Translation
Hide
Gegen Faustus
8.
Weshalb aber fiel es eurer abstrusen Phantasie ein, die Kraft des Sohnes auf der Sonne, seine Weisheit auf dem Mond zu lokalisieren? Da nämlich der Sohn schon untrennbar mit seinem Vater verbunden ist, wie kann dann seine Weisheit zusätzlich noch von seiner Kraft abgetrennt werden, sodass jene auf der Sonne, diese auf dem Mond wohnt, obwohl doch nur Körperwesen in dieser Weise auf verschiedene Örtlichkeiten verteilt und aufgetrennt werden können? Wenn ihr das wüsstet, würdet ihr niemals soviel törichte und krankhafte Phantasie aufwenden, um solche Fabeleien zu dichten. Doch wie ungereimt erst, wie widersinnig ist es, wenn ihr in eurer Lügen- und Truggeschichte erzählt, dass der Sitz der Weisheit weniger hell leuchtet als der Sitz der Kraft, obwohl doch offensichtlich Tätigsein und Durchsetzvermögen mit Kraft, Lehren und Erklären mit Weisheit zu tun haben. Wenn sich also wenigstens die Sonne mit ihrer Wärme, der Mond mit seinem Licht auszeichnen würden, dann hätten eure Fabeldichtungen immerhin den Nebeldunst scheinbarer Wahrheit gefunden, um die fleischlich gesinnten und sinnlich denkenden Menschen zu täuschen, die nur an die Existenz dessen glauben, was sie sich körperlich denken. Denn die unbändige Gewalt der Wärme erzeugt die Bewegung, weshalb sie der Kraft zuzuordnen wäre, der strahlende Glanz des Lichts dagegen dient dem Zeigen, weshalb man dieses der Weisheit zuteilen müsste. Da nun aber die Sonne vor allem durch ihr Licht hervorsticht, warum sollte bei ihr die Kraft beheimatet sein, da aber, wo die Leuchtkraft bedeutend geringer ist, die Weisheit? Welch gotteslästerliche Torheit! Und da der eine Christus gleichzeitig Gottes Kraft und Gottes Weisheit ist (cf. I Kor. 1,24), der Heilige Geist dagegen nicht identisch mit Christus ist, wieso wird dann Christus in sich selber aufgespalten, während der Heilige Geist nicht von ihm getrennt wird? Denn die Atmosphäre, die eure Fabelgeschichte dem Heiligen Geist als Wohnsitz zuwies, füllt ja, wie ihr behauptet, das ganze Weltengebäude aus. So sind also Sonne und Mond, während sie ihre Kreisbahn durchwandern, immer mit ihr zusammen, während der Mond sich von der Sonne entfernt und sich ihr wieder annähert. So entfernt sich also – folgt man eurer Autorität, besser gesagt eurer Lügenkunst – die Weisheit auf der einen Hälfte ihrer Kreisbahn von der Kraft, und kehrt auf der andern Hälfte wieder zu ihr zurück; und wenn der Mond voll ist, dann ist die Weisheit weit entfernt von der Kraft. Zu diesem Zeitpunkt sind nämlich die beiden Gestirne durch einen so grossen Abstand voneinander getrennt, dass der Mond, während die Sonne Richtung Westen untergeht, gleichzeitig vom Osten her aufgeht. Da aber alles schwächer wird, was die Kraft im Stich lässt, folgt daraus, dass die Weisheit umso schwächer wird, je voller der Mond ist. Wenn aber – wie es uns die Wahrheit lehrt (554,8) – die Weisheit Gottes unverändert dieselbe Stärke, die Kraft Gottes unverändert dieselbe Einsicht besitzen, warum betont ihr da sosehr ihre Dualität, dass ihr sie durch eigene Wohnsitze und Zwischenräume voneinander abtrennt, obwohl ihr anderseits diesen Wohnsitzen dieselbe Substanz zusprecht (551,23)? Mit eurem Geist, der von Blindheit und krankhaftem Wahn geschlagen ist, vermögt ihr euch nicht von den körperlichen Trugbildern zu lösen, und ihr entbehrt sosehr der Kraft und der Weisheit, dass ihr weder vermögt, eure Weisheit kraftvoll, noch eure Kraft weise einzusetzen! Dabei ist also Christus, – welch abscheuliche und verdammenswerte Albernheit! – aufgeteilt auf Sonne und Mond, dort mit seiner Kraft, hier mit seiner Weisheit wohnend, weder hier noch dort vollkommen und vollständig, auf der Sonne ohne Weisheit, auf dem Mond ohne Kraft, beidenorts als Objekt der Begierde schöne Jünglinge für die Fürstinnen der Finsternis, schöne Jungfrauen für die Fürsten bereitzustellen! Solches lest ihr, solches glaubt ihr, solches lehrt ihr; aus diesem Glauben, aus dieser Lehre lebt ihr, und wundert euch, dass ihr solchen Abscheu erweckt!
Edition
Hide
Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres
8.
Vestrae auem vanitati quid placuit in sole ponere virtutem filii et in luna sapientiam? Cum enim in ipso patre filius inseparabilis maneat, quomodo potest sapientia eius ab eius virtute separari, ut illa sit in sole, haec in luna, cum per huiusmodi locos nisi corpora dividi separarique non possint? Quod si sciretis, numquam stulto insanoque phantasmate tantas fabulas texeretis. p. 542,23 At in ea ipsa falsitate atque fallacia quam incongrue, quam perverse sedem sapientiae minus lucere dicitis quam sedem virtutis, cum ad virtutem pertinere videatur operari et efficere, ad sapientiam vero docere et ostendere. Ac per hoc si calor in sole, lux autem praepolleret in luna, utcumque invenissent ista figmenta verisimilitudinis nebulam hominibus carnalibus et animalibus decipiendis, qui nihil putant esse, nisi quod corporale cogitaverint. Caloris enim violentia operatio est ad movendum, unde virtuti tribueretur, lucis autem clarus fulgor ad demonstrandum, unde hanc sapientiae darent. Cum vero lux longe in sole praecellat, quomodo ibi virtus, hic autem quod tanto minus lucet, sapientia est? O sacrilega ineptia! Et cum sit unus Christus dei virtus et dei sapientia, spiritus autem sanctus non ipse sit Christus, quomodo separatur a se ipse Christus, cum ab eo non separetur spiritus sanctus? p. 543,9 Aerem quippe, quam sedem spiritui sancto vestra fabula tribuit, totam mundi fabricam implere perhibetis. Unde sol et luna circuitus suos peragentes semper cum illo sunt, a sole autem luna discedit et ad solem rursus accedit. Ita vobis auctoribus vel potius deceptoribus per dimidiam partem circuli recedit a virtute sapientia et ad eam per aliam dimidiam rursus accedit; et cum ‹luna› plena est, tum longe est a virtute sapientia; tunc enim tam longo intervallo a se disiuncta sunt haec duo lumina, ut cum sol vergit ad occidentem, tunc luna surgat ab oriente. Ex quo fit, ut, quoniam infirmantur omnia, quae virtute deseruntur, eo sapientia sit infirmior, quo est luna plenior. Si autem, quod veritas habet, et sapientia dei semper tantundem valet, et virtus dei semper tantundem sapit, p. 543,22 cur haec sic duo dicitis, ut ea locorum sedibus intervallisque separetis, cum ipsas sedes eiusdem substantiae dicatis, homines caeca et insana mente non recedentes a phantasmate corporum et virtute ac sapientia ita carentes, ut nec sapere possitis aliquid fortiter nec valere sapienter? Itane vero, detestanda et anathemanda stultitia, Christus per solem lunamque distentus, hic virtute habitans hic sapientia, nec hic ‹nec hic› perfectus et plenus, nec in sole sapiens nec in luna praepotens, utrobique pulchros pueros subornat concupiscendos feminis principibus tenebrarum et masculis puellas? Haec legitis, haec creditis, haec docetis, ex hac fide doctrinaque vivitis, et miramini, quia sic abominamini! p. 544,7