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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad hebraeos argumentum et homiliae 1-34 Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Dreiundzwanzigste Homilie.

IV.

Großes hat der Teufel im Plane; in stolzem Übermuthe freut er sich; beschämt und niedergeschlagen sind alle unsere Schutzengel. Niemand will sich bekehren; vergebens haben wir Alles gethan; wir selbst werden für albern gehalten. Jetzt ist es an der Zeit, den Himmel anzurufen, weil Niemand hört, und die Elemente zu Zeugen zu nehmen: „Höret, ihr Himmel, und nimm es zu Ohren, o Erde, denn der Herr redet.“1 Gebet die Hand, ihr, die ihr noch nicht in den Fluthen vergraben lieget; reichet sie Denen dar, welche in der Trunkenheit untergegangen sind: die Gesunden den Kranken, die Weisen den Rasenden, die Feststehenden Denen, die hin- und hergeworfen werden! Niemand, ich bitte, habe um der Rettung des Freundes willen irgend welche Rücksicht, und Vorwurf und Tadel sollen nur auf Eines hinzielen, nämlich auf dessen Nutzen! Ist das Fieber eingetreten, dann sind die Knechte Herren über ihre Gebieter; denn wenn jenes brennt und die Seele verwirrt, und der Schwarm der Sklaven dasteht, nimmt Keiner auf die Hausgesetze Rücksicht, wenn der Herr dadurch zu Grunde ginge. Kehren wir um, ich bitte euch. Beständige Kriege, Schiffbrüche, unzählige Unglücksfälle ringsum und der Zorn Gottes umdrängen uns von allen Seiten. Wir aber leben in solcher Sicherheit, als wären wir Lieblinge (Gottes). Alle aber halten wir die Hände bereit, um zu übervortheilen, Keiner um zu helfen; Alle zum Raube, Keiner zum Schutze; ein Jeder ist voll Eifer, seinen Besitz zu vermehren, Keiner, S. 352 dem Bedürftigen Hilfe zu bringen; ein Jeder hat große Sorge, wie er zu seinem Gelde neues gewinne, Keiner, wie er seine eigene Seele rette. Eine Furcht erfüllt Alle: O daß wir doch nicht arm werden! Daß wir aber nicht in die Hölle stürzen, darüber hat Niemand Angst noch Schrecken. Das ist der Thränen werth, Das verdient Vorwurf und Tadel. Ich habe aber diese Worte nicht sagen wollen, allein der Schmerz hat mich überwältigt, verzeihet mir. Von der Betrübniß überwältigt habe ich Vieles gesagt, was ich nicht sagen wollte. Ich erkenne es: das Unglück ist groß, die Niederlage ist trostlos, die Übel, die uns befallen haben, sind zu groß, als daß Trost möglich wäre, wir sind zu Grunde gegangen! „Wer gibt meinem Haupte Wasser und meinen Augen eine Thränenquelle, daß ich weine?“2 Weinen wir, Geliebte! weinen wir, lassen wir unsern Klagen freien Lauf! Vielleicht sind Einige hier, die sagen: Nichts als Thränen, Nichts als Thränen führt er im Munde. Ich wollte Dieß nicht, glaubet es mir, ich habe es nicht gewollt, sondern ich möchte euch loben und erheben; aber die Zeit verlangt es jetzt so! Das Weinen ist nichts Böses, Geliebte, wohl aber, Beweinenswerthes zu thun; das Klagen bringt kein Unheil, wohl aber, Beklagenswertes zu thun! Bleibst du von der Strafe verschont, dann trauere ich nicht; verfällst du nicht dem Tode (der Seele), dann weine ich nicht. Aber wenn der Leib todt daliegt, da ladest du Alle ein, an deinem Schmerze Theil zu nehmen, und hältst Diejenigen, welche nicht trauern, für gefühllos; geht aber die Seele zu Grunde, dann willst du Nichts von Trauer wissen. Aber ich kann nicht Vater sein, ohne zu weinen; und ich bin ein zärtlich liebender Vater. Höret, wie Paulus klagt: „O meine Kindlein, für die ich abermals Geburtsschmerzen habe!“3 S. 353 Welche Mutter, die gebären soll, kann so einschneidende Worte vernehmen lassen wie Jener? O wäre es doch vergönnt, das Feuer der Seele selbst zuschauen! Man würde wahrnehmen, daß ich mehr von Schmerz brenne, als jedes Weib und jede junge Frau, die vor der Zeit Wittwe geworden. Nicht so betrauert diese ihren eigenen Mann, noch eine Mutter ihren Sohn, wie ich über die hier versammelte Schaar klage. Ich sehe gar keinen Fortgang, nur Verleumdung und böse Nachrede. Keiner thut ein Werk, um Gott zu gefallen; sondern von Diesem, sagt man, wollen wir Böses reden und von Jenem: Dieser ist nicht werth, daß er dem geistlichen Stande angehört, Jener führt einen Lebenswandel, der sich nicht schickt. Während wir nothwendig hätten, unser eigenes Sündenelend zu beweinen, richten wir Andere, was wir nicht einmal dann thun sollten, wenn wir von Sünden rein wären. „Denn wer,“ heißt es, „unterscheidet dich? Was hast du, das du nicht empfangen hättest? Hast du es aber empfangen, warum rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?“4 Was richtest du aber deinen Bruder, da du selbst voll unzähliger Übel bist? Wenn du gesagt hast: Jener ist schlecht, ein Taugenichts, ein elender Mensch, so habe Acht auf dich selbst und erforsche scharf deinen eigenen Zustand, und du wirst Das bereuen, was du gesagt hast. Denn es gibt, ja es gibt gar keine solche Mahnung zur Tugend als die Erinnerung an die begangenen Sünden. Wenn wir diese beiden Stücke bei uns erwägen, so können wir die verheissenen Güter erlangen, können wir uns selbst rein und fleckenlos darstellen. Wollen wir nur einmal diese Überzeugung gewinnen und die Sache uns angelegen sein lassen, Geliebte. Wollen wir hier im Geiste Schmerz empfinden, auf daß wir nicht dort durch die Züchtigung Qual ausstehen, sondern die S. 354 ewigen Güter genießen, dort, wo entflohen ist Schmerz, Trauer und Klage, damit wir der ewigen Güter, welche den menschlichen Verstand übersteigen, theilhaftig werden in Christus Jesus. Ihm sei Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. S. 355


  1. Is 1,2 ↩

  2. Jer 9,1 ↩

  3. Gal 4,19 ↩

  4. 1 Kor 4,7 ↩

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Translations of this Work
Commentaire de Saint Jean Chrysostome sur l'épître de Saint Paul aux Hébreux Compare
Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung: Homilien über den Brief an die Hebräer

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