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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad hebraeos argumentum et homiliae 1-34 Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Siebente Homilie.

II.

Daß er aber aus dem besagten Grunde diese Worte hinzusetzte, ist aus dem Folgenden klar:

15. Denn wir haben keinen Hohenpriester, der mit unseren Schwachheiten nicht Mitleid haben könnte.

Darum sagte er früher: „Denn darin, worin er selbst versucht worden und gelitten hat, kann er auch Denen, die versucht werden, helfen.“ Siehe, wie er Dasselbe auch hier thut. Seine Worte haben aber diesen Sinn: Er ist denselben Weg gewandelt wie wir, ja einen noch rauheren; denn in allen menschlichen Dingen hat er Erfahrung gewonnen. Er hatte dort gesagt: „Es ist kein Geschöpf vor ihm verborgen,“ indem er seine Gottheit andeuten wollte. Da er hierauf der Menschwerdung erwähnt, spricht er sich in mehr herablassender Form in den Worten aus: „Da wir nun einen so großen Hohenpriester haben, der die Himmel durchdrungen,“ und zeigt dessen größere Fürsorge, und wie er für die Seinigen einsteht und nicht will, daß sie zu Fall kommen. Denn Moses, sagt er, ist nicht in die Ruhe eingegangen, er aber ist eingegangen; wie aber, will ich sagen. Man darf sich aber nicht wundern, daß er Dieß nirgends anführt; denn entweder hat er ihn miteinbegriffen, um ihnen jeden Vertheidigungsgrund zu benehmen, oder er hat, um den Mann nicht zu verklagen, Dieß nicht offen gesagt. Denn wenn sie schon, da Nichts der Art gesprochen worden, den Vorwurf hören ließen, er habe Moses und das Gesetz geredet, um wie viel mehr S. 125 würden sie noch heftigere Angriffe gemacht haben, wenn er gesagt hätte, daß nicht Palästina, sondern die Himmelsruhe gemeint sei. Er legt aber nicht Alles dem Priester bei, sondern er hebt auch Das hervor, was wir leisten sollen, nämlich das Bekenntniß: „Da wir nun einen so großen Hohenpriester haben, der die Himmel durchdrungen, Jesum, den Sohn Gottes, so lasset uns festhalten am Bekenntnisse!“ Was für ein Bekenntniß meint er? Daß es eine Auferstehung gebe; daß eine Vergeltung folge; uns unzählige Güter zu Theil werden; daß Christus Gott, daß unser Glaube Wahrheit ist: Das sollen wir bekennen, daran sollen wir festhalten! Daß Dieses aber Wahrheiten sind, ergibt sich daraus, daß der Hohepriester im Himmel ist.1 Frei vom Falle wollen wir also festhalten am Bekenntnisse; wenn auch die Dinge noch nicht gegenwärtig sind, so wollen wir dennoch festhalten; denn beständen sie schon in der Gegenwart, so wären sie Trug, so daß auch Das für ihre Wahrheit spricht, daß sie aufgeschoben werden. Unser Hohepriester ist groß; „denn wir haben keinen Hohenpriester, der mit unserer Schwachheit nicht Mitleid haben könnte.“ Er ist nicht unbekannt mit unseren Verhältnissen wie viele Hohepriester, welche Diejenigen, die Trübsal leiden, nicht kennen oder nicht wissen, was Trübsal ist. Denn es ist nicht möglich, daß ein Mensch die Schmerzen des Leidenden kenne, der nicht selbst die Leiden erfahren und empfunden hat. Unser Hohepriester hat Alles erfahren, denn darum hat er zuerst gelitten und ist dann gen Himmel gefahren, auf daß er Mitleid haben könnte. „Der in allen Stücken ähnlich wie wir versucht worden, doch ohne Sünden war.“ Siehe, wie er auch oben2 sich des Wortes „gleichfalls“ bedient und hier nun den Ausdruck „ähnlich“ S. 126 gebraucht; d. h. er wurde verfolgt, angespuckt, verklagt, verspottet, verläumdet, verstoßen und endlich gekreuzigt. „Ähnlich wie wir, doch ohne Sünde.“ Hier deutet er noch etwas Anderes an, nämlich daß es möglich sei, auch ohne Sünde in Trübsal zu leben, so daß, wenn der Ausdruck „Ähnlichkeit des Fleisches“ vorkommt, damit nicht gesagt ist, daß er (bloß) Ähnlichkeit des Fleisches, sondern daß er wirklich Fleisch angenommen hat. Warum sagt er nun „ähnlich“? Weil er von dem sündhaften Fleische sprach; denn es bestand Ähnlichkeit mit unserem Fleische; der Natur nach war es mit dem unsrigen dasselbe, nicht aber in Bezug auf die Sünde.

16. Darum lasset uns mit Zuversicht hinzutreten zum Throne der Gnade, damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden, wann wir Hilfe nöthig haben.

Was versteht er unter „Thron der Gnade“? Den königlichen Thron, von dem es heißt: „Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege;“3 - als wollte er sagen: Lasset uns mit Zuversicht hinzutreten, weil wir einen Hohenpriester haben, der die Welt besiegt hat. „Habet Vertrauen,“ sagt er, „ich habe die Welt überwunden;“4 denn das heißt Alles gelitten haben, aber frei von Sünden sein. Wenn die Sünde über uns herrschet, heißt es, er aber der Sünde nicht unterthan ist, wie können wir mit Zuversicht zum Throne hinzutreten? Weil derselbe jetzt ein Thron der Gnade und kein Thron des Gerichtes ist. „Darum,“ sagt er, „lasset uns mit Zuversicht hinzutreten, damit wir Barmherzigkeit erlangen, welche wir suchen;“ denn sie ist S. 127 eine Sache der Freigebigkeit und ein königliches Geschenk. „Und Gnade finden, wann wir Hilfe nöthig haben.“ Trefflich drückt er sich aus: „Wann wir Hilfe nöthig haben.“ Wenn du jetzt hinzu trittst, will er sagen, empfängst du Gnade und Barmherzigkeit, denn du kommst zur rechten Zeit; kommst du aber hernach, so empfängst du sie nicht mehr; denn alsdann findet der Zutritt nicht mehr rechtzeitig statt; denn der Zutritt geschieht dann zur Unzeit, denn dann ist der Thron kein Gnadenthron mehr; ein Gnadenthron ist es, solange der König gnadenspendend darauf sitzt; ist aber das Ende gekommen, so erhebt er sich zum Gerichte; denn „steh’ auf, Gott,“ heißt es, „richte die Erde.“5 Es ist noch etwas Anderes zu sagen. „Lasset uns,“ heißt es, „mit Zuversicht hinzutreten,“ d. h. im Besitz eines guten Gewissens, frei von Zweifelmuth; denn ein Solcher kann sich nicht mit Vertrauen nahen. Darum steht auch an einer anderen Stelle geschrieben: „Zur Zeit der Gnade erhöre ich dich, am Tage des Heiles helfe ich dir.“6 Denn auch die reuige Sinnesänderung Derer, die nach der Taufe gesündiget haben, ist eine Frucht der Gnade. Damit du aber, da du ihn Hohenpriester nennen hörst, nicht wähnest, er stehe, führt er ihn alsbald auf den Thron; der Priester aber sitzt nicht, sondern steht. Siehst du, daß er kein gewöhnlicher Hohepriester, sondern ein solcher aus Gnade in Herablassung und Selbstentäusserung ist. Auch für uns ist jetzt die günstige Zeit, zu reden (zu bitten); mit Vertrauen wollen wir hinzutreten und bitten; lasset uns nur Glauben mitbringen, und er schenkt uns Alles. Jetzt ist die Zeit der Gaben, Niemand verzweifle an sich selber! Dann aber ist die Zeit der Verzweiflung, wann der Saal geschlossen wird, wann der König eintritt, um die Gäste zu sehen, da Die in den Schooß des Patriarchen gelangen, welche dessen gewürdiget werden sollen; - jetzt aber noch nicht: noch ist S. 128 der Schauplatz geöffnet, noch harret der Kampf, noch blinket der Kampfpreis.


  1. ῎Ενδον εῖναι = in seinem Hause, im Himmel, er, „der die Himmel durchdrungen.“ ↩

  2. Kap. 2 V. 14 ↩

  3. Ps 109,1 ↩

  4. Joh 16,33 ↩

  5. Ps 81,8 ↩

  6. Is 49,8 ↩

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Translations of this Work
Commentaire de Saint Jean Chrysostome sur l'épître de Saint Paul aux Hébreux Compare
Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
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Einleitung: Homilien über den Brief an die Hebräer

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