VIII. KAPITEL. Vom Chorgebet zur Nachtzeit.
1 Zur Winterszeit, das heißt vom ersten November bis Ostern, soll man zur achten Stunde der Nacht entsprechend der üblichen Berechnung2 aufstehen, so daß S. 266man also noch ein wenig über Mitternacht hinaus der Ruhe pflegen und sich dann in Wohlbefinden erheben kann. Was nach den Metten noch an Zeit übrig ist, sollen die Brüder auf das Studium des Psalteriums und der Lesungen verwenden, soweit sie dessen bedürfen3 . Von Ostern bis zum ersten November, wie schon gesagt, setze man die Zeit so an, daß auf die Metten eine kurze Pause folge, während der sich die Brüder leiblicher Bedürfnisse wegen entfernen können. Dann sollen sich alsbald die Laudes anschließen, die bei Tagesanbruch abgehalten werden müssen.
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Kap. 8—21 handeln von der vornehmsten [vgl. Kap. 48: nihil operi dei praeponatur] Aufgabe, die der Mönch im Kloster des heiligen Benedikt erfüllen muß, vom Chorgebet. ↩
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Nach der römischen Zeitrechnung, die bis zum Ende der Karolingerzeit im Abendland im Gebrauche war, teilte man die Nacht und den Tag in je 12 gleiche Zeitabschnitte, "Stunden". Diese Stunden waren zur Sommers- und "Winterszeit nach der Verschiedenheit der Nacht- und Tageslänge verschieden lang. Die 8. Stunde der Nacht fällt etwa zwischen 1 und 2 Uhr. Da nach Kap. 41 die Tagesarbeit für den Mönch mit Einbruch der Dunkelheit abschloß, setzte der heilige Benedikt für die Nachtruhe seiner Mönche ungefähr 7—8 Stunden an; für den Ausfall zur Sommerszeit wurde nach Tisch Ruhe zugestanden [Kap. 48]. Die "Stunde" bezeichnete entweder den ganzen Zeitraum oder [meist] den Zeitpunkt des zu Ende gehenden Zeitabschnittes, vgl. G. Bilfinger, Antike Stundenzählung [Programm Stuttgart 1883]; derselbe, Der bürgerliche Tag im Altertum und Mittelalter [St. 1888] und Die mittelalterliche Höre und die moderne Stunde [St. 1892]. ↩
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Da die Psalmen auswendig gebetet und manche Lesungen frei vorgetragen wurden, gab es viel auswendig zu lernen. ↩