66. Verus von Ankyra.
S. 434 In der Stadt Ankyra in Galatien traf ich den hochangesehenen Verus und hatte lange Gelegenheit, ihn näher kennen zu lernen. Er stammt aus ritterlichem Geschlechte, desgleichen seine Gattin, Bosporia mit Namen. Beide besitzen in solchem Grade die Tugend frommer Hoffnung, daß sie nicht einmal für die eigenen Kinder sorgen, sondern in allem nur an das künftige Leben denken. Sie verwenden nämlich den Ertrag ihrer Güter für die Armen, obgleich sie zwei Töchter und vier Söhne haben; diesen geben sie ausgenommen, wenn sie heiraten nicht einmal einen Rebzweig,1 sondern sagen nur: „Wenn wir sterben, ist alles euer.“ Was ihre Besitztümer abwerfen, bringen sie in die Kirchen in Städten und Dörfern und verteilen es. Auch folgender schöne Zug ist rühmenswert an ihnen: Als eine furchtbare Hungersnot ausbrach, gewannen sie die Häretiker für den wahren Glauben, indem sie an vielen Orten den Armen ihre Getreidevorräte zur Speise darboten. Trotz ihres hochadeligen Standes leben sie sparsam, tragen nur wertlose Kleider, genießen die einfachste Kost, leben aus Liebe zu Gott enthaltsam, weilen zumeist auf dem Land und meiden die Städte, damit sie nicht durch Lust und Lärm dieser Welt ihrem Vorsatz untreu werden.
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(xxx) Zweig, Rebzweig, vielleicht mit Bezug auf Joh 15,6 als Typus des Wertlosen. Vgl. Ez 15,2 ff. ↩