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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Siebente Homilie.

III.

7. Für welches ich bestimmt wurde als Herold und Apostel, — ich sage die Wahrheit und lüge nicht, — als Lehrer der Heiden im Glauben und in der Wahrheit.

Nachdem also Christus für die Heiden gelitten hat, und ich als Lehrer der Heiden eigens berufen worden bin, warum betest du nicht für sie? Treffend sagt hier der Apostel, um seine Glaubwürdigkeit zu beweisen: „Ich bin als Herold aufgestellt“ (ἐτέθην), d. h. „eigens berufen“ (ἀφωρίσθην). Denn in diesem Punkte waren die übrigen Apostel sehr lässig.1 Dann fährt er fort: „Als Lehrer der Heiden im Glauben und in der Wahrheit.“ Also wiederum „im Glauben“. Aber damit man beim Vernehmen des Wortes „Glauben“ nicht wähne, daß es sich um eine Täuschung handle, sagt der Apostel: „Und in der Wahrheit.“ Wo Wahrheit ist, gibt es keine Täuschung.

Siehst du, welche Ausdehnung die göttliche Gnade angenommen hat? Deßhalb sagt der Apostel, er sei eigens S. 93 berufen zum Lehrer der Heiden, um anzudeuten, daß der Strom der göttlichen Gnade sich über die ganze Erde ergießt. „Der sich hingegeben hat als Lösegeld“ heißt es. Wie kann man nun sagen, daß er vom Vater hingegeben wurde? In dem Sinne, daß die Barmherzigkeit des Vaters daran schuld war. „Als Lösegeld“ (ἀντίλυτρον) was will Das sagen? Der Vater stand im Begriffe, die Menschheit zu strafen. Er hat es nicht gethan. Sie sollte zu Grunde gehen. Er hat seinen Sohn für sie hingegeben und uns als Herolde geschickt, um das Kreuz zu predigen.

Diese Thatsache ist dazu angethan, um alle Menschenherzen zu rühren und einen Beweis zu geben für die Liebe, die Christus für uns hegt. Denn wahrhaftig, groß und unaussprechlich ist, was Gott an uns gethan. Er hat sich geopfert für seine Feinde, für Wesen, die ihn haßten, die sich von ihm abwendeten. Was man sonst nicht einmal für Freunde, Kinder, Geschwisterte thut, Das hat der Herr gethan für seine Sklaven, und ein Herr von anderer Natur, als es die Sklaven sind; als Gott hat er es gethan für Menschen, und zwar für Menschen von nicht lobenswerther Art. Wären sie lobenswerth und gut geartet gewesen, so wäre die Sache nicht so gar ausfallend. Nun aber liegt darin das ganz Unbegreifliche, daß Christus für so undankbare und verworfene Menschen gestorben ist. Was von Menschen gegen Mitmenschen nicht geschieht, Das geschah von Gott gegen uns. Und obwohl wir solche Beweise von Liebe erfahren, thun wir spröde und lieben Christum nicht. Er hat sich für uns hingeopfert; wir aber gehen an ihm vorüber, wenn er des täglichen Brodes entbehrt, wir schauen ihn gar nicht an, wenn er krank ist und nackt. Welches Maß des göttlichen Zornes verdient ein solches Benehmen, welches Maß der Strafe, welchen Grad der Hölle! Wenn gar nichts Anderes, wäre nicht die Thatsache allein, daß er menschliches Elend zu seinem eigenen macht, daß er sagt: „Ich hungere und dürste,“ geeignet, alle Herzen zu gewinnen? Aber, aber. O dieser Tyrann, das S. 94 Geld! Oder vielmehr diese Erbärmlichkeit der Menschen, die sich ihm als Sklaven verschrieben haben! Nicht das Geld an und für sich besitzt eine große Kraft, sondern wir sind gar so verworfen und sklavisch, wir sind so gemein und irdisch gesinnt, wir sind so fleischlich und thöricht. Das Geld selber hat keine große Gewalt. Was vermag es denn, sag’ doch? Es ist todt und empfindungslos. Wenn der Teufel ein Nichts ist, der frevelhafte Dämon, der doch so böse ist und Alles durch einander bringt, was sollte das Geld für eine Gewalt haben? Wenn du Silber siehst, bilde dir ein, es sei Zinn! Du kannst Das nicht? Gut, so bilde dir ein, was wirklich der Fall ist, es sei ein Klumpen Erde! Denn Erde ist es in der That. Aber auch zu dieser Vorstellung kannst du dich nicht verstehen! Nun so beherzige, daß wir (durch das Geld) zu Grunde gehen, daß gar Viele von den besitzenden Leuten so viel wie gar keinen Profit von ihrem Gelde gehabt haben, daß Tausende, die auf ihr Geld pochten, Asche und Staub geworden sind, daß sie jetzt die härteste Strafe erdulden und viel armseliger sind als Leute, die zwischen Scherben und Schmutz lebten,2 und daß die Leute, die auf elfenbeinernen Ruhebetten liegen, oft elender daran sind als der Arme in seinem Schmutze.

Aber das Geld erfreut durch seinen Anblick? Nun, vieles Andere gewährt einen schöneren Anblick als das Geld. Der Blumenflor, der klare Luftraum, das Himmelsgewölbe, die Sonne erfreut das Auge viel mehr. Das Metall hat sogar vielen Rost an sich, weßhalb Viele es sogar für schwarz erklärt haben. Man sieht Das deutlich an dem geschwärzten S. 95 Gepräge der Münzen. An der Sonne aber, im Himmelsraum, an den Sternen sieht man keine schwarzen Flecken. Die schimmernde Pracht dieser Dinge gewährt einen ganz andern Genuß als die Farbe des Metalles. Also nicht der Metallglanz ist es, der am Gelde entrückt, sondern die gesättigte Habgier, die Sünde. Das erquickt das Herz, nicht das Silber. Verbanne diese Gesinnung aus deinem Herzen, dann wirst du gleich sehen, daß dieses kostbare Ding werthloser ist als ein Lehmklumpen! Verbanne die Leidenschaft! Auch die Fieberkranken lechzen, wenn sie schmutzige Jauche sehen, darnach wie nach frischem Quellwasser; die Gesunden aber im normalen Zustande verlangen oft gar kein Wasser. Verbanne diese Krankheit, und du wirst die Dinge ansehen, wie sie sind! Und damit du wissest, daß ich nicht die Unwahrheit sage, so sage ich dir, ich kann gar viele Beispiele anführen von Solchen, die es so gemacht haben. Ersticke das Feuer der Habgier, und du wirst finden, daß das Geld viel werthloser ist als die Blumen! Etwas Schönes ist es um das Gold? Allerdings, als Almosen, als Unterstützung für die Armen ist es etwas Schönes, aber nicht, wenn es unvernünftig verwendet wird, nicht, wenn es im Kasten versteckt, im Boden vergraben liegt, nicht, wenn es als Schmuck an Händen, Füßen und Köpfen glänzt. Deßhalb ist es erschaffen, nicht damit wir das Ebenbild Gottes damit in Fesseln schlagen, sondern damit wir Gefangene damit aus den Fesseln befreien. Zu solchem Zwecke verwende das Gold! Befreie den Gefangenen von seinen Ketten, aber schlage nicht die freie Seele in Ketten! Warum schätzest du diesen Tand höher denn Alles, wie? Bildet es etwa, weil es Gold ist, keine Fessel mehr? Kommt es bei einer Fessel auf das Material an? Ob Gold, ob Eisen, Das ist ganz gleich. Im Gegentheil, die goldene Kette ist noch schwerer als die eiserne. Aber was gibt dem Ding ein so geringes Gewicht? Die eitle Prahlerei, das Vergnügen des Weibes, vor aller Augen ihre goldenen Fesseln zu tragen, worüber sie vielmehr sich schämen sollte. Wenn du dich überzeugen willst, daß ich Recht habe, lege S. 96 ihr diese Goldketten um und führe sie in die Einöde hinaus, wo Niemand sie sieht, und sie wird dieselben sofort als Last fühlen und beschwerlich finden. Fürchten wir uns, Geliebte, wir möchten einst jene fürchterlichen Worte hören: „Bindet sie an Händen und Füßen!“3 Warum thust du, o Weib, Dieß schon an dir selber? Kein Gefangener wird an Händen und Füßen zugleich gefesselt. Warum legst du dir sogar eine Fessel um den Kopf? Hast du an Händen und Füßen nicht genug? Warum windest du auch um den Nacken noch hundert Ketten? Von den Sorgen, die daran hängen, rede ich gar nicht: von der Angst, der Beklommenheit der Frau, von dem Kampf mit dem Manne, wenn sie einmal solche Dinge braucht, von dem Todesschrecken, den sie hat, wenn einmal Etwas davon verloren geht. Ist Das ein Vergnügen, wie? Um die Augen Anderer zu ergötzen, beschwerst du dich mit Fesseln, mit Sorgen, mit Gefahren, mit täglichen Unannehmlichkeiten und Zankereien? Verdient Das nicht die schärfste Verdammung und Verurtheilung? Nein, ich beschwöre euch, thun wir nicht also! Lösen wir vielmehr alle ungerechten Bande! Theilen wir unser Brod mit dem Armen! Thun wir Alles, was uns Ansehen bei Gott zu erwerben vermag, damit wir der verheissenen Seligkeit theilhaftig werden in Christus Jesus, unserm Herrn, mit welchem dem Vater und dem heiligen Geiste sei Ruhm, Herrschaft und Ehre jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.

S. 97


  1. Nämlich im Punkte der Heidenbekehrung. Die Stelle lautet: Πάνυ γὰρ ἐνάρκων πρὸς τοῦτο οἱ ἀπόστολοι. Der Ausdruck ist sehr stark. Ναρκᾶν heißt „lahm, steif sein“. ↩

  2. Τῶν ἐν ὀστράκῳ καὶ ὑέλῳ διαιτηθέντων. Lorenzi : „Welche aus Glas und Scherben gehen.“ Ich glaube, daß ὕελος (=ὕαλος) nicht wie gewöhnlich „Glas“ bedeutet, sondern daß diese Stelle ein Beweis ist für die von Hesychius aufgestellte Deutung: ὕελος = βόρβορος „Schmutz“, quod vocabulum ex ὕω derivari potest, quoniam sc. Pluviis coenosiores fiunt vitae. Stephanus, thes. I. gr. VIII, 7. ↩

  3. Matth. 22, 13. ↩

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Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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