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Works Augustine of Hippo (354-430)

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Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV)

25. Kapitel: Vom Glauben an die schließliche Auferstehung zu einer ewigen Glückseligkeit oder zu einer ewigen Verdammnis

46. Wohlan denn, mein Bruder, stärke dich selbst im Namen und mit dem Beistande dessen, an den du glaubst, gegen die Reden derer, die unseren Glauben verlachen und durch deren Mund der Teufel verführerische Worte spricht, hauptsächlich zu dem Zweck, um den Glauben an die Auferstehung lächerlich zu machen. Aber entnimm du aus deinem eigenen Bewußtsein den Glauben an dein künftiges Leben nach diesem Leben, weil du siehst, daß du ja jetzt auch bist, wiewohl du vordem nicht gewesen bist. Denn wo war der Stoff zu deinem Leibe, wo diese deine Gestalt und die Verbindung deiner Glieder ein paar Jahre, bevor du geboren oder auch bevor du im Schöße deiner Mutter empfangen wurdest, wo, sage ich, waren diese Stoffe und wo die Gestalt deines Leibes? Ist sie nicht dadurch, daß Gott, der Herr, sie unsichtbarerweise gestaltete, aus der geheimnisvollen Verborgenheit der Schöpfung an das Licht hervorgetreten und durch bestimmte [regelmäßige] Zunahme in den verschiedenen Altersstufen bis zu dieser deiner Größe und Gestalt herangewachsen? Wird es demnach für Gott, der in einem Augenblick ganze Gebirge von Wolken aus der Verborgenheit zusammenzieht und in einem Nu den ganzen Himmel überzieht, schwer sein, die Bestandteile deines Leibes wieder so S. 299zusammenzugeben, wie sie vordem waren, wo er sie doch auch schaffen konnte, als sie überhaupt noch nicht waren? Glaube also fest und unerschütterlich, daß zwar alles Sichtbare den Augen der Menschen entrückt wird, als ob es unterginge, daß es aber für die Allmacht Gottes ganz und vollständig erhalten bleibt; glaube auch, daß es Gott, sobald er will, ohne Verzug und ohne Schwierigkeit wieder herstellen wird, das heißt insoweit wenigstens, als seine Gerechtigkeit ihre Wiederherstellung für gut findet. Es sollen nämlich die Menschen in dem Körper über ihre Taten Rechenschaft ablegen, in dem sie dieselben vollbracht haben, und in diesem Körper sollen sie auch ihre Vergeltung erhalten, sei es nun den Lohn der himmlischen Unvergänglichkeit für die Werke der Frömmigkeit oder den Lohn des körperlichen Verderbens für die Werke der Bosheit; letzteres wird aber nicht in dem Sinn geschehen, als würde der Leib durch den Tod zerstört, sondern nur insofern, als er den Gegenstand ewiger Schmerzen abgeben wird.

47. Hüte dich also, mein Bruder, hüte dich vermittels unerschütterlichen Glaubens und guter Sitten1 vor jenen Qualen, wo die Peiniger nicht ermüden und die Gepeinigten nicht sterben können, obwohl sie in der Unmöglichkeit, in den Qualen zu sterben, einen endlosen Tod finden. Entbrenne dagegen in sehnsüchtigem Verlangen nach dem ewigen Leben der Heiligen, wo die Arbeit nicht ermüdet, die Ruhe nicht müßig geht, wo Gottes Lob ohne Überdruß und ohne Aufhören ertönt, wo die Seele keine Verdrießlichkeit und der Leib keine Mühsale zu erdulden hat, wo weder du ein Bedürfnis haben wirst, für das du Abhilfe verlangst, noch auch dein Nächster, dem du in seiner Not zu Hilfe eilen könntest. Die ganze Freude und Sättigung der heiligen Stadt wird Gott ausmachen, in dem und aus dem sie ein weises und glückliches Leben hat. Denn wie wir es nach seiner Verheißung voll Erwartung hoffen, werden wir alsdann den Engeln Gottes gleich werden2 und zugleich mit ihnen in den wirklichen S. 300Genuß der Anschauung der göttlichen Dreifaltigkeit gelangen, in der wir jetzt nur im Glauben wandeln3 . Wir glauben nämlich das, was wir nicht sehen, um [dereinst] gerade durch das Verdienst des Glaubens auch das Schauen und Besitzen dessen zu verdienen, was wir glauben; alsdann werden wir die Wesensgleichheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und die Einheit dieser Dreifaltigkeit, wodurch sie, obgleich drei Personen, doch nur ein Gott ist, nicht bloß mit den Worten des Glaubens und tönenden Lauten bekennen, sondern sie im reinsten und innigsten Anschauen in jenem [geheimnisvollen] Schweigen [der Gottheit] genießen.

48. Diese Wahrheiten halte in deinem Herzen fest und rufe zu Gott, an den du glaubst, er möge dich gegen die Versuchungen des Teufels schützen; und sei auf der Hut, daß sich jener Feind, der in seiner Bosheit zu seinem eigenen Tröste in seiner Verdammnis nun wieder Mitgenossen seiner Verdammnis sucht, nicht von einer anderen Seite her bei dir einschleiche. Denn nicht bloß mit Hilfe solcher Leute, die einen Haß auf alles haben, was Christus heißt und die voll Grimm darüber sind, daß sich dieser Name schon den Erdkreis erobert hat und die noch heute am Götzendienst und an Teufelskünsten ihre Freude haben, wagt es der Teufel, die Christen zu versuchen, sondern auch vermittels der eben erst erwähnten4 , von der Einheit der Kirche gewissermaßen bei der Reinigung des Weinstockes abgerissenen Zweige, das heißt vermittels der sogenannten Häretiker und Schismatiker, macht er zuweilen die gleiche Anstrengung. Manchmal indessen bedient er sich auch der Juden zu diesen Versuchungen und Verführungen. Vorzüglich aber davor muß sich jedermann hüten, daß er nicht versucht und irregemacht wird von Leuten, die zwar selbst der katholischen Kirche angehören, welche aber die Kirche gleich der Spreu bis zur Zeit der Reinigung nur duldet. Denn deshalb ist Gott gegen S. 301solche Leute langmütig, um den Glauben und die Klugheit solcher Auserwählten mittels der Bosheit dieser Menschen zu üben und zu befestigen und weil sogar aus der Zahl dieser Leute viele vorwärts kommen wieder barmherzig gegen ihre eigene Seele werden und mit grossem Eifer nach dem Wohlgefallen Gottes streben. Denn nicht alle häufen sich durch die Langmut Gottes seinen Zorn auf für den Zornestag seines gerechten Gerichtes5 ; denn gar viele führte eben diese Langmut des Allmächtigen zum heilsamsten Reueschmerz. Bis zu diesem Erfolg aber haben diejenigen Christen, die schon auf dem rechten Wege wandeln, Gelegenheit zur Übung der Geduld und der Barmherzigkeit. Du wirst darum gar manchmal zu sehen bekommen: Trunkenbolde und Geizhälse, Betrüger und Spieler, Ehebrecher und Unzüchtige, solche, die sich mit Zaubermitteln behängen und solche, die es mit den Wahrsagern und Sterndeutern [mathematici] halten oder wer sonst mit gottlosen Mitteln die Zukunft deuten will. Auch wirst du wahrnehmen, daß Leute, welche an den Festtagen der Christen die Kirchen füllen, geradesogut an den Festlichkeiten der Heiden deren Theater füllen, und wenn du dies siehst, wirst du vielleicht versucht sein, ein Gleiches zu tun. Was ich noch sagen könnte, das wirst du noch selber sehen, hast es vielleicht selber schon erfahren: es ist dir ja doch nich unbekannt, daß viele, die sich Christen heissen, all das Böse wirklich tun, das ich dir eben kurz aufgezählt habe. Ja, du weißt recht wohl, daß manche Leute, die du Christen hast nennen hören, sogar noch Schlimmeres tun. Doch wenn du hier in der Absicht gekommen bist, um solcherlei böse Taten gleichsam in Sichertheit vollbringen zu können, so befindest du dich in grossem Irrtum. Nichts wird dir6 vielmehr der Name Christi helfen, wenn der einmal sein so strenges Gericht beginnen wird, der dir zuvor voll Erbarmen entgegenkommen wollte. Das hat er ja vorausgesagt, wo er im Evangelium sagt: „Nicht ein jeder, der zu mir sagt: „Herr, Herr!“ wird in das Himmelreich eingehen, S. 302sondern nur der, welcher den Willen meines Vaters tut. Gar viele werden an jenem Tag zu mir sprechen: „Herr, Herr! In deinem Namen haben wir ja gegessen und getrunken ...7 .“ Für alle also, die in solchen Werken [bis ans Lebensende] ausharren, ist das Ende Verdammnis. Wenn du also siehst, daß viele Menschen solche Werke nicht allein tun, sondern sie auch noch verteidigen und dazu raten, so halte dich fest an das Gesetz Gottes und folge nicht seinen Übertretern; denn nicht nach ihrem Sinn wirst du gerichtet werden, sondern nach der Wahrheit Gottes.

49. An jene guten Christen schließe dich vielmehr an, von welchen du siehst, daß sie mit dir deinen König lieben. Gar viele von der Art wirst du nämlich finden, wenn du selbst einmal ebenso zu werden anfängst. Denn wenn du bisher darnach verlangtest, im Theater mit jenen zusammen zu sein und an jene dich anzuschließen, die ebenso wie du an einem Wagenlenker oder Tierkämpfer oder irgendeinem Schauspieler ihren Gefallen hatten, um wieviel größere Freude muß dir nun die Gemeinschaft mit denen bereiten, die mit dir Gott lieben, dessen sich derjenige, der ihn liebt, niemals zu schämen braucht, weil nicht nur er selbst niemals überwunden werden kann, sondern weil er auch diejenigen, die ihn lieben, unüberwindlich machen wird. Aber nicht einmal auf diese Guten, die dir auf dem Weg zu Gott vorangehen oder dich dabei begleiten, darfst du deine Hoffnung setzen, weil du dies ja nicht einmal auf dich selbst tun darfst, selbst wenn du noch so große Fortschritte gemacht hättest; du darfst deine Hoffnung vielmehr nur auf den setzen, der jene Guten sowohl als auch dich rechtfertigt und so zu dem macht, was ihr seid. Auf Gott kann man sich nämlich verlassen, weil er sich nicht ändert, auf einen Menschen aber kann sich vernünftigerweise niemand verlassen. Wenn wir aber schon die lieben müssen, die noch nicht gerecht sind, auf daß sie es werden, um wieviel inniger müssen wir dann die lieben, die es schon sind! Aber es ist S. 303etwas anderes, einen Menschen zu lieben als seine Hoffnung auf einen Menschen zu setzen; und zwar ist der Unterschied hievon so groß, daß Gott das erstere sogar befiehlt, das letztere aber verbietet8 . Mußt du aber um des Namens Christi willen zuweilen Anfechtungen und Trübsale ausstehen und weichst du trotzdem nicht vom Glauben ab und verlassest du den guten Pfad nicht, dann wirst du um so größeren Lohn erhalten; wer aber in diesen Anfechtungen dem Teufel nachgibt, der verliert sogar auch einen kleineren Lohn. Aber demütig mußt du sein vor Gott, auf daß er dich nicht über deine Kräfte hinaus versuchen läßt.

26. und


  1. =guter Werke ↩

  2. Vgl. Matth. 22, 33; Mark. 12, 25; Luk. 20, 36. ↩

  3. 2 Kor. 5,7. ↩

  4. Kap. 24,3. ↩

  5. Vgl. Röm. 2,4f. ↩

  6. in diesem Falle ↩

  7. Matth. 7,21f.; vgl. Luk. 13,26. ↩

  8. Vgl. Matth. 5,43; Jer. 17,5. ↩

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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)

25. Kapitel

45. Alles, was wir als weit zurückliegende Prophezeiung lesen, sehen wir nun also genau so erfüllt. Und wie die ersten Christen durch Wundertaten zum Glauben bewegt wurden, weil sie ja noch nicht sahen, daß jene Prophezeiungen sich tatsächlich erfüllt hatten, so werden wir zum Glauben. S. 82 auferbaut,1 weil sie sich nun so erfüllt haben, wie wir sie in den Büchern lesen, die lange zuvor geschrieben wurden, wo all das, was wir jetzt bereits als gegenwärtig sehen, als zukünftig berichtet wird.

Demnach können wir ohne Bedenken, geduldig im Herrn wartend und verharrend, daran glauben, daß auch das übrige noch eintreten wird, etwa wenn wir in denselben Schriften noch von zukünftiger Drangsal lesen, im besonderen vom letzten Tag des Gerichts, an dem alle Bürger jener zwei Bürgerschaften ihre Körper wiedererlangen, auferstehen und vor dem Richterstuhl Christi, des Richters, Rechenschaft über ihr Leben ablegen werden.2 Erscheinen wird dann nämlich im Glanz seiner Macht, der zuvor sich herabgelassen hat, in der Niedrigkeit seiner Menschennatur zu uns zu kommen; und er wird alle Frommen von den Gottlosen trennen, nicht nur von denen, die überhaupt nicht an ihn glauben wollten, sondern auch von denen, die sich vergeblich und ohne daß es ihrem Heil förderlich war, um den Glauben mühten. Die Guten werden Anteil haben am ewigen Reich zusammen mit Christus, den Bösen aber wird die ewige Strafe zusammen mit dem Teufel zuteil werden. Wie man aber im Bereich der zeitlichen Dinge keine Freude finden kann, die auch nur entfernt jener Freude vergleichbar wäre, die die Heiligen im ewigen Leben empfangen, ebenso kann keine Qual im Bereich der zeitlichen Strafen mit den ewigen Qualen der Ungerechten verglichen werden.

46. Wappne dich also, mein Bruder, im Namen und mit der Hilfe dessen, an den du glaubst, gegen die Reden derer, die unseren Glauben lächerlich machen: Aus ihrem Munde spricht der Teufel verführerische Worte, dessen Hauptziel es ist, den Glauben an die Auferstehung lächerlich zu machen. Aus dir selber entnimm den Glauben an dein Weiterleben S. 83 nach diesem Leben: Du siehst nämlich, daß du heute lebst, obwohl du früher nicht lebtest. Wo war denn die Masse deines Körpers, wo deine Gestalt und der Organismus deiner Glieder vor wenigen Jahren, als du noch nicht geboren warst, als du noch nicht einmal im Mutterschoß empfangen warst? Wo war diese Masse, wo dein Körper in seiner ganzen Größe? Kam er nicht aus den verborgenen Tiefen dieser Schöpfung durch die unsichtbar formende Hand Gottes des Herrn ans Licht, entfaltete er sich nicht in vorbestimmtem, altersgemäßem Wachstum zur jetzigen Größe und Gestalt? Bildet es da für Gott, der in kürzester Zeit aus der Tiefe Wolkenberge zusammenziehen und in Blitzesschnelle den Himmel verhüllen kann, auch nur die geringste Schwierigkeit, den äußeren Zustand deines Körpers so wiederherzustellen, wie er einmal war, da er ihn doch so erschaffen konnte, als er noch nicht war? Glaube also fest und unerschütterlich, daß alles, was sich dem Auge des Menschen in scheinbarer Auflösung gleichsam entzieht, für die Allmacht Gottes wohlbehalten und unversehrt ist; daß er es, wenn er nur will, ohne Verzögerung und ohne Schwierigkeit wiederherstellen wird, wenigstens das, was seine Gerechtigkeit für würdig hält, wiederhergestellt zu werden. Also müssen die Menschen in denselben Körpern für ihre Taten Rechenschaft ablegen, in denen sie diese begangen haben. In diesen Körpern werden sie als verdienten Lohn für ihre Frömmigkeit die Umwandlung in die himmlische Unvergänglichkeit erfahren oder aber als verdiente Strafe für ihre Ungerechtigkeit den Zustand der Vergänglichkeit behalten, nicht damit dieser Zustand einmal durch den Tod zu Ende gehe, sondern damit er Anlaß zu ewigen Qualen gebe.

47. Fliehe also durch unerschütterlichen Glauben und guten Lebenswandel, fliehe, mein Bruder, vor jenen Foltern, bei denen die Folterknechte nie ermüden, die Gefolterten nie sterben! Es ist für sie ein Tod ohne Ende, in den Qualen nicht sterben zu können. Entbrenne in Liebe und Sehnsucht nach S. 84 dem ewigen Leben der Heiligen, deren Arbeit nicht Beschwernis, deren Ruhe nicht Müßiggang sein wird. Das Lob Gottes wird dort ertönen ohne Überdruß und ohne Ermüdung, die Seele wird keinen Widerwillen, der Körper keine Mühsal kennen, es wird keinen Mangel geben, weder bei dir, so daß du Hilfe ersehntest, noch bei deinem Nächsten, so daß du zu Hilfe eilen möchtest. Gott wird dort der Inbegriff der Wonne und der Fülle für die Gemeinschaft der Heiligen sein, die in ihm und aus ihm in Weisheit und Glück leben. Wir werden dort nämlich den Engeln Gottes gleich werden,3 so wie wir es von Gott nach seiner Verheißung erhoffen und erwarten. Und so wie wir bis jetzt im Glauben an die Dreifaltigkeit wandeln, werden wir dann mit den Engeln in gleicher Weise die dauernde Anschauung Gottes genießen.4 Wir glauben nämlich, was wir nicht sehen,5 um durch das Verdienst des Glaubens einmal würdig zu sein, das, woran wir jetzt glauben, zu schauen, und mit ihm untrennbar verbunden zu sein.

Von der Wesensgleichheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und von der Einheit eben dieser Dreifaltigkeit – wie diese Drei Ein Gott sind – werden wir dann nicht mehr in Worten des Glaubens und in geräuschvoller Sprache laut künden, wir werden dies vielmehr an jenem Ort der Stille voller Ehrfurcht und Hingabe betrachten und in uns aufnehmen.

48. Das behalte fest in deinem Herzen und rufe zu Gott, an den du glaubst, daß er dich gegen die Versuchungen des Teufels schütze. Und sieh zu, daß sich jener Feind nicht auf anderem Weg bei dir einschleicht, denn in seiner Mißgunst sucht er als üblen Trost für seine Verdammung nach Leidensgenossen, die mit ihm verdammt werden; dabei untersteht er S. 85 sich, die Christen nicht nur durch jene Menschen zu versuchen, die den Christennamen hassen, die verärgert sind, daß dieser Name sich den ganzen Erdkreis erobert hat, die noch immer danach verlangen, Götzenbildern und teuflischem Blendwerk zu dienen. Er sucht dieses Ziel auch durch jene zu erreichen, die wir kurz vorher erwähnt haben,6 die von der Einheit der Kirche wie von einem Weinstock abgeschnitten wurden, durch die sogenannten Häretiker und Schismatiker. Ja bisweilen benutzt er gar die Juden als Mittel zu Verführung und Versuchung. Am meisten aber muß ein jeder sich in acht nehmen, daß er nicht durch Menschen versucht und irregeleitet wird, die sich innerhalb der katholischen Kirche befinden, durch Leute, welche die Kirche gleich der Spreu bei sich duldet bis zum Zeitpunkt des Worfelns, wo Spreu und Weizen getrennt werden. Ihnen gegenüber zeigt Gott Geduld,7 um einerseits den Glauben und die Klugheit seiner Erwählten durch deren Verkehrtheit zu üben und zu stärken, anderseits weil aus der Zahl dieser Leute viele voranschreiten und aus Erbarmen mit ihrer Seele8 in einem plötzlichen Entschluß sich bekehren, um Gott wohlgefällig zu werden. Denn nicht alle lassen den Zorn Gottes dank seiner Geduld sich anhäufen für den Tag des Zornes, den Tag seines gerechten Gerichtes: Viele führt im Gegenteil diese Geduld des Allmächtigen zum höchst heilsamen Schmerz der Buße.9 Bis sie dahin kommen, bilden sie für jene, die den rechten Weg bereits eingeschlagen haben, einen Prüfstein nicht nur für ihre Duldsamkeit, sondern auch für ihre Barmherzigkeit. Du wirst also Trinkern in großer Zahl begegnen, Habgierigen, Betrügern, Glücksspielern, Ehebrechern, Unzüchtigen, Trägern von gottlosen Amuletten, Menschen, die sich Zauberern, Sterndeutern und sonstigen Vertretern ruchloser Wahrsagekünste S. 86 ausgeliefert haben. Du wirst auch feststellen, daß dieselben Massen an den Feiertagen der Christen die Kirchen füllen, die an den Festtagen der Heiden die Theater füllen. Und wenn du dies sehen wirst, wirst du versucht sein, sie nachzuahmen. Doch was sage ich »wenn du dies sehen wirst«, denn dies alles ist dir natürlich schon jetzt bekannt. Du weißt ja ganz genau, daß viele, die man Christen nennt, all diese Übeltaten, die ich kurz erwähnt habe, wirklich begehen. Und es ist dir ebenso bekannt, daß Menschen, von denen du weißt, daß sie Christen genannt werden, vielleicht noch um einiges schlimmere Taten begehen. Wenn du aber in der Absicht gekommen bist, derartiges in der Kirche gleichsam unbesorgt begehen zu können, dann irrst du dich gewaltig; der Name Christi wird dir nichts nützen, wenn jener dann einmal beginnen wird, mit äußerster Strenge zu richten, der sich zuvor herabgelassen hat, mit größter Barmherzigkeit uns zu Hilfe zu kommen. Er kündigte dies nämlich an und sagte im Evangelium: »Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern der, welcher den Willen meines Vaters tut. Viele werden an jenem Tag sagen: Herr, Herr, in deinem Namen haben wir gegessen und getrunken.«10 Für alle, die in solchen Werken verharren, bedeutet also das Ende Verdammnis. Auch wenn du siehst, daß viele Menschen derartige Taten nicht nur begehen, sondern sie auch noch verteidigen und dazu raten, so halte dich also an das Gesetz Gottes und folge nicht denen, die es übertreten!

Denn du wirst nicht nach der Meinung jener Leute gerichtet werden, sondern nach seiner Wahrheit.

49. Schließe dich den Guten an, bei denen du siehst, daß sie gleich dir deinen König lieben. Menschen dieser Art wirst du in großer Zahl antreffen, wenn du erst einmal selber beginnst, ein echter Christ zu sein. Schon bei den Schauspielen drängte es dich ja, mit Menschen zusammen zu sein und dich fest an S. 87 sie zu binden, die gleichzeitig mit dir einen bestimmten Wagenlenker, Tierkämpfer oder sonstigen Bühnendarsteller verehrten. Um wieviel mehr muß dich die Verbindung mit Menschen beglücken, die gleich dir Gott lieben, für den sich keiner, der ihn liebt, je zu schämen braucht, da er selber nicht besiegt werden kann und auch jene, die ihn lieben, unbesiegbar macht! Deine Hoffnung freilich darfst du auch auf diese Guten nicht setzen,11 die dir auf dem Weg zu Gott vorangehen oder dich dabei begleiten; denn nicht einmal auf dich selber darfst du sie setzen, magst du noch so sehr im Glauben vorangekommen sein. Auf Gott setze deine Hoffnung,12 der dich und jene rechtfertigt und dadurch zu dem macht, was ihr seid! Sicherheit gewinnst du nämlich aus Gott, da er sich nicht ändert, vom Menschen aber wird vernünftigerweise niemand Sicherheit erwarten. Wenn wir aber schon jene lieben müssen, die noch nicht gerecht sind, damit sie gerecht werden, mit welcher Hingabe müssen wir dann erst jene lieben, die es bereits sind! Doch es ist eine Sache, den Menschen zu lieben, eine andere, seine Hoffnung auf ihn zu setzen. So groß ist der Unterschied, daß Gott das erste befiehlt,13 das zweite aber verbietet.14 Erleidest du aber für den Namen Christi Verspottung und Drangsal, ohne dadurch vom Glauben abzufallen und vom rechten Weg abzuweichen, dann wirst du noch größeren Lohn empfangen. Wer aber dabei dem Teufel nachgibt, wird auch den geringeren Lohn noch verlieren. Beuge dich demütig vor Gott, damit er nicht zuläßt, daß du über deine Kräfte hinaus versucht wirst.15


  1. Vgl. Jud 17–20. ↩

  2. Vgl. Mt 25,31–46; 16,27. ↩

  3. Vgl. Mt 22,30; Mk 12,25; Lk 20,36. ↩

  4. Vgl. 2 Kor 5,7. ↩

  5. Vgl. Joh 20,29. ↩

  6. In 44. ↩

  7. Vgl. Sir 18,9. ↩

  8. Es ist die Lesart miserati übernommen. ↩

  9. Vgl. Röm 2,4—5; 2 Kor 7,10 ↩

  10. Mt 7,21; vgl. Lk 13,26. ↩

  11. Vgl Jer 17 5a ↩

  12. Vgl. Ps 77,7. ↩

  13. Vgl. Mt 22,39. ↩

  14. Vgl. Jer 17,5a. ↩

  15. Vgl. 1 Kor 10,13. ↩

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Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV)
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