15. Kapitel: Die zwei hauptsächlichsten Übersetzungen des Alten Testamentes sind die lateinische Itala und die griechische Septuaginta
22. Unter den Übersetzungen selbst verdient die Itala den Vorzug. Denn sie hält sich mehr an den Wortlaut (ihrer Vorlage) und drückt dabei doch die Gedanken klarer aus. Zur Verbesserung aller lateinischen Übersetzungen benütze man griechische, unter denen für das Alte Testament die Septuaginta durch ihr Ansehen hervorragt. Von ihr erzählt man in allen Kirchen, die es einigermaßen wissen können, ihre Übersetzung sei so sehr durch den Beistand des Heiligen Geistes erfolgt, daß all ihre vielen Übersetzer nur einen Mund hatten. Wie man sagt und wie nicht unglaubwürdige Männer aussagen, wurden diese S. 69Übersetzer einzeln in besonderen Zellen getrennt; als sie aber ihre Übersetzungen vollendet hatten, da fand man in der Übersetzung keines einzigen irgend etwas, was sich nicht mit denselben Worten, ja in derselben Wortfolge auch in den übrigen Übersetzungen gefunden hätte. Wenn dem wirklich so ist, wer wagt es dann, dem Ansehen dieser Übersetzung irgend etwas gleichzustellen oder gar vorzuziehen? Haben sie aber ihre Arbeiten bloß miteinander verglichen, damit so auf Grund der gemeinsamen Behandlung und Beurteilung von seiten aller Übersetzer ein einziger Wortlaut entstünde, so wollte oder dürfte sich auch in diesem Fall kein einzelner Mann, und wäre er noch so erfahren, anheischig machen, die einstimmige Ansicht so vieler hochbetagter und gelehrter Männer zu verbessern. Wenn daher in den hebräischen Bibeln etwas anders gefunden wird, als die Übersetzer es gegeben haben, so muß man nach meinem Dafürhalten derjenigen Überlieferungsform der Heiligen Schrift den Vorzug geben, die durch die siebzig Übersetzer auf uns gekommen ist. Diese Übersetzung erfolgte zu dem Zweck, damit die Bücher, die das Judenvolk aus religiöser Scheu oder aus Neid den übrigen Völkern vorenthalten wollte, den Heiden, die durch den Herrn zum Glauben gelangen sollten, durch die mächtige Vermittlung des Königs Ptolemäus1 viel früher bekannt würden. Darum gelang auch eine Übersetzung, wie sie der Heilige Geist, der jene Männer antrieb und allen einen Mund gegeben hatte, für die Zwecke der Heiden passend erachtete. — Es ist indessen, wie ich schon erwähnte, eine vergleichende Heranziehung auch derjenigen Übersetzer, die sich allzu eng an den Wortlaut hielten, zum Zweck der Darlegung des Sinnes oft förderlich. Die lateinischen Handschriften des Alten Testamentes müssen also, wie ich schon kurz sagte, im Notfall nach den angesehenen griechischen Handschriften verbessert werden; vor allem kommen da die Texte jener Männer in Frage, die, obwohl ihrer siebzig an der Zahl waren, doch wie mit einem Munde übersetzt haben sollen. — Auch die lateinischen S. 70Übersetzungen des Neuen Testamentes müssen wir, wenn ihre lateinischen Texte recht mannigfaltig voneinander abweichen und unsicher sind, ohne allen Zweifel geringer einschätzen als die griechischer Texte; und dabei kommen wieder in erster Linie diejenigen Texte in Frage, die man im Besitz der gelehrteren und sorgfältigeren Kirchen findet.
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284—264. Er veranlaßte eine Übersetzung des Pentateuch. ↩