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Buch der Pastoralregel (BKV)
Gregorius an Johannes, seinen hochwürdigsten und heiligsten Bruder und Mitbischof
S. 63 Der Seelenleitung Last hätte ich mich durch die Flucht entziehen wollen, so tadelst du mich, teuerster Bruder, in wohlwollender und demutsvoller Absicht. Damit aber diese Last niemandem gering erscheine, will ich in diesem Buche meine Gedanken über ihren Ernst Ausdruck geben, damit, wer noch frei ist, nicht unbedacht darnach verlange, und damit derjenige, der unbedacht darnach gestrebt hat, sich darob fürchte, daß sein Wunsch in Erfüllung gegangen ist. Das Buch aber zerfällt in vier Teile, um gleichsam schrittweise in geordneter Darlegung in die Seele des Lesers einzudringen. Denn dem Ernst der Sache gemäß muß reiflich erwogen werden, auf welche Weise jemand zum Hirtenamt gelangt, wie derjenige, der rechtmäßig dazu gekommen ist, sein Leben einrichtet, wie er dann, wenn er ein gutes Leben führt, das Lehramt verwaltet, und wie er endlich, wenn er das Lehramt gut verwaltet, täglich seine Schwachheit zu erkennen sucht, damit der Amtsantritt nicht der Demut entbehre, dem Amte das Leben nicht widerspreche, das Leben nicht durch die Lehrweise verliere, die Lehrweise nicht durch Anmaßung Schaden leide. Zuerst soll also Furcht das Verlangen mäßigen, sodann soll das Leben dem ungesucht übernommenen Amte entsprechen, und fernerhin muß das Gute, das sich im Leben des Hirten zeigt, auch durch das Wort sich weiter verbreiten. Endlich erübrigt noch, daß auch S. 64 bei der vollkommensten Handlungsweise die Betrachtung der eigenen Schwachheit die Demut erhalte, damit die guten Werke nicht durch Selbstüberhebung vor den Augen des verborgenen Richters ausgelöscht werden. Weil aber viele, unerfahren gleich wie ich, es nicht verstehen, an sich selbst den richtigen Maßstab anzulegen und darum lehren wollen, was sie nicht gelernt haben, und die Last des Vorsteheramtes um so geringer schätzen, je weniger sie deren ungeheure Größe kennen, so sollen diese gleich zu Anfang des Buches ihren Tadel empfangen. Denn da sie ungelehrt und ungestüm die hohe Burg der Lehre einnehmen wollen, so sollen sie in ihrem ungestümen Andrängen schon am Eingang unserer Darlegung zurückgewiesen werden.
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Regulae pastoralis liber
Prologus.
Reverentissimo et sanctissimo fratri Joanni coepiscopo, Gregorius. Pastoralis curae me pondera fugere delitescendo voluisse, benigna, frater carissime, atque humili intentione reprehendis; quae ne quibusdam levia esse videantur, praesentis libri stylo exprimo de eorum gravedine omne quod penso, ut et haec qui vacat, incaute non expetat; et qui incaute expetiit, adeptum se esse pertimescat. Quadripartita vero disputatione liber iste distinguitur, ut ad lectoris sui animum ordinatis allegationibus quasi quibusdam pastibus gradiatur. Nam cum rerum necessitas exposcit, pensandum valde est ad culmen quisque regiminis qualiter veniat; atque ad hoc rite perveniens, qualiter vivat; et bene vivens, qualiter doceat; et recte docens, infirmitatem suam quotidie quanta consideratione cognoscat, ne aut humilitas accessum fugiat, aut perventioni vita contradicat; aut vitam doctrina destituat; aut doctrinam praesumptio extollat. Prius ergo appetitum timor temperet: post autem magisterium quod a non quaerente suscipitur, vita commendet; ac deinde necesse est ut pastoris bonum quod vivendo ostenditur, etiam loquendo propagetur. Ad extremum vero superest ut perfecta quaeque opera consideratio propriae infirmitatis deprimat, ne haec ante occulti arbitrii oculos tumor elationis exstinguat. Sed quia sunt plerique mihi imperitia similes, qui dum metiri se nesciunt, quae non didicerint docere concupiscunt; qui pondus magisterii tanto levius aestimant, quanto vim magnitudinis illius ignorant; ab ipso libri hujus reprehendantur exordio; ut quia indocti ac praecipites doctrinae arcem tenere appetunt, a praecipitationis suae ausibus in ipsa locutionis nostrae janua repellantur.