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Works John of Damascus (675-750) Expositio fidei Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens (BKV)
Drittes Buch

XI. KAPITEL. Von der in der Art und im Individuum betrachteten Natur und vom Unterschied von Einigung und Menschwerdung. Ferner, wie ist jenes Wort zu verstehen: „Die eine, fleischgewordene Natur des Gott-Logos“ ?

Die Natur wird entweder rein gedanklich (abstrakt) betrachtet — denn sie hat kein Fürsichbestehen — oder gemeinsam in allen gleichartigen Hypostasen, diese umfassend, und heißt dann eine in der Art betrachtete Natur, oder im Ganzen unter Hinzunahme der Akzidenzien, wie sie in einer Hypostase existiert, und heißt dann eine im Individuum betrachtete Natur. Sie ist dieselbe wie die in der Art betrachtete. Der fleischgewordene Gott-Logos nun hat weder die rein gedanklich betrachtete Natur angenommen — denn das wäre nicht Fleischwerdung, sondern Trug und Schein einer Fleischwerdung —, noch die in der Art betrachtete — denn S. 138 nicht alle Hypostasen hat er angenommen —, sondern die im Individuum [betrachtete], die dieselbe ist wie die in der Art [betrachtete] — denn er hat die Erstlinge unseres Teiges 1 angenommen —, letztere aber nicht als solche, die früher für sich selbst subsistierte und ein Individuum gewesen und so von ihm angenommen worden wäre, sondern als solche, die in seiner Subsistenz ihre Existenz bekam. Denn dieselbe Hypostase des Gott-Logos ward Hypostase für das Fleisch, und auf diese Art „ist der Logos (das Wort) Fleisch geworden 2“, ohne Verwandlung natürlich, und das Fleisch Logos, ohne Veränderung, und Gott Mensch. Denn Gott ist das Wort 3, und der Mensch Gott auf Grund der hypostatischen Einigung. Es ist daher gleich, ob man sagt Natur des Wortes oder die individuelle Natur. Denn man bezeichnet damit weder eigentlich und ausschließlich das Individuum oder die Hypostase noch das Gemeinsame der Hypostasen, sondern die gemeinsame Natur in einer der Hypostasen betrachtet und untersucht.

Etwas anderes nun ist Einigung und etwas anderes Fleischwerdung. Die Einigung bedeutet nämlich nur die Verbindung. Womit aber die Verbindung geschehen ist, [bedeutet] es nicht mehr. Die Fleischwerdung jedoch oder, was dasselbe ist, die Menschwerdung, bedeutet die Verbindung mit Fleisch oder mit einem Menschen, wie auch das Feurigwerden des Eisens seine Einigung mit dem Feuer. Der selige Cyrillus 4 selbst erklärt im zweiten Briefe an Sukensus das „ eine, fleischgewordene Natur des Gott-Logos“. Er sagt also: „Hätten wir gesagt: ‚ eine Natur des Wortes‘ und dann geschwiegen und nicht ‚fleischgewordene‘ hinzugefügt, sondern die Heilsveranstaltung (═ die Menschwerdung) gleichsam ausgeschlossen, so würde ihre Rede vielleicht gar Glauben finden, wenn sie zum Scheine fragten: Ist das Ganze eine Natur, wo ist dann die vollkommene Menschheit? Oder wie subsistierte die uns gleiche Wesenheit? Da S. 139 jedoch sowohl die Vollkommenheit der Menschheit wie die Bezeichnung der uns gleichen Wesenheit durch das Wort ‚fleischgewordene‘ hinzugefügt worden ist, so sollen sie aufhören, sich auf einen Rohrstab zu stützen.“ Hier hat er also unter der Natur die Natur des Wortes gemeint. Hätte er nämlich Natur statt Hypostase genommen, so wäre es nicht unstatthaft, dies auch ohne das „fleischgeworden“ zu sagen. Denn wenn wir von einer Hypostase des Gott-Logos schlechthin reden, irren wir nicht. Ebenso hat auch Leontius von Byzanz 5 den Ausdruck von der Natur verstanden, nicht von der Hypostase. In der Verteidigung 6 des zweiten gegen die Vorwürfe des Theodoret 7 gerichteten Anathematismus sagt der selige Cyrill 8 so: „Die Natur des Wortes oder die Hypostase, d. i. das Wort selbst.“ Daher bezeichnet der Ausdruck „Natur des Wortes“ weder die Hypostase allein noch das Gemeinsame der Hypostasen, sondern die gemeinsame, voll und ganz in der Hypostase des Wortes betrachtete Natur.

Daß also die Natur des Wortes Fleisch geworden, d. h. sich mit dem Fleisch vereinigt hat, ist gesagt worden. Daß aber die Natur des Wortes dem Fleische nach gelitten hat, haben wir jetzt noch nicht gehört. Daß Christus dem Fleische nach gelitten hat, darüber wurden wir belehrt. Daher bedeutet der Ausdruck „Natur des Wortes“ nicht die Hypostase. Es erübrigt also nur noch zu sagen: Die Fleischwerdung ist die Vereinigung mit dem Fleische, und der Satz: „Das Wort ist Fleisch geworden 9“ heißt: Die Hypostase des Wortes selbst ist, ohne sich zu verändern, Hypostase des Fleisches S. 140 geworden. Und daß Gott Mensch geworden und der Mensch Gott, ist gesagt worden. Denn das Wort, das Gott ist, ist, ohne sich zu verwandeln, Mensch geworden. Daß aber die Gottheit Mensch geworden ist oder Fleisch oder die menschliche Natur angenommen hat, haben wir nirgends gehört. Daß jedoch die Gottheit sich mit der Menschheit in einer ihrer Hypostasen vereint hat, wissen wir. Und daß Gott eine fremde Form und Wesenheit, nämlich die unsrige, angenommen hat, ist gesagt worden. Jeder der Hypostasen wird ja der Name Gott beigelegt, „Gottheit“ aber können wir von der Hypostase nicht sagen. Denn daß der Vater allein oder der Sohn allein oder der Hl. Geist allein „Gottheit“ sei, haben wir nicht gehört. Gottheit bedeutet nämlich die Natur, Vater aber die Hypostase, wie auch Menschheit die Natur, Petrus aber die Hypostase. „Gott“ jedoch bezeichnet einerseits das Gemeinsame der Natur, andrerseits wird es jeder der Hypostasen als Beiname gegeben, wie auch „Mensch“. Denn Gott ist, wer die göttliche Natur hat, und Mensch, wer die menschliche [Natur hat].

Zu alledem muß man wissen, daß der Vater und der Hl. Geist in keiner Weise an der Fleischwerdung des Wortes Anteil haben außer hinsichtlich der Wunder, des Wohlgefallens und des Willens.


  1. Vgl. Röm. 11, 16. ↩

  2. Joh. 1, 14. ↩

  3. Ebd. [Joh.] 1,1. ↩

  4. Ep. 46, ad Succ. 2 (Migne, P. gr. 77, 244 A). Doctr. Patr. de incarn. Verb. l. c. p. 16, XX. ↩

  5. De sect., act. 8 n. 2 u. 4. Migne, P. gr. 86, 1, 1252 B―D, 1253 A—D, 1256, 1257 AB. Die Autorschaft von De sectis bleibt zweifelhaft. Junglas sieht in „De sectis, ursprünglich σχόλια Λεοντίου ἀπὸ φωνῆς Θεοδώρου [scholia Leontiou apo phōnēs Τheodōrou] überschrieben, eine zwar von Leontius († um 543) abhängige, aber selbständige Arbeit des Theodorus von Raithu, zu Anfang des 7. Jahrhunderts“ (b0ardenhewer, Patrologie³, S. 473). ↩

  6. Lies ἐν ἀπολογίᾳ [en apologia] statt ἀπολογίαν! [apologian!]. ↩

  7. Bischof von Cyrus (Syrien) seit 423, der gelehrteste Gegner des Cyrill von Alexandrien, † um 458. ↩

  8. Apol. c. Theodoret. 2 (Migne, P. gr. 76, 401 A). ↩

  9. Joh. 1, 14. ↩

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Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens (BKV)

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