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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Dreizehnte Homilie.

III.

Nachdem viele Frauen, die Kinder haben, im Wittwenstande verbleiben, nicht um den Lebensgenuß sich zu versa- S. 166 gen, sondern um ihm nur noch mehr zu fröhnen, um Alles ungenierter zu treiben und sich den sinnlichen Lüsten ungebundener hinzugeben, deßhalb sagt der Apostel: „Die üppige ist bei lebendigem Leibe todt.“ Wie? Die verwittwete Frau darf sich keinen Genuß gestatten? Nein, lautet die Antwort. Wenn nun der Lebensgenuß selbst bei jungen und ihrer Natur nach schwachen Frauen nicht nothwendig ist, sondern wenn er den Tod verursacht, den ewigen Tod, was soll man dann von den Männern sagen, welche üppig leben? Treffend heißt es: „Die üppige ist lebendig todt.“ Damit du aber die Sache verstehst, wollen wir sehen, in welcher Weise die Lebendigen und in welcher die Todten thätig sind, und wohin wir dann eine solche Wittwe zu stellen haben.

Die Lebendigen üben Werke des Lebens, des zukünftigen, des wahren Lebens. Was es aber um das zukünftige Leben ist, dem wir unsere ganze Zeit widmen sollen, darüber höre das Wort Christi: „Kommet her, empfanget das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. Ich hatte Hunger, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich hatte Durst, und ihr habt mich getränkt.“1 Die Lebenden unterscheiden sich nicht dadurch von den Todten, daß sie das Sonnenlicht schauen und die Luft athmen, — nein, nicht dadurch, sondern dadurch, daß sie gute Werke thun. Kommt Das nicht hinzu, dann haben sie vor Leichnamen Nichts voraus. Und damit du Das begreifst, so höre, wie es möglich ist, daß auch ein Todter noch lebt. „Gott,“ heißt es, „ist nicht ein Gott der Todten, sondern der Lebendigen.“2 Aber Das ist ja ein neues Räthsel, sagt man. Nun, wir wollen beide lösen.

Es ist Jemand lebendig todt, wenn er in Üppigkeit dahinlebt. Wie so? Er lebt nur mit dem Bauch, mit den S. 167 andern Sinnen aber keineswegs; z. B. er sieht nicht, was man sehen soll, er hört nicht, was man hören soll, er spricht nichts was man sprechen soll, kurz, er entwickelt nicht die Thätigkeit eines Lebendigen, sondern wie Jener, der auf’s Lager hingestreckt ist, die Augen geschlossen und den Blick verhüllt hat und Nichts wahrnimmt von der Wirklichkeit, so ist’s auch bei dem Andern oder vielmehr nicht so, sondern noch viel schlimmer. Jener verhält sich gegen Gutes und Böses gleich unempfindlich; Dieser aber ist nur für das Letztere empfänglich, für das Böse nämlich, für das Gute aber hat er keinen Sinn gleich dem todt Hingestreckten. So ist er also todt. Nichts macht mehr einen Eindruck auf ihn von dem zukünftigen Leben, sondern wie in eine finstere und dunkle Vertiefung, wie in eine Höhle voll Unsauberkeit nimmt ihn das Laster der Trunksucht an seinen Busen und läßt ihn ganz im Finstern dahinleben gleich den Gestorbenen. Wenn er nämlich den ganzen Tag theils mit Essen theils mit Trinken zubringt, lebt er nicht in Finsterniß, ist er nicht todt? Und selbst am frühen Morgen, wo man ihn nüchtern glauben möchte, ist er es wirklich, da er den Wein von gestern noch im Magen und nicht verdaut hat und schon wieder nach weiterem dürstet; den Vor- und Nachmittag bringt er mit Schmausereien hin, die ganze Nacht und den größten Theil des Morgens in tiefem Schlafe. Sage, werden wir einen solchen Menschen zu den Lebendigen rechnen? Wer vermöchte das schwarze Sturmgewölk zu schildern, das von der Völlerei aufsteigend den Körper und die Seele überzieht? Gerade wie eine zusammenhängende und langgestreckte Wolkendecke den Sonnenstrahl nicht durchdringen läßt, so lassen sich die Weindünste auf dem Gehirn nieder gleich Nebeln auf der Klippe und bilden dort eine dicke Wolke; sie lassen das Licht der Vernunft sich nicht verbreiten und hüllen den Trunkenbold in eine mondlose Nacht ein. Was für ein Sturm, was für ein Lärm muß in dem Innern eines solchen Menschen toben! Gleichwie wir beim Eintritt einer Überschwemmung, wenn das die Schwellen der Werkstätten überfluthet, die Be- S. 168 wohner in beständige Unruhe gerathen sehen, wie sie sich nach Fässern, Krugen, Schwämmen und vielen anderen Dingen umsehen, um das Wasser auszuschöpfen, damit es nicht den Boden durchfrißt und allen Hausrath unbrauchbar macht, so geht es auch in der Seele zu, wenn sie durch Unmäßigkeit überschwemmt wird. Die Geister der Vernunft fahren herum, ausser Stande, die bereits hereingebrochene Fluth zu entfernen, und indem sie immer höher steigt, entsteht ein gewaltiger Sturm. Schaue mir nicht auf das heitere und lachende Gesicht, sondern betrachte das Innere, und du wirst es voll sehen vom Gefühl des Elends! Und wäre es möglich, die Seele aus dem Körper herauszunehmen und sie mit leiblichen Augen zu betrachten, du würdest sehen, wie niedergeschlagen, traurig, verstimmt und elend die Seele eines solchen Wüstlings ist. Denn je mehr der Körper zunimmt, desto magerer und elender wird die Seele. Je mehr man den Körper nährt, desto mehr wird die Seele beschwert.3 Und gleichwie bei der Pupille, wenn man ein Tuch darüberlegt, keine Thätigkeit der Sehkraft und keine Beobachtung möglich ist, indem der Lichtstrahl von der dichten Hülle abprallt, und wie dann oft Finsterniß entsteht: so ist es auch, wenn der Körper sich fortwährend mästet und von einer dicken Fettschichte umhüllt wird.

Aber die Todten verfaulen, sagt man, und verwesen, und eine Masse Jauche rinnt von ihnen weg. So kann man es auch bei der Unmäßigkeit beobachten: diese Flüssigkeiten, Schleim und Rotz, das Schluchzen, Speien und Rülpsen. Das Andere, das gar unanständig wäre, übergehe ich; denn die Völlerei ist ein solcher Tyrann, daß er S. 169 seinen Sklaven Dinge zumuthet, die man nicht einmal sagen darf.


  1. Matth. 25, 34. ↩

  2. Ebend. 22, 32. ↩

  3. Ὅσῳ ἄν ἐκεῖνο θάλπεται, τοσοῦτο μᾶλλον αὕτη θάπτεται. ↩

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Commentaire sur la première épitre à Timothée Compare
Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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