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De civitate Dei (CCSL)
Caput XIII: Quid respondendum sit his, qui primam conditionem hominis tardam esse causantur.
Quod autem respondimus, cum de mundi origine quaestio uerteretur, eis, qui nolunt credere non eum semper fuisse, sed esse coepisse, sicut etiam Plato apertissime confitetur, quamuis a nonnullis contra quam loquitur sensisse credatur: hoc etiam de prima hominis conditione responderim, propter eos, qui similiter mouentur, cur homo per innumerabilia atque infinita retro tempora creatus non sit tamque sero sit creatus, ut minus quam sex milia sint annorum, ex quo esse coepisse in sacris litteris inuenitur. si enim breuitas eos offendit temporis, quod tam pauci eis uidentur anni, ex quo institutus homo in nostris auctoritatibus legitur: considerent nihil esse diuturnum, in quo est aliquid extremum, et omnia saeculorum spatia definita, si aeternitati interminae comparentur, non exigua existimanda esse, sed nulla. ac per hoc si non quinque uel sex, uerum etiam sexaginta milia siue sescenta, aut sexagiens, aut sescentiens, aut sescentiens miliens dicerentur annorum, aut itidem per totidem totiens multiplicaretur haec summa, ubi iam nullum numeri nomen haberemus, ex quo deus hominem fecit: similiter quaeri posset, cur ante non fecerit. dei quippe ab hominis creatione cessatio retrorsus aeterna sine initio tanta est, ut, si ei conferatur quamlibet magna et ineffabilis numerositas temporum, quae tamen fine conclusa certi spatii terminatur, nec saltem tanta uideri debeat, quanta si umoris breuissimam guttam uniuerso mari, etiam quantum Oceanus circumfluit, conparemus; quoniam istorum duorum unum quidem perexiguum est, alterum incomparabiliter magnum, sed utrumque finitum; illud uero temporis spatium, quod ab aliquo initio progreditur et aliquo termino cohercetur, magnitudine quantacumque tendatur, conparatum illi, quod initium non habet, nescio utrum pro minimo an potius pro nullo deputandum est. hinc enim si a fine uel breuissima singillatim momenta detrahantur, decrescente numero licet tam ingenti, ut uocabulum non inueniat, retrorsum redeundo - tamquam si hominis dies ab illo, in quo nunc uiuit, usque ad illum, in quo natus est, detrahas - quandoque ad initium illa detractio perducetur. si autem detrahantur retrorsus in spatio, quod a nullo coepit exordio, non dico singillatim minuta momenta uel horarum aut dierum aut mensum aut annorum etiam quantitates, sed tam magna spatia, quanta illa summa conprehendit annorum, quae iam dici a quibuslibet conputatoribus non potest, quae tamen momentorum minutatim detractione consumitur, et detrahantur haec tanta spatia non semel atque iterum saepius que, sed semper: quid fit, quid agitur, quando numquam ad initium, quod omnino nullum est, peruenitur? quapropter quod nos modo quaerimus post quinque milia et quod excurrit annorum, possent et posteri etiam post annorum sescentiens miliens eadem curiositate requirere, si in tantum haec mortalitas hominum exoriendo et occubando et inperita perseueraret infirmitas. potuerunt et qui fuerunt ante nos ipsis recentibus hominis creati temporibus istam mouere quaestionem. ipse denique primus homo uel postridie uel eodem die posteaquam factus est potuit inquirere, cur non ante sit factus; et quandocumque antea factus esset, non uires tunc alias et alias nunc uel etiam postea ista de initio rerum temporalium controuersia reperiret.
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
13. [12.]Auseinandersetzung mit denen, welchen der Mensch zu spät erschaffen dünkt.
Denen aber, die sich dadurch beunruhigt fühlen, daß der Mensch unzählige und unbegrenzte vergangene Zeiträume hindurch nicht erschaffen gewesen und erst so spät erschaffen worden sei, vor weniger als 6000 Jahren erst nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift, ihnen möchte ich dasselbe entgegenhalten wie bei der Behandlung der Frage nach dem Ursprung der Welt1 denen, die sie gleich uns nicht für ewig halten wollen, sondern ihr einen Anfang zuschreiben, wofür sich auch Plato — manche freilich glauben, im Gegensatz zu seiner wirklichen Meinung — in vollster Deutlichkeit ausspricht. Wenn sie an der Kürze der Zeit Anstoß nehmen, weil es ihnen so wenige Jahre dünkt, seitdem der Mensch nach der Aussage unserer Gewährsschriften erschaffen ist, so mögen sie bedenken, daß nichts von langer Dauer ist, was einmal Anfang und Ende nimmt, und daß alle Zeiträume in ihrer Begrenztheit, verglichen mit der unbegrenzten Ewigkeit, nicht etwa gering, sondern überhaupt nicht ins Gewicht fallen. Man könnte darum die Frage, warum Gott den Menschen nicht früher erschaffen hat, ebensogut stellen, wenn man seit dessen Band 16, S. 663Erschaffung statt fünf oder sechs Jahrtausenden deren sechzig oder sechshundert verflossen sein ließe oder sechzig oder sechshundertmal soviel oder sechshundert-tausendmal soviel oder diese Summe beliebig mit sich selbst vermehren wollte zu Zahlen, für die uns die Bezeichnung fehlt. Gottes vorausgegangenes Feiern vor der Erschaffung des Menschen ist ewig, ohne Anfang, und so ausgedehnt, daß im Vergleich dazu jede, auch die größte und ganz unaussprechliche Zeitenhäufung, die nur überhaupt in den Grenzen einer bestimmten Dauer sich bewegt, noch nicht für soviel zu erachten ist, als wenn wir ein winziges Tröpfchen Flüssigkeit in Vergleich bringen mit dem ganzen Meere bis hinaus an dessen äußerste Grenzen. Denn ist auch das Tröpfchen höchst unbedeutend, das Meer unvergleichlich groß, so ist doch das eine wie das andere begrenzt; dagegen ein Zeitraum, der einen Anfang nimmt und innerhalb einer Grenze sich hält, mag er sich ausdehnen so weit er will, ist im Vergleich zu einem anfangslosen kaum noch als winzigster, eher als überhaupt keiner zu erachten. Denn nimmt man von seinem Ende anfangend auch nur ganz kurze Zeitteilchen eines ums andere weg, so wird man durch ständiges Zurückgehen (wie wenn man etwa die Tage eines Menschen von seinem dermaligen Lebenstag an bis zu seinem Geburtstag zurück von der Summe der Lebenszeit abzieht) selbst bei einer unausdrückbar hohen Zahl schließlich einmal an den Anfang kommen. Zöge man dagegen von einer anfangslosen Dauer, ich will nicht sagen Stück um Stück, kleine Zeitteile ab oder auch eine bestimmte Zahl von Stunden, Tagen, Monaten oder Jahren, sondern gleich so große Zeiträume wie die erwähnte Jahressumme, die sich rechnerisch überhaupt nicht mehr bezeichnen läßt, aber ihrerseits doch bei stückweisem Abziehen von Zeitteilen ein Ende nimmt, und wiederholte man dieses Abziehen nicht bloß das ein- und andermal oder öfter, sondern immer wieder und wieder, es käme nichts dabei heraus, und zu einem Anfang gelangte man niemals, weil eben keiner da ist. So gut wie wir nach 5000 und mehr Jahren, könnten demnach auch die Nachkommen nach 600 000 Jahren jene vorwitzige Frage aufwerfen, wenn Band 16, S. 664das sterbliche Menschengeschlecht im Wechsel von Entstehen und Vergehen und dessen Beschränktheit und Unwissenheit solang fortdauern würde. Ebenso hätten auch die Vorfahren schon in den Zeiten alsbald nach Erschaffung des Menschen diese Frage stellen können. Und endlich selbst der erste Mensch hätte am Tage nach der Schöpfung oder auch gleich am Schöpfungstag nachforschen können, warum er nicht früher erschaffen worden. Und wäre er erschaffen so früh nur immer, dieser Streit über den Anfang der irdischen Dinge hätte sich damals mit demselben Recht wie heute und in jedem späteren Zeitpunkt erheben lassen.
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Oben XI 4 und 5. ↩