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Works Augustine of Hippo (354-430) Enchiridion ad Laurentiom, seu de fide, spe et caritate Enchiridion oder Buch vom Glauben, von der Hoffnung und von der Liebe (BKV)
9. Kapitel: Die gefallene Menschheit sollte wieder gerettet werden; aber kein Mensch wird durch das Verdienst eigener guter Werke oder durch freien Willensentschluß, sondern durch die Gnade Gottes selig, der in uns sowohl das Wollen als auch das Vollbringen wirkt

32.

Damit sich demnach niemand weder seiner Werke noch auch seines eigenen freien Willensentschlusses rühme, als ob nämlich in diesem selbst der Ursprung der Verdienstlichkeit liege, woraus sich dann als gebührender Lohn die Freiheit gut zu handeln ganz von selbst ergebe, so höre man, was der nämliche Prediger der Gnade (Paulus) sagt: „Gott ist es (nämlich), der in euch das Wollen und das Vollbringen wirkt nach seinem Wohlgefallen1.“ Und an einer anderen Stelle sagt er: „Also liegt es nicht am Wollen oder Laufen eines Menschen, sondern an dem Erbarmen Gottes2“ (und das sagt er), obwohl doch ohne Zweifel der einmal zum Gebrauch der Vernunft herangewachsene Mensch nur dann glauben, hoffen und lieben kann, wenn er selber will, und obwohl er nur dann zu jener Himmelspalme gelangen kann, zu der Gott den Menschen beruft, wenn er geflissentlich darnach läuft. Wie liegt es also nicht am S. 423 Wollen oder Laufen eines Menschen, sondern am Erbarmen Gottes, wenn nicht aus dem Grunde, weil auch der Wille selbst nach dem Worte der Schrift „von dem Herrn vorbereitet wird3“? Wenn es anderseits aus dem Grunde heißt: „Es liegt nicht am Wollen oder Laufen eines Menschen, sondern an dem Erbarmen Gottes“, weil beides zusammenkommen muß, der Wille des Menschen und das Erbarmen Gottes, so daß wir also unseren Ausspruch: „Es liegt nicht am Wollen und Laufen eines Menschen, sondern an dem Erbarmen Gottes“ so aufzufassen hätten, als hieße es: „Es genügt der Wille des Menschen für sich allein nicht, wenn nicht auch noch das Erbarmen Gottes hinzukommt“, und wenn demnach auch das Erbarmen Gottes für sich allein nicht genügt, falls nicht auch noch der Wille des Menschen hinzukommt und wenn es schließlich ganz richtig heißt: „Es liegt darum nicht am Wollen eines Menschen, sondern am Erbarmen Gottes, weil der Wille des Menschen für sich allein nicht ans Ziel gelangt“: warum ist es denn dann im Gegensatz dazu nicht auch richtig, wenn einer sagt: „Es liegt nicht am Erbarmen Gottes, sondern am Willen des Menschen, weil das Erbarmen Gottes für sich allein nicht ans Ziel führt“? Wenn nun kein Christ sich zu behaupten getrauen wird: "Es liegt nicht am Erbarmen Gottes, sondern am Willen des Menschen“, weil er sonst ganz offenbar dem Apostel widerspräche, so bleibt keine andere richtige Auffassung der Schriftstelle: „Es liegt nicht am Wollen und Laufen eines Menschen, sondern am Erbarmen Gottes“ übrig, als daß wir alles Gott zuschreiben, der den guten Willen des Menschen zur Unterstützung vorbereitet und nach der Vorbereitung unterstützt. Der gute Wille des Menschen geht nämlich zwar vielen, aber doch nicht allen (Gnaden)gaben Gottes voraus; zu denen, welchen er nicht vorausgeht, gehört beispielsweise der gute Wille selber. Denn in der Heiligen Schrift heißt es sowohl: „Seine Barmherzigkeit wird mir zuvorkommen4“, als auch: „Seine Barmherzigkeit wird mir nachfolgen5“. S. 424 Demjenigen, der nicht will, dem kommt sie zuvor, damit er will; demjenigen aber, der will, dem folgt sie nach, damit er nicht vergeblich will. Warum werden wir z. B. aufgefordert, für unsere Feinde zu beten6, die doch nicht gottesfürchtig leben wollen, wenn nicht zu dem Zweck, damit Gott in ihnen auch das Wollen wirke7? Oder warum werden wir dazu aufgefordert, zu bitten, damit wir empfangen8, wenn nicht zu dem Zweck, daß durch den das geschehe, was wir wollen, der auch die Ursache dafür ist, daß wir wollen? Wir beten also für unsere Feinde, damit die Barmherzigkeit Gottes ihnen zuvorkomme, wie sie auch uns selbst zuvorgekommen ist; für uns aber beten wir, damit seine Barmherzigkeit uns nachfolge.


  1. Phil. 2, 13. ↩

  2. Röm. 9, 16. ↩

  3. Sprichw. 8, 35. ↩

  4. Ps. 58, 11 [hebr. Ps. 59, 11]. ↩

  5. Ebd. [Ps.] 22, 6 [hebr. Ps. 23, 6]. ↩

  6. Vgl. Matth. 5, 44. ↩

  7. Vgl. Phil. 2, 13. ↩

  8. Vgl. Matth. 7, 7. ↩

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Enchiridion oder Buch vom Glauben, von der Hoffnung und von der Liebe (BKV)
The Enchiridion Compare
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