menschen drückend erscheinen, wenn er nur christlich denken will? Richte deinen Blick empor zum Himmel und betrachte, um wie viel herrlicher das Firmament ist, als all’ die stolz gewölbten Königspaläste! Und wenn nun schon dieser Fußboden des Himmelspalastes alles Irdische so sehr an Pracht übertrifft, daß es dagegen wie Staub erscheint, wie glücklich muß uns nicht das Menschenkind erscheinen, das gewürdigt wird, das Himmelreich in seiner ganzen Herrlichkeit zu schauen!

„Die wahrhafte Wittwe aber, die verlassen ist,“ sagt der Apostel, „hofft auf Gott.“1 Auf wen beziehen sich diese Worte? Sie beziehen sich auf diejenigen Wittwen, welche Kinder haben, weil sie bewährter sind, weil sie mehr Gelegenheit haben, sich Gott wohlgefälliger zumachen, weil sie von allen Fesseln frei sind, weil Niemand ihnen hinderlich ist, Niemand sie zwingt, ihre alten Ketten wieder zu schleppen. Von dem Manne ist sie getrennt, geeint aber S. 644 ihrem Gotte. Ihr Lebensgefährte ist nicht ein Mitknecht, sondern ihr Herr. Und wenn sie betet, redet sie da nicht mit Gott? Und wenn sie liest, redet dann Gott nicht mit ihr? Und was redet er mit ihr? Spricht er nicht weit köstlichere Worte, als der Ehegatte? Denn wenn dein Gatte auch noch so freundlich mit dir spricht, was liegt darin für eine besonders große Ehre? Denn er ist ja ein Knecht Gottes, steht auf gleicher Stufe, wie du. Läßt sich der Herr aber huldreich zur Dienerin herab, so ist das gar großem Huld und Güte. In welcher Weise ist Gott gütig und huldreich gegen uns? Vernimm seine liebreichen Worte: „Kommet zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken!“2 Und durch den Mund des Propheten ruft er uns zu: „Kann denn ein Weib ihres Kindes vergessen, daß sie sich nicht erbarmte des Sohnes ihres Leibes? Und wenn sie es vergäße, so wollte doch ich dich nicht vergessen!3 So spricht der Herr.“ Welche Füllen der Liebe gibt sich kund in diesen Worten! Und wiederum sagt er: „Wendet euch zu mir!“4 und abermals: „Wendet euch zu mir, so werdet ihr gerettet!“5 Wollte man aber Stellen aus dem hohen Liede auslesen, besonders mit Rückficht auf die mystischen Bezeichnungen, so würden wir Gott zu jeder ihm wohlgefälligen Seele sprechen hören: „Du, meine Schöne, meine Taube!“6 Was klinge süßer als diese Worte?

Siehst du, wie Gott mit den Menschen redet? Siehst du aber auch, wie viele von jenen heiligen Frauen ihre Söhne durch den Tod verloren haben? Denkst du auch an Jene, welche ein noch schlimmeres Loos getroffen hat, da sie Gatten und Söhne zugleich verloren? Darauf wollen wir unsern Blick lenken, darüber nachdenken, dann werden wir nicht in Trübsal leben ; wir werden hienieden S. 645 allzeit in der Freude des heiligen Geistes leben und dereinst die ewigen Güter erlangen, deren wir alle theilhaftig werden mögen durch die Gnade und Liebe unsers Herrn Jesu Christi, welchem mit dem Vater und dem heiligen Geiste Ruhm sei und Macht und Ehre jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit! Amen.

S. 646


  1. I. Tim. 5, 5. ↩

  2. Matth. 11, 28. ↩

  3. Is. 49, 15. ↩

  4. Ebd. 44, 22. ↩

  5. Ebd. 45, 22. ↩

  6. Hoh. Lied 2, 10. ↩

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Commentaire sur la première épitre aux Thessaloniciens Compare
Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)

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