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De civitate Dei (CCSL)
Caput XX: De exitu Saguntinorum, quibus propter Romanorum amicitiam pereuntibus di Romani auxilium non tulerunt.
Sed in his omnibus belli Punici secundi malis nihil miserabilius ac miserabili querella dignius quam exitium Saguntinorum fuit. haec quippe Hispaniae ciuitas amicissima populi Romani, dum eidem populo fidem seruat, euersa est. hinc enim Hannibal fracto foedere Romanorum causas quaesiuit, quibus eos inritaret ad bellum. Saguntum ferociter ergo obsidebat. quod ubi Romae auditum est, missi legati ad Hannibalem, ut ab eius obsidione discederet. contempti Carthaginem pergunt querimoniamque deponunt foederis rupti infectoque negotio Romam redeunt. dum hae morae aguntur, misera illa ciuitas opulentissima, suae reipublicae Romanaeque carissima, octauo uel nono a Poenis mense deleta est. cuius interitum legere, quanto magis scribere, horroris est. breuiter tamen eum commemorabo; ad rem quippe quae agitur multum pertinet. primo fame contabuit; nam etiam suorum cadaueribus a nonnullis pasta perhibetur. deinde omnium fessa rerum, ne saltem captiua in manus Hannibalis perueniret, ingentem rogum publice struxit, in quem ardentem ferro etiam trucidatos omnes se suosque miserunt. hic aliquid agerent di helluones atque nebulones, sacrificiorum adipibus inhiantes et fallacium diuinationum caligine decipientes; hic aliquid agerent, ciuitati populi Romani amicissimae subuenirent, fidei conseruatione pereuntem perire non sinerent. ipsi utique medii praefuerunt, cum Romanae reipublicae interiecto foedere copulata est. custodiens itaque fideliter, quod ipsis praesidibus placito iunxerat, fide uinxerat, iuratione constrinxerat, a perfido obsessa obpressa consumpta est. si ipsi di tempestate atque fulminibus Hannibalem postea Romanis proximum moenibus terruerunt longeque miserunt: tunc primum tale aliquid facerent. audeo quippe dicere honestius illos pro amicis Romanorum ideo periclitantibus, ne Romanis frangerent fidem, et nullam opem tunc habentibus quam pro ipsis Romanis, qui pro se pugnabant atque aduersus Hannibalem opulenti erant, potuisse tempestate saeuire. si ergo tutores essent Romanae felicitatis et gloriae, tam graue ab ea crimen Saguntinae calamitatis auerterent; nunc uero quam stulte creditur, dis illis defensoribus Romam uictore Hannibale non perisse, qui Saguntinae urbi non potuerunt, ne pro eius periret amicitia, subuenire. si Saguntinorum Christianus populus esset et huiusmodi aliquid pro fide euangelica pateretur, quamquam se ipse nec ferro nec ignibus corrupisset, sed tamen si pro fide euangelica excidium pateretur: ea spe pateretur, qua in Christum crediderat, non mercede breuissimi temporis, sed aeternitatis interminae. pro istis autem dis, qui propterea coli perhibentur, propterea colendi requiruntur, ut harum labentium atque transeuntium rerum felicitas tuta sit, quid nobis defensores et excusatores eorum de Saguntinis pereuntibus respondebunt, nisi quod de illo Regulo extincto? hoc quippe interest, quod ille unus homo, haec tota ciuitas; utriusque tamen interitus causa conseruatio fidei fuit. propter hanc enim ad hostes et redire ille uoluit, et noluit ista transire. conseruata ergo prouocat deorum iram fides? an possunt et dis propitiis perire non solum quique homines, uerum etiam integrae ciuitates? utrum uolunt, eligant. si enim fidei seruatae irascuntur illi di, quaerant perfidos, a quibus colantur; si autem etiam illis propitiis multis grauibusque cruciatibus adflicti interire homines ciuitatesque possunt, nullo fructu felicitatis huius coluntur. desinant igitur suscensere, qui sacris deorum suorum perditis se infelices esse factos putant. possent enim illis non solum manentibus, uerum etiam fauentibus non sicut modo de miseria murmurare, sed sicut tunc Regulus et Saguntini excruciati horribiliter etiam penitus interire.
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
20. Keine Götterhilfe wurde den Saguntinern zuteil, als sie wegen ihres Bündnisses mit den Römern untergingen.
Unter allem Unheil des zweiten punischen Krieges war aber noch das traurigste und beklagenswerteste der Untergang Sagunts, Diese Stadt, in Spanien gelegen und mit dem römischen Volke eng verbündet, fiel der Vernichtung anheim, weil sie Bundestreue hielt. Daraus nahm ja Hannibal, als er den Vertrag mit den Römern gebrochen hatte, den Anlaß, diese zum Kriege zu reizen. Er bedrängte also Sagunt mit harter Belagerung. Auf die Kunde hievon sandten die Römer Botschaft an Hannibal mit der Aufforderung, von der Belagerung abzustehen. Zurückgewiesen, begab sich die Gesandtschaft nach Karthago, erhob Klage über Vertragsbruch und kehrte unverrichteter Dinge nach Rom zurück. In der Zwischenzeit wurde die unglückliche Stadt, eine der reichsten, hochgeschätzt im eigenen Staat und von den Römern, nach acht- oder neunmonatiger Belagerung zerstört. Die Geschichte ihres Unterganges auch nur zu lesen, geschweige denn darüber zu schreiben, ist schauerlich. Gleichwohl will ich in Kürze davon berichten; denn es hängt enge mit dem Thema zusammen. Zuerst verging die Stadt vor Hunger; sie soll sich ja nach manchen Berichten sogar von Leichnamen der Ihrigen genährt haben. Nachdem man sodann bei der äußersten Erschöpfung angelangt war, errichteten die Saguntiner, um wenigstens nicht gefangen in die Hände Hannibals zu fallen, öffentlich einen ungeheuren Scheiterhaufen, Band 1, S. 169steckten ihn in Brand und übergaben sich und die Ihrigen ohne Ausnahme, indem sie sich auch noch mit dem Schwerte töteten, den Flammen. Hier hätten doch die Götter, diese Schlemmer, diese Windbeutel, etwas tun sollen, sie, die so gierig nach dem Fett der Opfer lecken und mit trügerischen Weissagungen die Leute benebeln. Hier hätten sie eingreifen, der dem römischen Volk so eng verbündeten Stadt helfen und nicht zulassen sollen, daß sie über der Heilighaltung der Treue zugrunde gehe. Sie hatten ja als Vermittler das Zustandekommen des Bündnisses mit dem römischen Staate geleitet. Eben dadurch, daß die Stadt treu festhielt an dem, was sie unter dem Vorsitz der Götter durch Beschluß eingegangen, durch Verpflichtung auf sich genommen, durch Eid befestigt hatte, ward sie von einem Treubrüchigen belagert, überwältigt und vernichtet. Wenn es die Götter gewesen wären, die nachmals durch Blitz und Ungewitter den Hannibal unmittelbar vor den Mauern Roms schreckten und verscheuchten, so hätten sie hier schon etwas der Art tun sollen. Ich wage nämlich zu behaupten, daß es für sie ehrenvoller gewesen wäre, ein Unwetter loszulassen zugunsten der Bundesgenossen der Römer, die in Gefahr geraten waren, weil sie den Römern die Treue nicht brechen wollten, die überdies damals ohne Unterstützung blieben, als zugunsten der Römer selbst, die für ihre eigene Sache stritten und dem Hannibal gegenüber reiche Mittel zur Verfügung hatten. Wären sie also die BeSchutzer von Roms Glück und Ruhm, so hätten sie von ihm den schweren Vorwurf des Untergangs der Stadt Sagunt abwehren müssen; so aber ist es doch eine allzu einfältige Annahme, Rom sei über den Siegen Hannibals deshalb nicht zugrunde gegangen, weil es unter dem Schutz dieser Götter stand, die die Stadt Sagunt nicht davor hatten bewahren können, daß sie für ihr Bündnis mit Rom zugrunde ging. Wäre die Bevölkerung von Sagunt christlich gewesen und hätte sie derartiges für den Glauben an das Evangelium zu erdulden gehabt — sie würde sich freilich in diesem Fall nicht durch Schwert und Feuer selbst vernichtet haben, aber nehmen wir an, sie hätte für den Glauben an das Evangelium Vernichtung erlitten —, so würde sie das in Band 1, S. 170der Hoffnung, mit der sie an Christus glaubte, erduldet haben, nicht um einen Lohn, der vergänglich ist wie die Zeit, sondern um einen Lohn, der endlos ist wie die Ewigkeit. Aber diese Götter werden bekanntlich deshalb verehrt und ihre Verehrung wird deshalb zu einer Forderung gemacht, weil sie in diesen hinfälligen und vergänglichen Dingen glücklichen Erfolg sicher stellen sollen; was können uns also zu ihren Gunsten ihre Verteidiger und Schutzredner erwidern hinsichtlich des Falles von Sagunt als eben das, was sie beim Morde des Regulus vorbringen1? Der Unterschied liegt nämlich nur darin, daß dieser ein einzelner Mensch war, Sagunt eine ganze Stadt; aber Ursache des Unterganges war hier wie dort die Bewahrung der Treue. Mit Rücksicht auf sie wollte Regulus zurückkehren, wollte sich Sagunt von Rom nicht abkehren. Fordert also die Bewahrung der Treue den Zorn der Götter heraus? oder können trotz der Gunst der Götter nicht nur die einzelnen Menschen, sondern auch ganze Städte zugrunde gehen? Zwischen dieser Alternative mag man wählen nach Belieben. Zürnen die Götter über Bewahrung der Treue, so sollen sie ihre Verehrer nur unter Treulosen suchen; wenn aber trotz ihrer Gunst Menschen und Städte von vielen und schweren Leiden heimgesucht werden und darunter erliegen können, so schafft ihre Verehrung keinen Nutzen in der Richtung auf das irdische Glück. Und also mögen die, die ihr Unglück dem Verluste der Heiligtümer ihrer Götter zuschreiben zu sollen glauben, ihren Groll ablegen. Denn wenn die Götter noch da wären und überdies ihnen huldreich gesinnt wären, hätten sie in die Lage kommen können, nicht nur über Unglück zu murren, wie sie jetzt tun, sondern auch, wie einst Regulus und die Saguntiner, unter entsetzlichen Qualen gänzlich zugrunde zu gehen.
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Siehe oben I 15. ↩